Die Feuerbraut
…« Portius brach ab, um nicht zu viel zu verraten, doch es war zu spät.
»An was für einem Tag?« Fabian trat drohend auf den Arzt zu. Doch ehe er handgreiflich werden konnte, begann Fanny in derTruhe zu kramen. »Zu was wären Feder und Tinte nützlich, wenn nicht, um zu schreiben? Also könnte sich ein Brief hier drinnen verbergen.«
Fabian nahm ihr den Kasten ab und schüttete den restlichen Inhalt auf sein Bett. Doch er fand keinen Fetzen Papier darin und schlug sie verärgert zu.
Der Knall ließ Gibichen auffahren. »Sieh dir den Deckel näher an. Er scheint mir schwerer zu sein, als es nötig wäre.«
»Zumindest ist er ungewöhnlich dick!« Fabian öffnete und schloss die Truhe ein paarmal, konnte aber nichts Bemerkenswertes feststellen. Daher ließ er sich von Abdur seinen Dolch reichen und versuchte, den Deckel von innen aufzubrechen. Das dünne Holz gab schnell nach, und es fiel ein in Leder gebundenes Büchlein heraus. Mit bebenden Fingern schlug Fabian es auf und begann zu lesen.
Gibichen stand auf, stellte sich hinter seinen Freund und hielt dessen Hand fest, als er zu schnell umblättern wollte. Beide sagten kein Wort, doch ihre Gesichter wurden immer starrer. Als die letzte beschriebene Seite erreicht war, fluchte Gibichen leise, aber ausgiebig vor sich hin.
Unvermittelt trat er auf Portius zu und packte ihn am Kragen. »Er wird uns einiges zu erklären haben!«
Der Arzt hob wimmernd die Arme. »Ich bin unschuldig und habe nichts damit zu tun. Bitte lasst mich gehen!«
Gibichen stieß ihn Abdur in die Arme. »Pass gut auf ihn auf. Er vermag der Schlüssel zu sein, den wir so dringend brauchen.«
»Was meinst du damit?« Fabian starrte ihn verdattert an.
»Bei Gott, bist du wirklich so dumm? Lexenthal will Irmela vernichten, weil er sie für die Schuldige am Tod seiner Nichte hält. Ehrentrauds eigene Aufzeichnungen aber beweisen, dass sie durch Helene von Hochbergs Machenschaften und die ihrer Tochter umgekommen ist!« Er hielt Fabian das Buch mit einerwütenden Geste unter die Nase. »Hier steht sogar, wie sehr sie es bedauert, nicht Irmelas Freundschaft gesucht zu haben. Wenn Lexenthal das liest, muss er Irmela freilassen.«
Erschrocken fuhr Fabian auf. »Du willst das Geschreibsel hier Lexenthal ausliefern? Mit all dem Schmutz, der hier verzeichnet steht? Das würde Ehrentrauds Andenken schänden.«
Gibichen schenkte ihm einen vernichtenden Blick. »Du hast wohl Angst vor ihm, wenn er erfährt, dass du seiner Nichte zwischen die Beine gestiegen bist? Bei Gott, es geht um Irmelas Leben!«
»Angst? Nein! Aber das, was da steht, ist entsetzlich.« Fabian stieß das Buch, dem Ehrentraud sich anvertraut hatte, mit einer Geste höchsten Abscheus zurück.
»Das dürfte noch nicht ganz so schlimm sein wie das, was in Helene von Hochbergs Haus geschehen ist«, sagte Portius in der Hoffnung, sein Wissen mit jemand teilen zu können, der ihn verstand und ihn nicht auch vor den Hexenrichter schleppte. Bis zu diesem Tag hatte er es nicht einmal gewagt, seine Erlebnisse einem Priester in der Beichte anzuvertrauen. Nun aber brachen die Barrieren in seinem Innern, und die Worte quollen wie ein unaufhaltsamer Strom über seine Lippen.
Fabian, Gibichen und Abdur hörten ihm mit ungläubigen Mienen zu, Fanny aber würgte es. »Bei der Jungfrau im Himmel! Meine Herrin verfolgt er als Hexe, und dieses Gesindel lässt er in Frieden. Lexenthal muss verrückt sein!«
Gibichen schüttelte nachdenklich den Kopf. »Das glaube ich nicht. Ich nehme eher an, dass er nichts von dem ahnt, was wirklich geschehen ist. Deshalb ist es in meinen Augen so wichtig, ihm dieses Buch zu überreichen.«
»Und was ist, wenn er unseren Worten und den Aufzeichnungen seiner Nichte keinen Glauben schenkt und uns ebenso wie Irmela gefangen setzt?«, fragte Fabian gereizt.
Sein Freund ließ sich jedoch nicht beirren, sondern spielte nachdenklichmit der Schreibfeder und befahl Abdur, ihm Papier zu besorgen.
»Wir werden die wichtigsten Stellen von Ehrentrauds Tagebuch abschreiben und ihre Echtheit mit unserer Unterschrift bekunden. Wenn Lexenthal sich nicht überzeugen lässt, sollen Abdur und Fanny diese Abschriften aus der Stadt bringen und dafür sorgen, dass sie in die Hände des Herzogs von Pfalz-Neuburg gelangen. Wolfgang Wilhelm wird dafür Sorge tragen, dass Irmela und uns nichts geschieht.«
»Und wenn er es nicht tut oder zu spät eingreift, was dann?«, bohrte Fabian nach.
»Dann sterben wir in der Gewissheit,
Weitere Kostenlose Bücher