Die Feuerbraut
dass jene, die an unserem Elend schuld sind, uns bald folgen werden.« Gibichen zeigte deutlich, dass er diesen Weg als den allein erfolgversprechenden ansah.
Fabian war davon überzeugt, dass Kirchenmänner wie Lexenthal nicht bereit wären, einen Irrtum einzugestehen, und plädierte für eine gewaltsame Befreiung. Da Gibichen jedoch stur blieb, gab er schließlich nach. »Also gut! Ich bin dabei. Doch wenn es schiefgeht, ist es deine Schuld!«
»Und mein Verdienst, wenn wir siegen!« Für ein paar Augenblicke maßen Gibichen und Fabian sich wie Feinde, dann huschte der Anflug eines Lächelns über ihre Gesichter.
Fabian hieb mit der geballten Faust in die offene Hand. »Hol es der Teufel! Wenigstens werden wir dabei sein, wenn Lexenthal liest, zu welchen Verirrungen seine Nichte sich hat hinreißen lassen.«
»Verirrungen, an denen du nicht ganz unschuldig gewesen bist!«, antwortete Gibichen bissig.
Fabian breitete ergeben die Hände aus und zeigte dann auf Portius. »Er wird mit uns kommen und dem Prior berichten, wie Jungfer Ehrentraud starb.«
Der ehemalige Arzt sah so aus, als wolle er schreiend davonlaufen, duckte sich aber unter Fabians erhobener Faust und senkte den Kopf. »Ich komme mit Euch.«
Bei diesen Worten schien eine schwere Last von seiner Seele zu fallen.
XIII.
Lexenthal las im
Malleus Maleficarum
und studierte die Kommentare, die gelehrte Männer dazu geschrieben hatten. Ihm war klar geworden, dass er sich bei der Verhaftung und dem Transport der Hexe von seinen Gefühlen hatte leiten lassen. Den Prozess gegen Irmela von Hochberg aber musste er strikt nach dem Gesetz und den Regeln der heiligen Kirche führen. Obwohl er Latein besser lesen konnte als die deutsche Schriftsprache, fiel ihm die Lektüre nicht leicht. Immer wieder hielt er inne und machte sich Notizen. Das eine oder andere Mal blätterte er zurück und verglich die eine Textstelle mit einer anderen, und wenn sie einander widersprachen, überlegte er, an welche er sich halten sollte, um vor Gott und der Welt ein reines Gewissen zu wahren.
Der Eintritt seines Sekretärs störte ihn in elementaren Überlegungen, und so maß er den Mönch mit einem verärgerten Blick. »Ich hatte dir doch verboten, mich zu stören!«
Der Sekretär verbeugte sich steif und wies auf die Tür. »Draußen stehen zwei Herren, die Euch dringend zu sprechen wünschen, Euer Ehrwürden.«
»Schick sie weg!«
Der Sekretär schien zu schrumpfen, zog sich aber nicht zurück. »Verzeiht, Euer Hochwürden, aber sie behaupten, sie brächten wichtige Beweise in Sachen der Hexe, welche den Tod Eurer Nichte verursacht hat!«
Lexenthals Kopf ruckte hoch. »Beweise gegen die junge Hochberg?«
»Ich nehme es an.« Der Sekretär hob etwas unsicher die Hände, denn die unerwartet aufgetauchten Zeugen hatten nichts Genaueres verlauten lassen, sondern nur bekundet, sie würden die Residenz nicht eher verlassen, bis der Prior sie angehört hätte.
Mit einem entsagenden Blick auf seine Bücher kam Lexenthal zu dem Schluss, dass es vielleicht ganz gut wäre, wenn er seine Studien für kurze Zeit unterbrach und sich mit Leuten unterhielt, die seine Anklage stützen konnten. Doch er wollte das Gespräch so kurz wie möglich halten.
»Führe die Männer herein. Es sollen aber keine Stühle gebracht werden und auch kein Wein.«
Der Sekretär verbeugte sich und verließ erleichtert den Raum. Im Vorzimmer traf er Gibichen und Fabian an, die von Portius begleitet wurden. »Seine Ehrwürden ist bereit, Euch zu empfangen. Ich warne Euch jedoch, ihn mit Nichtigkeiten zu belästigen, denn seine Zeit ist begrenzt.«
»Er wird uns anhören!« Gibichens Stimme klang gelassen, doch innerlich fühlte er sich längst nicht mehr so mutig wie vorhin im Gasthaus. Doch der Rubikon war überschritten, und er musste dem Weg folgen, den er eingeschlagen hatte. Er war zunächst einmal froh, den Prior in nachdenklicher Pose und ohne Anzeichen fanatischen Hasses vorzufinden. Als er den Ausdruck in den Augen des Priors wahrnahm, verschwand jener Eindruck rasch, und er begriff, dass er sich diesen Mann nicht zum Feind wünschen sollte.
Lexenthal war nicht weniger neugierig auf seine Gäste als diese auf ihn. Gibichen selbst war ihm unbekannt, doch als sein Sekretär ihm den Offizier vorstellte, konnte er ihn einer nicht übermäßig hochrangigen, aber einflussreichen Familie in Bayernzuordnen. An Fabian erinnerte er sich erst, als dessen Name fiel, und in Portius, der einen großen, in ein
Weitere Kostenlose Bücher