Die Feuerbraut
Abendbrottisch und las einen Brief vor, den ein Kurier kurz zuvor gebracht hatte. Das saftige Bratenstück auf ihrem Teller und der rote Wein in dem goldgeränderten Glaskelch blieben unbeachtet, obwohlihre fülliger gewordene Taille verriet, dass sie dem Essen ebenso herzhaft zusprach wie ihr Mann.
Steglinger, der noch feister geworden war, hörte Helene mit selbstzufriedener Miene zu. Als sie endete, nickte er und grinste breit. »Aldringer will drei neue Regimenter ausrüsten lassen? Dazu benötigt er, vom Uniformtuch angefangen bis hin zu Musketen und Kanonen, alles, was ich ihm liefern kann.«
»Es würde sich lohnen«, antwortete Helene. »Du wirst dem General das Geld dafür stunden müssen, möglicherweise für immer. Er deutet jedoch an, dass Seine Majestät, der Kaiser gewillt wäre, Euch, mein lieber Gatte, in den Rang eines Freiherrn zu erheben.«
»Gemünztes Gold wäre mir lieber als ein gesiegelter Fetzen Papier.« Steglinger bemühte sich, abwehrend zu klingen, doch insgeheim war er versessen auf eine Standeserhöhung. Ließ seine Frau ihn doch von Zeit zu Zeit fühlen, dass sie mit der Heirat auf den Titel einer Gräfin hatte verzichten müssen.
»Aldringer bietet uns darüber hinaus Güter und Land aus der ersten protestantischen Beute, die im Zuge der Rückeroberung des Reiches gemacht wird, und stellt Euch dafür auch den Grafentitel in Aussicht. Damit wärt Ihr mir ebenbürtig, mein Herr«, fuhr Helene fort.
Für eine Frau ohne Abstammung, die ihren ersten Karriereschritt als Offiziershure begonnen hatte, war diese Bemerkung außerordentlich kühn, aber sie hatte Steglinger überzeugen können, dass die Gerüchte, die er vernommen hatte, von Verwandten der Hochbergs verleumderisch in Umlauf gebracht worden seien. Da sie über Verbindungen verfügte, mit deren Hilfe er noch reicher werden konnte, interessierte er sich auch nicht sonderlich für ihre Herkunft, sondern war mit seiner zweiten Ehe recht zufrieden. Sein jetziges Vermögen übertraf seine verlorenen Neuburger Besitzungen bei weitem, und inzwischen sah er den Verlustder alten Heimat, der zur Auflösung seiner Ehe mit Walburga geführt hatte, als Glücksfall an. Als Gutsherr hatte er sich nur Tombakschnallen auf den Schuhen leisten können, und nun trug er welche aus Gold.
»Ein Grafentitel würde auch Johannas Aussichten zugute kommen, und Ihr könntet sie in noch höhere Kreise verheiraten, als Ihr es jetzt plant, meine Liebe. Ihr solltet das Mädchen doch in unser Haus holen. Es ist nicht gut, wenn eine Jungfer ihres Alters nur von einer Gesellschafterin behütet in der Wildnis der Waldberge aufwächst.«
Helene senkte den Kopf, damit Steglinger ihre abwehrende Miene nicht sah. Wenn sie Johanna hierherbrachte, würde er jede Gelegenheit ausnützen, dem Mädchen unter den Rock zu greifen. Trotz der Triebhaftigkeit ihrer Tochter war es ihr bislang gelungen, deren Jungfräulichkeit zu bewahren, und es war nicht in ihrem Sinne, dieses Gut zu verschleudern. Da Johanna das Hochberg-Vermögen erben würde, konnte sie das Mädchen in jede hochadlige Familie verheiraten, doch mit gebrauchter Ware durfte sie jenen, die sie im Auge hatte, nicht entgegentreten.
»Ich werde Johanna bei passender Gelegenheit zu Besuch laden«, sagte sie ausweichend und kehrte zu dem ursprünglichen Thema zurück. »Zunächst aber werde ich Aldringer in Eurem Sinne antworten!«
»Tut das! Aber ich will den Freiherrntitel in der Hand haben, bevor ich den ersten Karren losschicke. Von wortreichen Versprechungen bekomme ich kein Gold in die Truhen.« Steglinger widmete sich nun seinem Braten. Das Fleisch war inzwischen kalt geworden, und er brüllte den Diener an, der ihm vorlegte, als sei es dessen Schuld.
Helene schüttelte innerlich den Kopf und sagte sich, dass Steglinger trotz seines Reichtums ein Bauer geblieben war, der denuntersten Adelsrang nur einem glücklichen Umstand zu verdanken hatte. Da sie ihn und seinen kleinlichen, raffgierigen Charakter inzwischen gut genug kannte, würde sie dafür sorgen, dass die erhofften Titel auch ihr persönlich verliehen wurden. Mit dem kaiserlichen Namenszug unter einem Adelspatent hatte sie noch ganz andere Möglichkeiten als eine angeheiratete Hochberg von zweifelhafter Herkunft.
Mit diesem erfreulichen Gedanken ließ sie sich das Essen schmecken, während sie im Geist bereits den Brief an General Aldringer formulierte, den sie in ihren jungen Tagen sehr intim kennengelernt hatte. Unwillkürlich musste sie an
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