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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Mohren, den ein Regimentskommandeur ihm mangels anderer Sicherheiten überlassen hatte, den Damen bei einem der Stände auf dem Vorplatz kühlen Wein zu besorgen.
    Da Helene sich wieder in die Polster zurücklehnte, tauchte der Mohr in Irmelas Blickfeld auf. Er trug weite, rote Hosen, eine eng anliegende Weste und ein mehrfach um den Kopf geschlungenes Tuch. Die auffällige Kleidung unterstrich die Farbe seiner Haut, die man am ehesten mit einem dunkelbraunen Pferd vergleichen konnte, und auch das Rot seiner großen Lippen, um das ihn so manche Frau beneiden dürfte. Als sein Blick Irmela für die Dauer eines Herzschlags traf, rührten sie seine dunklen, traurig wirkenden Augen. Wie es schien, war er ein Gefangener seines Herrn, der über ihn verfügen konnte wie Helene über sie. Der Bursche tat ihr leid, doch sie konnte ebenso wenig für ihn tun wie für sich selbst.
    Helene ließ sich von Steglingers Freundlichkeit täuschen und sah sich bereits als dessen neue Ehefrau in schillernder Robe am Ehrenplatz seiner Tafel sitzen. Der dickliche Mann, der die vierzig bereits vor einigen Jahren hinter sich gelassen hatte, verfolgte jedoch andere Pläne. Für ihn kam eine Frau wie Helene nicht als Gattin in Frage. Sein Trachten richtete sich auf Johanna, die nicht nur schön war, sondern väterlicherseits der feudalen Sippe der Grafen Hochberg entstammte. Die Mitglieder dieser Familie besaßen das Privileg, jederzeit vor den Kaiser treten zu können, und das würde bei einer Heirat mit Helenes Tochter auf ihn übergehen.
    Helene mochte Steglingers Beweggründe missverstehen, Irmela aber blickte tiefer und erahnte die Absichten des Heereslieferanten. Mit einem leisen, boshaften Kichern stellte sie sich dasPaar vor: ein feister, alter Mann mit Kugelbauch und schütteren Haaren und die auffallend schöne Johanna an seiner Seite. Ihre Tante, dachte sie, würde sich bedanken, die Frau eines Menschen zu werden, der nur noch schwarze Zahnstummel im Mund hatte. Irmelas Gedanken schweiften zu Walburga, die sich noch immer gegen die von ihrem Mann angestrebte Auflösung der Ehe sträubte. Lange würde ihr der Widerstand jedoch nichts mehr nützen. Wie Helene schon spöttisch verkündet hatte, wollte der Passauer Fürstbischof Leopold von Habsburg als Vertreter der heiligen Kirche nach dem Erhalt einer Summe, über deren Höhe noch verhandelt wurde, in Steglingers Sinn entscheiden.
    Mit Walburga fühlte Irmela mindestens ebenso viel Mitleid wie mit dem Mohren, doch in ihrem Fall hätte wohl nicht einmal ihr Vater intervenieren können, und sie war froh, dass Meinarda von Teglenburg die arme Frau mitgenommen hatte, als sie in die Nähe Wiens umgesiedelt war. Bei ihr nahm Walburga nun offiziell die Stellung einer Gesellschafterin ein, und damit konnte sie sich der Forderung ihres Mannes entziehen, in ein Kloster einzutreten. Irmela bedauerte ein wenig, dass die beiden Frauen fortgezogen waren und Moni mitgenommen hatten, auch wenn sie unter dem Streit zwischen ihnen und ihrer Stiefgroßmutter gelitten hatte. Meinarda war zuletzt immer öfter mit Helene aneinandergeraten. Eine Reichsfreiin von Teglenburg habe es nicht nötig, sich von einem Weib mit zweifelhafter Herkunft und fragwürdigem Lebenswandel beleidigen zu lassen, hatte Meinarda ihr ins Gesicht gesagt.
    Da Fabian und Kiermeier das Haus in den Waldbergen noch vor den beiden Damen verlassen hatten, war es dort von Ehrentrauds gelegentlichen Wutausbrüchen abgesehen sehr still geworden. Irmela vermisste sogar den kleinen Siegmar, dessen Geschrei sie oft gestört hatte. Doch selbst die lähmende Langeweile, die sich nach Meinardas Abreise im Haus ausgebreitet hatte, hätte sienicht dazu gebracht, die Fahrt hierher freiwillig anzutreten. Aber sie war nicht einmal gefragt worden, ob sie zu Hause bleiben wolle oder nicht. Helene hatte ihr befohlen mitzukommen und ihr erst unterwegs erklärt, was sie am Ziel erwartete.
    Irmela fand es grausam, einen Menschen zum Tode zu verurteilen und ihn auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Noch mehr aber empörte sie die gierige Schaulust, die Helene, Johanna und Ehrentraud an den Tag legten. Auf die Gegenwart der Entstellten hätte sie besonders gerne verzichtet. Aber Ehrentraud schien ohne Johanna und Helene nicht mehr leben zu können, denn sie suchte ständig deren Gesellschaft oder verlangte von Johanna, in ihre Gemächer zu kommen.
    Zu Irmelas Verwunderung hatte Ehrentraud darauf bestanden, mitgenommen zu werden, obwohl sie ihr Gesicht nun

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