Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
viel über Xiang zu wissen. Wir schon, denn wir unterhalten seit Jahrhunderten rege Handelsbeziehungen zu ihnen, auf dem Landweg, weil die Strecke durch einige wichtige Handelsstädte geht. Aber seht Euch die Grenzlinie mit Xiang auf dieser Karte an und vergleicht es dann mit dieser anderen Karte.«
Die Karte, die er jetzt auslegte, enthielt nur geringe Informationen über meine Heimat, es waren deutlich mehr weiße Flecken auf ihr zu erkennen.
»Diese Karte muss älter sein, und wenn Ihr die Grenze zu Xiang vergleicht, dann stellt Ihr fest, dass auf der neueren Karte die Grenzen deutlich anders verlaufen. Das lässt nur einen Schluss zu: Xiang und Thalak führten schon mindestens einmal Krieg gegeneinander. Und Xiang war imstande, dem Kaiser von Thalak zu trotzen.« Er klopfte mit dem Finger bedeutungsvoll auf die Karte. »Vielleicht ist es möglich, dass wir Xiang als unseren Verbündeten gewinnen können. Auf jeden Fall werden sie noch mehr über den Feind wissen.« Er verzog das Gesicht. »Jemand sollte daran denken, sie zu befragen.«
»Also glaubt Ihr mir nun, dass wir es mit einem Feind zu tun haben? Dass Askir sich in einem Krieg befindet, auch wenn es keiner wahrhaben will?«
»Ja, General«, sagte er. »Betrachtet mich als überzeugt.« Er rollte die Karte wieder zusammen und tat sie in das Regal zurück. »Allein schon ein Blick auf diese Karten zeigt, wie ernst wir diesen Gegner nehmen müssen. Bei einer Küste dieser Länge wird er eine große Flotte haben, und bei der Ausdehnung seines Reichs mangelt es ihm auch nicht an Soldaten.«
»Thalak hat in meiner Heimat Tausende von in den Dienst gepressten Bauern gegen uns geworfen, und für jeden, der starb, rückten zwei neue nach. Ihr habt recht, an Soldaten mangelt es ihnen gewiss nicht. Aber meine Gefährtin Serafine sagt, dass die Marinesoldaten, die unsere Lanze enterten, Veteranen waren und gut gerüstet.«
»So etwas stand zu befürchten.« Er schaute sorgenvoll zu mir auf. »Auf jeden Fall kann ich eines sagen: Niemals zuvor war das Reich derartig bedroht.«
Ich betrachtete die Karte des Feindes, etwas zwickte und zog in meinen Gedanken. Etwas war falsch, passte nicht … aber ich kam nicht darauf.
Karten und ich verstanden uns nicht. Bislang schien niemand Probleme damit zu haben, sie lesen zu können, ich hingegen brauchte meine Zeit und vor allem gute Erklärungen.
Was war es also, was an dieser Karte so falsch war? Dabei handelte es sich um eine, mit der sogar ich etwas anfangen konnte, überall waren in feiner Schrift Erklärungen und Kommentare eingefügt.
Der Gegner hatte unsere Küste gründlich erforscht. Hier und da waren Zahlen eingetragen, stand tiefes Wasser oder Vorsicht Untiefen oder flacher Sandstrand, gut zum Anlanden . Selbst die Flussmündung des Gazar war sauber eingezeichnet, mit Entfernungsangaben und Meilen und Wegestunden. Und auch hier wieder eine Notiz über eine Balliste in der Flusseinfahrt: Reichweite 300 Fuß .
Der Zeichner hatte eine ordentliche Handschrift besessen, so klein er teilweise auch schrieb, hatte ich doch wenig Mühe, seine Worte zu … lesen !
Das war es!
»Sagt, Major«, fragte ich, während sich meine Gedanken überschlugen, »welche Sprachen kennt Ihr?«
»Ich bin schon zwei Jahre hier, also kenne ich einige Brocken Alda. Ich kann in der Sprache der Varländer einen Streit anzetteln und in Bessari gut genug fluchen, um dafür ausgepeitscht zu werden. Und natürlich die Reichssprache. Warum fragt Ihr?«
»Wie sieht es mit Xiang aus?«, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Weder die Laute noch ihre Schrift ergeben einen Sinn für mich.«
»Unser Feind liegt weiter im Süden als Xiang«, stellte ich fest. »Ich weiß, dass in unserer Heimat noch hier und da einige der alten Dialekte gesprochen werden, aber auch wir sprechen die Reichssprache, weil unsere Vorfahren aus dem Reich kamen.«
Er lachte. »Sonst hätten wir jetzt auch Schwierigkeiten, uns zu unterhalten.«
»Richtig«, stimmte ich ihm zu. »Also sagt mir, Lanzenmajor, habt Ihr eine Erklärung dafür, dass die Anmerkungen auf diesen Karten in Reichssprache verfasst sind?«
»Götter!«, stieß er aus und starrte fassungslos auf die Karte. »Wieso ist es mir nur vorher nicht aufgefallen?« Er schaute zu mir auf. »Glaubt mir, General, ich bin sonst nicht so langsam.«
Ich schüttelte den Kopf. »Eine meiner Gefährtinnen stammte aus Thalak. Sie sprach die Reichssprache mit einem leichten Akzent. Und niemandem von uns fiel das
Weitere Kostenlose Bücher