Die Feuerbraut
die Zeit als Geliebte des aufstrebenden Offiziers denken, doch ungewohnter Lärm auf dem Flur ließ die angenehmen Gedanken zerplatzen wie eine Seifenblase.
Steglinger, der eben einen Bissen zum Mund führen wollte, sah nun verärgert auf. »Was ist denn da los?«
Helene gab dem Diener einen Wink, sich darum zu kümmern. »Die Herrschaften befehlen Ruhe!«, rief der Mann nach draußen und wurde im gleichen Augenblick beiseitegestoßen.
Ein Dutzend Soldaten in den Monturen der bischöflichen Wache drangen mit vorgehaltenen Musketen in den Raum und umringten Helene und Steglinger. Ihnen folgte ein Offizier mit einem Degen in der Hand. Bevor er etwas sagen konnte, fuhr der Heereslieferant ihn mit hochrotem Kopf an.
»Was soll das? Wieso erdreistet Er sich, mit seinem Gesindel hier einzudringen? Er entferne sich auf der Stelle!«
Der Offizier musterte ihn mit einem Blick, der auch einer fetten Nacktschnecke hätte gelten können. »Seinesgleichen hat mich immer noch mit Herr und Ihr anzusprechen. Steht auf und kommt mit! Oder sollen meine Männer Gewalt anwenden?«
Helenes Blick wanderte von ihrem Mann zu dem Offizier und zurück, ihre Gedanken rasten. Hatte Steglinger in seiner Gier hinter ihrem Rücken Geschäfte getätigt, über die einige sehr hohe Herrschaften empört waren? Möglicherweise war er jemand aus den Kreisen um den Kaiser auf die Zehen getreten. Herren dieses Ranges konnten sich der Hilfe des Fürstbischofs versichern, so dass ihr Name nicht bekannt wurde. Da sie den empfindlichen Stolz adeliger Offiziere kannte, erwartete sie nicht, ihren Mann so rasch wiederzusehen, und überlegte, wie sie den größten Teil seines Reichtums an sich bringen konnte, ehe der Fürstbischof darauf zugriff.
Versunken in ihre Pläne, nahm sie erst spät wahr, dass der Offizier sich nun vor ihr aufgebaut hatte. »Das gilt auch für dich, Weib! Steh auf! Sonst helfen meine Männer nach.«
Die Soldaten grinsten so erwartungsvoll, als hofften sie, die Frau würde sich zur Wehr setzen. Selten genug hatten sie Gelegenheit, eine so gut aussehende Gefangene abzuführen, und sie wussten, wie viel Spaß sie mit ihr treiben konnten, bevor der Offizier eingriff.
Helene vermochte die Blicke der Männer zu deuten und fühlte, wie mit eisigen Fingern die Angst nach ihr griff. Hatte Lexenthal etwa Verdacht geschöpft? Wenn sie dem Feuer entgehen wollte, würde sie selbst unter der Folter leugnen müssen, etwas mit Ehrentrauds Ende zu tun zu haben.
Um nicht von den Soldaten betatscht zu werden, stand sie auf und rief nach ihrer Zofe. Diese kam in den Raum, sah die Soldaten und schlug erschrocken die Hand vors Gesicht. Nun fiel Helene siedend heiß ein, dass die Frau ihr schon während der Zeit auf dem Gut in den Waldbergen gedient und einiges von den Geschehnissen dort mitbekommen hatte. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass die Dienerin vernünftig genug war zu schweigen.
»Packe meine kleine Reisetruhe mit allem, was ich für die nächsten Tage brauche«, befahl Helene. Ihre Zofe wollte den Raum wieder verlassen, doch da hielt die Stimme des Offiziers sie zurück.
»Das ist unnötig! An dem Ort, an den wir deine Herrin jetzt bringen, braucht sie nicht mehr als das, was sie auf der Haut trägt.«
Nun begriff Helene, dass sie nicht in leichte Haft genommen würde, wie es einer Dame von Stand angemessen gewesen wäre. Von Angst geschüttelt trat sie auf den Offizier zu und fasste ihn am Arm.
»Ich muss mit Euch sprechen, Herr.«
Mit einer angeekelten Geste machte der Mann sich frei. »Was willst du?«
»Ich gebe Euch tausend Gulden, wenn Ihr mich gehen lasst!« Der Offizier lachte verächtlich auf.
»Zwei-, nein, dreitausend!«, steigerte sie ihr Angebot.
»Selbst wenn du mir zehn- oder hunderttausend bieten würdest, wäre es zu wenig!« Auf einen Wink traten je zwei Soldaten auf Helene und Steglinger zu, packten sie und fesselten ihnen die Hände auf den Rücken. Dann fassten sie die vor Schrecken und Angst Erstarrten unter den Armen und schleiften sie zur Tür hinaus.
Helene nahm als Letztes den Tisch wahr, dessen Teller mit einem Mal leer waren, und sah, dass mehrere Soldaten mit vollen Backen kauten. Ihr Grinsen machte sie wütend. »Möge dieses Essen euch im Halse stecken bleiben!«
Die einzige Antwort, die sie bekam, war ein grober Stoß mit dem Kolben einer Muskete.
Als Helene wie ein Stück Vieh durch die Gassen der Stadt getrieben wurde, starb sie beinahe vor Scham. Offensichtlich lief das Gerücht von ihrer
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