Die Feuerbraut
Heimsburg wollte mein Ehrenwort nicht annehmen.« Fabian schämte sich bei dem Gedanken, dass er anstelle seines Gegners wohl kaum anders gehandelt hätte. Sein Ehrenwort war im Augenblick keine fünf Gulden wert, geschweige denn einhundertundfünfzig.
»Und was hättest du gemacht, wenn er es angenommen hätte? Das Geld etwa gestohlen?« Kiermeier benötigte keine Antwort, denn er sah Fabian an, dass der junge Mann dazu bereit gewesen wäre. Fast bedauerte er, dem Jungen die Offizierslaufbahn schmackhaft gemacht zu haben. Der Krieg, der sich nun schon vierzehn Jahre hinzog, ließ die Gemüter verrohen, und viele vergaßen in ihrer Gier nach Beute und Ruhm alle Ehre. Da kamen Männer wie Heimsburg hoch, die nicht davor zurückschreckten, Kameraden zu ruinieren und zu ihrem Vergnügen zu töten. Nun machte er sich Vorwürfe, nicht besser auf Fabian achtgegeben zu haben. Da der Junge während der Flucht aus Neuburg und der Tage, die sie in Passau und auf dem Hochbergschen Besitz in den Waldbergen verbracht hatten, sehr vernünftig gewesen war, hatte er es bei ein paar allgemeinen Warnungen belassen.
»Daran ist diese verdammte Untätigkeit schuld! Unsere hohen Herren hätten längst ihre Truppen sammeln und gegen diese vermaledeiten Schweden vorgehen müssen. München ist bereits gefallen, und wenn es so weitergeht, werden diese Ketzerbanden noch bis Wien marschieren.« Kiermeier war zum selben Schlussgekommen wie Gibichen, doch weder er noch der Leutnant, der mit finsterer Miene neben dem Eingang stehen geblieben war, sahen eine Möglichkeit, etwas an der Situation zu ändern.
Seine Hand fiel schwer auf Fabians Schulter. »Steh auf! Wir wollen schauen, ob wir dich zu einem ernstzunehmenden Gegner für Heimsburg machen können. So wie du jetzt aussiehst, wird er dich in Streifen schneiden, ohne dass du auch nur seine Haut ritzen kannst.«
Ohne sich um Fabians Protest zu kümmern, stieß Kiermeier ihn zum Zelt hinaus. Draußen rief er ein paar Soldaten zu sich und befahl ihnen, den Kornett im nächsten Weiher zu baden, damit er wach würde. Vorher zwang er Fabian, sich den Zeigefinger tief in den Mund zu stecken, und sah ungerührt zu, wie dieser einen Teil des Weins von sich gab.
Bei dem Anblick würgte es Gibichen, der ebenfalls nicht nüchtern war, und er wollte sich zurückziehen. Doch Kiermeier winkte ihn zu sich.
»Du wirst mir helfen müssen, den jungen Narren auf Trab zu bringen. Immerhin kennst du Heimsburgs Kampfweise und vermagst Fabian zu raten, auf was er achten muss.«
Ludwig von Gibichen nickte, denn wenn er diesem jungen Narren half, Heimburg wenigstens für kurze Zeit standzuhalten, beglich er damit einen Teil der Schuld, die er sich selbst an dessen Schlamassel zumaß.
Kurze Zeit später brachten die feixenden Soldaten Fabian nass, nackt und frierend zurück. Kiermeiers Bursche Paul hatte unterdessen einen Kräutersud gebraut, der hauptsächlich Kamille und Minze enthielt. Das Getränk sollte den Magen des jungen Mannes beruhigen, aber der Geruch der Brühe war so durchdringend, dass Fabian sich wieder übergeben musste. »Du sollst es trinken, nicht ausspucken«, spottete Kiermeier und füllte ihm den Becher erneut.
Fabian stöhnte und wandte den Kopf ab. »Was ist das für ein Gesöff?«
»Das einzige Mittel, das möglicherweise verhindern kann, dass Heimsburg morgen deine Gedärme in der Sonne trocknen lässt. Trink, und wenn der Inhalt dieses Bechers dir ebenfalls hochkommen sollte, mach dir keine Sorge. Wir haben genug von dem Zeug.«
Kiermeier packte Fabian und schüttelte ihn wie ein nasses Tuch. »Sei verdammt! Ich bin ein Freund deines Vaters gewesen und will nicht, dass Birkenfels’ Sohn auf eine so erbärmliche Art ums Leben kommt.«
»Was ist schon verloren, wenn ich draufgehe?« Für einige Augenblicke gab Fabian sich ganz seinem Elend hin und sagte sich, dass er unter der Erde wenigstens Ruhe finden würde. Sein Vater und seine Mutter waren tot, und anderen Menschen lag nichts an ihm. Da schob sich Irmelas spitzes Gesicht in seine Gedanken. Zwar hatte er das Mädchen zuletzt kaum mehr beachtet, doch er war sich sicher, dass sie traurig sein würde, wenn sie von einem solch unrühmlichen Ende erfuhr. Außerdem würde der Tod durch Heimsburgs Hand verhindern, dass er seinen Vater und seine Mutter an den Schweden rächen konnte.
Mit einem erstaunlich energischen Griff packte er den dampfenden Becher und schüttete die warme Flüssigkeit mit wenigen Zügen hinunter. Sein Magen
Weitere Kostenlose Bücher