Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
schon immer eine besondere Faszination auf mich aus. Oft gab es fremdartige Dinge zu sehen, die mich fragen ließen, woher sie kamen oder wer sie erschaffen hatte.
Im Vergleich zu den Märkten Gasalabads war dieser deutlich weniger farbenprächtig und sogar etwas ruhiger. Es gab Marktschreier, aber sie waren nicht so penetrant und riefen nicht so laut, und die Wege zwischen den Marktbuden waren breiter. Es herrschte dennoch Gedränge, denn zwischen Hafen und den herrschaftlichen Häusern, die den Marktplatz säumten, war weitaus weniger Platz als auf den Märkten Bessareins.
Der Markt selbst war allerdings eine Enttäuschung. Es gab wenig Neues zu sehen, und im Vergleich zu den Märkten Gasalabads erschienen mir viele Waren von minderer Qualität.
Was ich in Gasalabad selten gesehen hatte, hier jedoch überreichlich, waren Schwert- und Rüstungsschmiede. Schwere Rüstungen, reich verziert, Lanzen und Reiterschilde, das war es, auf das sich die ganze Kunstfertigkeit des Landes zu besinnen schien.
Ich blieb an einer Marktbude stehen, an der ein junger Mann lauthals die Vorzüge der Waren seines Vaters anpries. Angeblich seien die Brustharnische gut genug, um einem direkten Schuss aus einer schweren Armbrust zu widerstehen. Ich trat heran und musterte einen dieser Harnische. Im Hammerkopf hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Ofen aus geschmiedetem Stahl gesehen, und dieser Brustharnisch kam mir kaum weniger schwer vor. Kaum vorstellbar, dass jemand damit tagein, tagaus zu reiten vermochte.
Wie ich dann erfuhr, war das auch gar nicht der Sinn dieser Rüstungen, denn all die Kunstfertigkeit diente nur dazu, den Rittern Aldanes einen Harnisch für den Schrankengang zu liefern. Für die Kriegskunst, so teilte der junge Mann mir fast schon verächtlich mit, gäbe es ja die normalen Reiterharnische, die man dort drüben kaufen könnte, hier wäre ich wohl am falschen Ort.
Ich verstand sehr schnell, wie wichtig den Aldanern ihre Schrankengänge waren. Das jährliche Königsturnier war nach den Sommer- und Winterwendefesten das wichtige Ereignis in Aldar. Die Heldenstatuen auf dem Brunnen waren keine Krieger, die ihr Leben für das Reich gegeben hatten, sondern Gewinner dieser Wettbewerbe. In jeder kämpferischen Disziplin gab es Recken, die zu sogenannten Schrankenhäusern gehörten und von diesen unterstützt wurden. Zudem war es so, dass beträchtliche Summen Goldes auf den Ausgang dieser Wettbewerbe gesetzt wurden. Der Lanzengang und der Schwertkampf waren die wichtigsten, eine Börse von hundert Goldstücken wartete auf den Sieger. Aber es gab noch andere Wettbewerbe, mit dem Streitkolben und sogar – was mich schmunzeln ließ – mit dem Dreschflegel, dem einzigen Wettkampf, der nicht den Adligen vorbehalten war, sondern ausschließlich den Bauern. Auch hier gab es eine stattliche Börse zu gewinnen: zwanzig Goldstücke als Siegeslohn.
Dafür lief man allerdings Gefahr, den Kopf eingeschlagen zu bekommen. Ich kannte Lanzengänge aus meiner Heimat, ritterlicher Wettstreit war auch dort geachtet. Auch auf dem Schrankenfeld von Illian gab es immer mal wieder einen, der den Waffengang nicht überlebte, ein unglücklicher Sturz, eine geborstene Rüstung, so etwas kam vor. Aber hier in Aldane legte man es auf Blut förmlich an, denn mir schien die Liste der im ehrenhaften Wettbewerb Gefallenen ungewöhnlich lang.
Dafür konnte der Gefallene ewigen Ruhm damit gewinnen, dass sein Name in eine große Tafel eingraviert wurde. Sie war gut und gern zehn Schritt lang und anderthalb Mannslängen hoch, die Namen klein und sorgfältig in den polierten Stein eingraviert und sogar noch mit Gold unterlegt.
Diese Wand der Toten befand sich unter einer blumengeschmückten Statue eines heldenhaften Ritters, der, von einer schweren Reiterlanze durchbohrt, gerade mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden ging.
Offenbar war den Aldanern ein ehrenhafter Tod Anreiz genug. Ich studierte die Namen und schüttelte den Kopf: Ich hatte Feldzüge erlebt, die weniger Tote gefordert hatten als dieser alljährliche Blödsinn.
Genug getrödelt, dachte ich. Sollten die Aldaner doch machen, was sie wollten. Wenn sie sich im Namen eines seltsamen Ehrbegriffs gegenseitig die Köpfe einschlugen, hatte das wenig mit mir zu tun.
Als ich den Tempelplatz erreichte, zögerte ich einen langen Moment, dann wandte ich mich dem Tempel des Boron zu. Varosch war ein Adept dieses Gottes, außerdem wusste ich noch immer nicht, wie ich zu Soltar stand.
Als
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