Die Feuerbraut
Teglenburg entsetzt die Hände rang, stieß Walburga Steglinger hörbar die Luft aus.
»Rudolf, ich habe dich schon damals, als unsere Väter mich zur Heirat mit dir zwangen, für eine Ratte gehalten. Nun aber übertriffst du dich selbst. Glaube jedoch nicht, dass dein Tun dir etwas einbringt. Wenn du auf einer Trennung bestehst, fallen meine Mitgift und mein Erbteil an mich zurück.«
Rudolf Steglinger wurde blass. »Alles, was du mitgebracht hast, ist mein! Das wird auch das Gericht so sehen. Du besitzt nicht mehr als das, was du am Leibe trägst. Gehst du freiwillig in ein Kloster, werde ich dich mit der entsprechenden Mitgift ausstatten. Sonst kannst du wegen mir in der Gosse zugrunde gehen.«
Mit diesen Worten drehte er sich um und stiefelte so hastig davon, als hätte er Angst vor der Antwort seiner Frau.
Dem Prior war es offensichtlich unangenehm, Walburga Steglinger allein gegenüberstehen zu müssen. Er brummelte etwas, drehte ihr den Rücken zu und blickte Meinarda von Teglenburg an. »Ich habe gehört, meine Nichte sei ebenfalls mit Euch gekommen. Ich würde sie gerne sehen.«
Ehrentraud hatte dem Dominikaner bislang den Rücken zugekehrt. Jetzt setzte sie sich auf und verdeckte dabei ihr Gesicht mit dem Schultertuch, mit dem sie sich gegen den Durchzug gewappnet hatte. »Hier bin ich, Oheim!«
»Ich freue mich, dich lebend anzutreffen, meine Liebe, und hoffe, du befindest dich wohl!« Aus Xaver von Lexenthal sprach eine gewisse Erleichterung, die Tochter seines verstorbenen Bruders vor sich zu sehen. Zwar hatte dieser ihm neben seinen Schulden die Verantwortung für das unmündige Kind hinterlassen, doch zu seiner Freude war aus seiner Nichte eine anerkannte Schönheit geworden, die so manchen Mann von Stand über die fehlende Mitgift hinwegsehen lassen würde. Lexenthal hatte bereits die Kontakte für eine entsprechende Heirat geknüpft und wartete nur noch auf die letzte Zusage des auserkorenen Bräutigams und auch auf die des natürlichen Vaters jenes jungen Herrn, eines angesehenen Kardinals der Kurie in Rom.
Auf den Anblick, den Ehrentraud nun bot, war er jedoch nicht vorbereitet. Er hatte nur gehört, einer kleinen Gruppe von Flüchtlingen sei es gelungen, den Schweden ungeschoren zu entkommen, und dies auch auf seine Nichte bezogen. Nun verschlug es ihm für einige Augenblicke die Sprache.
»Mein Gott, wie konnte das geschehen?«, brachte er dann mühsam hervor.
»Es waren die Schweden, diese üblen Hunde«, erklärte Johanna, die sich diesmal nicht aus dem Gespräch ausschließen lassen wollte.
Lexenthal schlug das Kreuz und wandte sich an Meinarda. »Ich wünsche mit meiner Nichte allein zu sein!«
Obwohl seine Höflichkeit zu wünschen übrig ließ, erhoben sich die Damen und verließen zusammen mit Moni den abgetrennten Bereich. Nur Johanna blieb und hielt Ehrentrauds Hand fest, als wolle sie die Verstümmelte vor dem gestrengen Herrn schützen. Als Lexenthal jedoch eine Bewegung machte, wie um ein lästiges Insekt zu verscheuchen, stand auch sie auf und ging hinaus.
Lexenthal ließ sich von einem Bediensteten eine Laterne reichen,um seine Nichte bei hellerem Licht betrachten zu können, und schüttelte sich. »Das ist ja entsetzlich! Wie konnte Gott nur so grausam sein? Dabei war ich gerade dabei, eine vorteilhafte Ehe mit einem jungen und sehr reichen römischen Adeligen für dich zu arrangieren. So aber wird er dich nicht nehmen – und auch sonst niemand.«
In seinen Worten schwang neben dem Mitleid mit seiner Verwandten auch die Enttäuschung mit, dass die für ihn und für sie so vorteilhaften Heiratspläne nun gescheitert waren.
Ehrentraud riss das Oberteil ihres Kleides auf und entfernte das Leinentuch, mit dem die Nonnen ihren Busen bedeckt hatten. »Mein Gesicht ist noch nicht alles! Seht, was diese Hunde mir noch angetan haben!«
Beim Anblick der aufgeschlitzten Brüste färbte Lexenthals Gesicht sich grünlich. »Bedecke das wieder!«, schrie er auf. Es klang wie ein Hilferuf.
Während Ehrentraud mit müden Bewegungen gehorchte, griff er sich an den Kopf, als ginge das, was er gesehen hatte, über seinen Verstand. »Wie konnte das geschehen? Es hieß doch, Ihr wärt durch die Gnade des Herrn gerettet worden.«
Noch während er es sagte, erinnerte er sich an das, was Steglingers Frau zugestoßen war, und begriff, dass er seine Hoffnungen für Wirklichkeit gehalten hatte.
Ehrentraud lachte bitter. »Einige von uns konnten den Mördern entkommen! Mich aber hat die
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