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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Verhaftung vor ihnen her, denn vonüberall strömten die Bürger herbei und bildeten eine Gasse. Höhnische Bemerkungen und schadenfrohes Gelächter begleiteten jeden ihrer Schritte. Sie versuchte zu Boden zu blicken, doch die Soldaten hielten sie so fest, dass sie ihren Kopf nicht neigen konnte. Nun schälte sich ein ihr gut bekanntes Gesicht aus der Menge heraus. Es gehörte Gerda, der Offiziershure, die einst ihre Schülerin gewesen war und sich nun mit einem lächerlichen Wundarzt als Ehemann zufriedengegeben hatte. Während der letzten Monate hatte Helene die Frau geflissentlich übersehen, und diese rächte sich jetzt mit anzüglichen Bemerkungen.
    Helene wollte ihr entgegenschreien, was sie von ihr hielt, doch da hatten die Soldaten sie schon weitergeschleppt. Der Kerker kam in Sicht, und kurz darauf verschlang das Tor sie und Steglinger wie das Maul eines Riesen. Es ging etliche Treppen hinab bis zu einer Reihe gleich aussehender Türen. Die Soldaten öffneten eine von ihnen, und sie sah ein schmutziges Loch vor sich, das gerade für einen Strohsack und einen Kübel Platz bot. Steglinger wurde mit gefesselten Händen hineingestoßen und die Tür hinter ihm geschlossen. Sie selbst wurde auf eine weitere Treppe zugeschoben und spürte, wie ihre Beine nachgaben. Als sie stolperte, hoben die Soldaten sie auf und schleiften sie hinunter.
    Hinter der Tür, die nun geöffnet wurde, lag ein größeres Gewölbe, und anders als bei Steglinger traten die Soldaten mit in den Raum und führten sie zur Rückwand. Die Männer leuchteten mit den Fackeln, die sie aus der Eingangshalle mitgenommen hatten, über verschiedene Folterwerkzeuge und drehten Helene jedes Mal so, dass sie hinschauen musste. Der Anblick ließ ihren Magen zu einem harten Knoten schrumpfen, der wie ein Stein in ihrem Bauch lag. Noch während sie auf die Streckbank und die Zangen starrte, rissen die Männer ihre Arme hoch und befestigtensie an einem Haken, der an einem Seil hing, das aus dem Nichts zu kommen schien.
    Als einer der Soldaten die Fackel hob, erkannte Helene über sich eine Rolle, über die das Seil lief. In dem Augenblick drehten zwei Soldaten an der Winde, und sie wurde mit einem harten Ruck in die Höhe gerissen, bis sie nur noch an ihren Armen hing. Ihr fülliger Leib zerrte schwer an den Gelenken, und sie stöhnte vor Schmerzen.
    Während die Soldaten sich zurückzogen, schälte sich eine Gestalt aus dem Dunkel und kam auf sie zu. Helene erkannte die schwarze, weiß abgesetzte Tracht der Dominikaner und begriff mit entsetzlicher Intensität, wer vor ihr stand.
    »Lexenthal!«
    »Ja, ich bin es!«
    Dann vernahm sie die Worte, die sie all die Monate gefürchtet hatte. »Jetzt wirst du mir alles über den Tod meiner Nichte erzählen!«

XVII.
    Irmela erholte sich überraschend schnell von den Strapazen ihrer Gefangenschaft. Während sie nach wenigen Tagen wieder auf den Beinen war, sah es bei Gibichen lange Zeit schlecht aus. Die Amputationswunde war aufgebrochen und schien nicht mehr verheilen zu wollen. Lohner dachte schon daran, ihm die ganze Hand abzunehmen. Aber der Gedanke, nur mehr ein einarmiger Krüppel zu sein, verlieh dem Offizier die Kraft, sich mit Händen und Füßen gegen diesen Vorschlag zu wehren.
    Lohner, der während seiner Zeit als Arzt oft genug erlebt hatte, dass frische Luft und Bewegung die besten Helfer eines Chirurgen waren, versorgte die Wunde mit scharfen Tinkturen undforderte Gibichen und Irmela auf, Spaziergänge in der Passauer Umgebung zu unternehmen. Es gab nichts, was Gibichen lieber getan hätte, und so schlug er bereits am zweiten Tag eine Kurzwallfahrt nach Mariahilf vor, das am anderen Ufer des Inns auf einem Hügel lag.
    Irmela sah ihn mit schräg gelegtem Kopf an. »Glaubt Ihr Euch wirklich für einen solchen Weg gerüstet? Wie ich hörte, sollen vom Inn aus mehr als dreihundert Stufen nach oben führen.«
    Gibichen winkte verächtlich ab. »Haltet Ihr mich für einen Schwächling?«
    »Nein, aber für einen kranken Mann, der immer noch nicht weiß, ob ihm die linke Hand erhalten bleiben wird. Doch wenn Ihr es wünscht, suchen wir Mariahilf auf. Ich werde dort eine Kerze für die Heilige Jungfrau entzünden. Immerhin hat sie mich aus höchster Not errettet, und Ihr solltet die Himmelskönigin bitten, Euch die Hand zu erhalten.«
    »Nun denn, der Tag ist noch früh. Zu Mittag essen können wir oben, denn ich habe mir sagen lassen, dass die Mönche ein gutes Bier ausschenken, nachdem der Wein in den

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