Die Feuerbraut
letzten Jahren nicht so besonders geworden ist.« Gibichen bot Irmela mit einem auffordernden Lächeln den Arm.
Sie ergriff ihn und rief nach Fanny und Abdur, damit diese sie begleiteten.
»Sollte nicht jemand hierbleiben, bis Herr von Birkenfels aus der Residenz zurück ist?«, wandte der Mohr ein. »Wer weiß, wie lange sein Gespräch mit dem Prior wegen Helene Steglinger dauern wird. Er wird dann froh sein, wenn sich jemand um ihn kümmert.«
Fanny lachte spöttisch auf. »Du fürchtest dich wohl vor den Stufen, die dort hinaufführen?«
»Nein, das nicht, ich …« Abdur begriff erst jetzt, dass er derjenigewar, der zurückbleiben sollte, da Fanny Irmela der Schicklichkeit halber begleiten würde.
»Bring mir ein Stück Papier und eine Feder. Ich werde eine Notiz für Fabian hinterlassen«, erklärte Gibichen, der trotz seines leichten Fiebers den Ausflug mit Irmela nicht missen wollte.
Abdur überschlug sich fast, so schnell hatte er das Gewünschte herbeigeschafft, und wenig später verließen die vier den Löwen. Nachdem Gibichen den Brückenzoll entrichtet hatte, konnten sie den Inn überqueren und begannen den Anstieg nach Mariahilf. Doch bald bemerkte Gibichen, wie stark ihn die Verletzung und das noch nicht überstandene Wundfieber geschwächt hatten. Bereits nach einem Viertel der Stufen keuchte er wie ein alter Blasebalg und kam kaum mehr weiter.
Irmela blickte in sein bleiches, schweißüberströmtes Gesicht, verkniff sich den Spott, der ihr auf der Zunge lag, und blieb nun selbst stehen. »Verzeiht, aber ich muss ein wenig verschnaufen. Der Anstieg ist doch arg schwer.«
Gibichen atmete sichtlich auf. »Fürwahr, das ist er! Sogar ich spüre es ein wenig in den Beinen.«
Sein Geständnis rührte Irmela, und sie dachte, dass Fabian an Gibichens Stelle keinerlei Schwäche zugegeben hätte. Männer sind wohl ebenso verschieden wie Frauen, stellte sie mit einer gewissen Erleichterung fest. Zudem war sie recht froh, hie und da eine Pause einlegen zu können. In ihr steckte immer noch die Erschöpfung der qualvollen Reise als Lexenthals Gefangene, und sie ertappte sich dabei, die Stufen mitzuzählen, um zu wissen, wie weit sie schon gekommen waren.
Fanny und Abdur folgten Irmela und Gibichen in einigen Schritten Abstand. Die beiden hätten den Weg in weniger als der Hälfte der Zeit zurücklegen können, doch sie hielten sich brav hinter ihrer Herrin und unterhielten sich leise.
»Schade, dass die Komtesse mit Birkenfels verlobt ist. Ich finde,Gibichen würde besser zu ihr passen«, raunte Fanny ihrem Begleiter zu.
»An deiner Stelle würde ich mich nicht einmischen. Wen sie nimmt, ist ihre Entscheidung, und ich bin sicher, sie wird die richtige treffen«, wies Abdur sie zurecht.
»So übel ist Birkenfels auch nicht«, gab Fanny zu. »Früher war er ein rechter Bruder Leichtfuß, aber im letzten Jahr ist er gereift.«
Abdur zog die Schultern hoch. »Ich kenne Birkenfels erst seit Pilsen und halte ihn für einen aufrechten und angenehmen Menschen. Ich glaube, er hätte mir ebenso wie die Komtesse geholfen, Steglinger zu entkommen.«
»Ach ja, du standest früher bei Steglinger in Diensten«, erinnerte Fanny sich.
»In Diensten ist nicht das richtige Wort! Ich war ein Sklave, den der Kaufmann zum Pfand für nicht bezahlte Waren bekommen hatte, und wäre niemals von ihm losgekommen.«
»So gesehen ist Steglingers Verhaftung ein großes Glück. Jetzt bist du wirklich frei. Aber ich bin sicher, die Komtesse hätte dich Steglinger nicht zurückgegeben. Sie mag den Mann aus vielen Gründen nicht. Zum einen hat er diese schreckliche Helene unterstützt, und zum anderen macht er Geschäfte mit dem Elend unserer Soldaten, indem er schlechte Waffen und noch schlechteres Tuch an die Heerführer verkauft. Es freut mich, dass er nun im Kerker sitzt! Hat er doch Frau Walburga verstoßen, um eine andere heiraten zu können. Ein Pech aber auch, dass er dabei ausgerechnet an Helene geraten ist.« Fanny lachte rachsüchtig auf. Da sie und Abdur während ihres Gesprächs etwas zurückgeblieben waren, beschleunigten sie ihre Schritte.
»Wirst du in den Diensten unserer Komtesse bleiben oder dir etwas anderes suchen?«, fragte Fanny, als sie wieder die gebotenen zehn Stufen hinter ihrer Herrin gingen.
Abdur wiegte den Kopf. »So genau weiß ich das noch nicht. Es kommt darauf an …«
»Auf was?«, fragte Fanny schnell.
»Ich würde gerne bei Komtesse Irmela bleiben. Sie hat mich immer wie einen Menschen
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