Die Feuerbraut
ihre Narben verbarg.
Hinter dem Sessel der Entstellten standen Portius und Lohner. Obwohl die beiden Ärzte sich schon mehrere Monate im Haus aufhielten, war es bisher keinem von ihnen gelungen, ihrer Patientin zu helfen. Portius betonte, dass seine Methode Zeit bräuchte, und Lohner musste seine Hände notgedrungen in den Schoß legen. Ehrentraud zeigte sich nicht gewillt, das wuchernde Narbengewebe operativ entfernen zu lassen, sondern vertraute den Pulvern und Salben, die Portius ihr anmischte. Dennoch wagte sie es nicht, den anderen Arzt fortzuschicken, da sie sich seine Kunstfertigkeit mit dem Skalpell als letzte Möglichkeit offenhalten wollte. Immerhin war es Lohner gelungen, die Brandnarbe der Magd Fanny so weit zu entfernen, dass man die junge Frau wieder ansehen konnte, ohne vor ihr zurückzuscheuen.
Irmelas Blick wanderte zu Fabian zurück, der sich in ausgewalzten Beschreibungen der Schlacht bei Lützen erging. DaKiermeier seine Aussagen unterstützte und ihn einen außergewöhnlich mutigen Offizier nannte, stieg sein Ansehen bei den Damen, und selbst Meinarda hätte in diesem Augenblick nicht gewusst, ob sie einen Antrag des um etliche Jahre jüngeren Mannes ablehnen würde.
Die Blicke, mit denen die Freiin Fabian maß, entfachten Eifersucht in Kiermeiers Brust. Nie war ihm Meinarda schöner erschienen als an diesem Abend, und da er durch die Gunst Wallensteins zum Major aufgestiegen war, begann er sich Hoffnungen zu machen, die Witwe erringen zu können.
Auch Johanna betrachtete Fabian mit leuchtenden Augen. Vor seiner Abreise war er ihr wie ein unbedarfter Knabe erschienen, doch nun umgab ihn der Nimbus eines Helden, und wenn sein Blick sie streifte, lag eine stumme Aufforderung darin. Sie hatte ihre heimlichen Besuche bei Ehrentraud fortgesetzt und dabei Gefühle entdeckt, die sie allein bei der Erinnerung angenehm erschauern ließen. Nun war sie neugierig geworden auf das, was ein Mann mit seiner Frau trieb und was noch viel schöner sein musste als ihre Spiele mit Ehrentraud.
Helene nahm durchaus wahr, wie Johanna Fabian anhimmelte, und las in deren Blicken erwachende Leidenschaft. Im Stillen verfluchte sie Meinarda, weil diese darauf gedrungen hatte, den jungen Mann aufzunehmen. Sie würde scharf auf ihre Tochter achtgeben müssen, damit diese sich nicht an einen mittellosen Offizier wegwarf. Daher nahm sie sich vor, die Gedanken des jungen Mannes auf ein anderes Ziel zu lenken. Meinarda war in ihren Augen zu ehrpusselig, um Fabian in ihr Schlafgemach zu lassen, und so erkor sie sich ein willigeres Opfer.
Sie stand auf und trat neben Ehrentraud. »Wie stolz musst du auf unseren jungen Helden sein, der dich an den Schweden gerächt hat.«
Ehrentraud blickte verwirrt zu ihr auf, nickte dann aber heftig.»Ich wollte, ich wäre dabei gewesen, als Fabians Kugel diesen Satan in Menschengestalt traf!«
»Du solltest ihm deine Dankbarkeit zeigen und ihm den Mund zum Kuss reichen«, forderte Helene sie auf.
»Ihm mein Gesicht zeigen?« Ehrentraud machte eine Bewegung, als wolle sie aufspringen und davonlaufen.
Helene hielt sie fest und lächelte. »Natürlich nicht hier vor allen Leuten, sondern im Schatten deiner Kammer, wenn die Vorhänge zugezogen sind.« Johannas Mutter wusste genau, was ihre Tochter und Ehrentraud taten, wenn sie sich allein glaubten, und hieß es gut, solange es im Verborgenen geschah. Nun sollte Ehrentraud diesem Tölpel Fabian die Schenkel öffnen, denn schließlich hatte sie ihre Jungfernschaft bereits verloren. Johanna aber musste ihr Kränzlein bewahren, wollte sie nicht mit Schimpf und Schande aus dem Haus eines wünschenswerten Bräutigams gejagt oder gar schon vorher von der untersuchenden Hebamme für unwert befunden werden.
Wie die meisten im Raum war Ehrentraud der Meinung, Fabian habe sich in dem halben Jahr gut herausgemacht. Dazu hatte er in der Ferne sichtlich an Selbstvertrauen gewonnen. Sein Blick wirkte hungrig und fordernd, wenn er über Meinardas Reize wanderte, und er bedachte auch Johanna mit seiner Aufmerksamkeit. Ehrentraud ahnte, dass er eine Einladung in das Schlafgemach ihrer Freundin nicht ausschlagen würde, und schüttelte sich bei der Vorstellung. Ihre Erfahrungen mit der körperlichen Liebe bestanden aus der brutalen Vergewaltigung durch eine Rotte Schweden, und sie hatte sich eigentlich nicht mehr vorstellen können, jemals Sehnsucht nach der Nähe eines Mannes zu spüren. Natürlich würde sie sich einem Gatten auf jene Weise opfern, die
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