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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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anbrach, ließ sie sich von Fanny ein Kleid in jenen düsteren Farben herauslegen, die einst Helene sie zu tragen gezwungen hatte. Da Stephanie und Dionysia von Kerling sich in helle Gewänder gekleidet hatten, wirkte sie nun wie in tiefer Trauer. Ihr Gesicht hatte sie hinter einem doppelt geschlagenen Schleier verborgen, damit niemand sehen sollte, was sie bei der Hinrichtung empfand.
    Unter den Menschen, die auf der Wiese zusammengeströmt waren, befanden sich etliche Männer aus den Waldbergen in ledernen Hosen und derben Wämsern und ihre Frauen, die man an ihren weiten Röcken, den eng geschnürten Miedern und roten Schultertüchern erkennen konnte. Sie stammten aus dem Tal, in dem Santini und die bereits vor etlichen Monaten ums Leben gekommene Marthe das Kind geraubt und dessen Eltern getötet hatten.
    Während Irmela in die hasserfüllten Gesichter der Waldler blickte, tippte Lexenthal sie an und wies auf den Schinderkarren, auf dem gerade die Verurteilten gebracht wurden. Rudolf Steglingerund Johanna waren die Einzigen, die noch selbst hinuntersteigen konnten. Die anderen drei lagen stöhnend auf dem blanken Holz und mussten von den Knechten des Henkers herabgehoben werden.
    Helene wurde vor allen Leuten bis auf die Haut entkleidet und in einen weißen Kittel gehüllt. Dann schleiften die Knechte sie zu dem größten Scheiterhaufen und banden sie an dem Pfahl fest, der aus dessen Mitte ragte. Ihr folgten Santini und die Schwarze Hexe. Beide wimmerten vor Schmerzen und starrten voller Entsetzen auf die aufgestapelten Holzscheite, als spürten sie schon die Flammen. Zur Befriedigung der Menge wurde auch Johanna entkleidet, und diesmal ließen die Schinderknechte sich Zeit, ihr das Hemd überzuziehen. Sie riss sich los, wurde aber sofort wieder eingefangen. Nun ließ sie sich auf die Knie sinken und sah flehend zu Lexenthal auf. »Gnade, hoher Herr! Ich habe am Tod dieses Kindes und an dem Eurer Nichte keinen Anteil. Ich habe Ehrentraud doch geliebt wie eine Schwester.«
    Lexenthal öffnete schon den Mund zu einer scharfen Antwort, besann sich aber, denn er wollte die Sünden seiner Nichte nicht vor aller Welt offenbaren.
    Irmela schüttelte sich, als die schrille Stimme ihrer Tante schmerzhaft in ihrem Kopf widerhallte. Schnell fasste sie den Prior am Arm. »Ehrwürdiger Herr, ich bitte Euch, lasst Gnade walten. Immerhin ist Johanna meine Blutsverwandte.«
    »Das ist sie nicht! Die Hexe Helene hat unter der Folter gestanden, dass nicht Euer Großvater ihre Tochter gezeugt hat, sondern einer ihrer Liebhaber, denen sie sich in jener Zeit hingegeben hat.«
    Lexenthals Urteil stand ebenso fest wie das des Richters, und nur Herr Leopold von Habsburg hätte es in seiner Eigenschaft als Herr des Hochstifts Passau aufheben können. Ganz vermochteer Irmelas bittendem Blick jedoch nicht zu widerstehen. Er hob die Hand und gab dem Scharfrichter ein Zeichen. Dieser nickte und nahm einen Strick zur Hand. Kaum hatten seine Knechte Johanna auf den Scheiterhaufen gebunden, trat er hinter sie, schlang ihr den Strick um den Hals und schnürte ihn zu. Johanna riss noch den Mund auf, um nach Luft zu schnappen, dann weiteten sich ihre Augen, und sie sackte zusammen.
    »Da Ihr es so wünscht, soll sie nicht länger leiden«, erklärte Lexenthal recht zufrieden, denn nun konnte Johanna nicht mehr hinausschreien, welch gotteslästerlichen Dinge sie mit seiner Nichte getrieben hatte. Die Aussagen, die diese Dinge betrafen, hatte er bereits aus den Verhörprotokollen entfernt, und er würde auch Ehrentrauds Tagebuch verbrennen. Die Personen, die jetzt noch um ihre Verfehlungen wussten, würden ihr Andenken nicht schmähen.
    Die Menge wurde unruhig, und die Verwandten des geopferten Kindes und seiner Eltern brüllten wuterfüllt, sie würden nicht dulden, dass auch den anderen Verurteilten das Sterben leichter gemacht werden würde. Dies hatte Lexenthal auch nicht vor. Selbst Steglinger wurde diese Gnade nicht zuteil, obwohl er zu Beginn der Verhöre verzweifelt geschworen hatte, mit den Verbrechen seiner Frau nichts zu tun zu haben. Angesichts seines unnatürlich schnell gewachsenen Reichtums hatte der Richter ihm jedoch nicht geglaubt.
    Als die Delinquenten auf ihren Scheiterhaufen festgebunden worden waren, trat der Gerichtsschreiber vor und verkündete das Urteil. Der Schwere ihrer Verbrechen gemäß sollten sie alle bei langsamer Flamme den Tod finden.
    Als Helene das hörte, schrie sie voller Entsetzen auf. »Seid barmherzig,

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