Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
allerdings nicht, denn auch diese Kiste war im Laderaum verstaut und musste erst mühsam freigeräumt werden. Armin hatte offenbar seine eigenen Vorstellungen, was ein Edelmann als Reisegepäck so brauchte. Die Kiste war groß genug, um mir als Bett zu dienen, und bis in den letzten Winkel vollgestopft. Es fanden sich allein drei Paar nagelneue Stiefel, die ich zuvor nicht einmal gesehen hatte.
Und darunter versteckt eine Ebenholzkiste, gut eine Elle lang und zwei Handbreit hoch und tief. Darin, ordentlich in Säcke gepackt, goldene Münzen mit dem Wappen Gasalabads und dem Antlitz Faihlyds … Sie mussten frisch aus der Münze des Emirats stammen, denn sie waren gewiss noch nicht in Umlauf. Auf den Säcken mit den Münzen befand sich eine Mappe mit gut einem Dutzend Schriftstücken darin, deren Erstellung einen Schreiber bestimmt einen Tag gekostet hatte, denn jeder einzelne Buchstabe war sorgfältig mit Blattgold umfasst.
Während Angus sich ankleidete, zeigte ich die Schriftstücke schweigend den anderen. Jeweils eines war auch für Leandra und Serafine verfasst worden, doch gleich drei bezogen sich auf einen gewissen Havald Bey. Sowohl Leandra als auch Serafine waren mit Ländereien bedacht worden, die ihnen bis an ihr Lebensende zur Verfügung standen, ich hingegen war nun nicht nur Herrscher über eine kleine Stadt im Osten Gasalabads, sondern bekleidete auch den Rang eines Handelsherrn und Beraters der Emira. Ein letztes Schriftstück war ausgiebig gesiegelt worden, mit dem Siegel Gasalabads, dem des verstorbenen Emirs, Faihlyds Vater, dem Siegel der Essera Falah, der Großmutter Faihlyds, von Faihlyd selbst, ihrer Schwester Marinae und auch von Armin. Ein letztes Siegel stammte vom Verfasser des Schriftstücks, Hahmed, dem Hüter des Protokolls. Es enthielt auch eine Anweisung an die Palastwachen: Dem Träger dieses Schreibens, sofern er der darauf enthaltenen Beschreibung entsprach, war sofort Einlass in den Palast zu gewähren, und zugleich sollte der Hüter des Protokolls unterrichtet werden.
»Nun«, sagte Leandra leise und reichte mir das Schriftstück zurück, »das ist ein großzügiger Ausdruck der Dankbarkeit der Emira.« Sie sah mit ihren violetten Augen zu mir auf. »Havald Bey aus dem Haus der Rose. Ich denke, es entspricht dem Titel eines Grafen …«
»Bedeutet es Euch etwas?«, fragte Serafine, als ich das Schriftstück an mich nahm und sorgfältig wieder in seiner ledernen Mappe verstaute.
»Ja«, antwortete ich. »Als Geste.« Ich hielt die Mappe in der Hand und wusste nicht so recht, wohin damit, schließlich reichte ich sie wieder an Leandra zurück, die wohl besser wusste, wo sie sicher war. »Bessarein ist nicht meine Heimat. Sie wird es auch nicht werden.«
Auch wenn Natalyia gedacht hatte, dass ich hierher gehören würde.
Faihlyds und Armins Geschenke waren großzügig, allein durch das Münzgold waren wir nun nicht mehr nur wohlhabend, sondern reich. Doch es war nicht das einzige Gold, das wir besaßen. In einem sicheren Raum in unserem Haus in der Goldenen Stadt ruhte noch ein guter Teil des Soldgolds der Zweiten Legion. »Ich habe nie nach Reichtum gestrebt«, sagte ich.
Serafine lächelte und neigte leicht das Haupt. »Aber Ihr müsst zugeben, dass er von Vorteil ist.«
Wenn man bedachte, dass ich auf den Planken meines eigenen Schiffes stand, war das wohl kaum abzustreiten.
Neue Kleider, Stiefel und ein Bad verwandelten Angus auf erstaunliche Weise. Er war nicht viel größer als ich, und die Gewänder Bessareins waren eher weit denn eng geschnitten, also passte ihm die Kleidung, die Armin für einen Fürsten herausgelegt hatte. So sah er nun auch aus. Aus irgendeinem Grund war ich davon ausgegangen, dass er wie ich eher schlichtere Kleider bevorzugen würde, doch weit gefehlt. Neben seinem neuen Glanz verblasste ich, und er war sichtlich von seiner eigenen Erscheinung angetan.
»Das ist nicht gerecht«, beschwerte sich Deral etwas später bei mir mit einem Unterton, der mich an Armin erinnerte. »Er sieht aus wie der Fürst und Ihr wie sein Diener!«
Ich warf einen Blick nach vorn zum Bug, wo Angus in seinen neuen Kleidern erhaben Position bezogen hatte. Das Kopftuch verdeckte sein tätowiertes Haupt, seinen Bart hatte er sich hinter den Nacken geflochten. Da auch Männer hier einen Schleier tragen konnten, gab es nur noch wenig, das ihn als Nordmann kenntlich machte, abgesehen von seiner Größe und … der Axt, auf die er sich stützte.
Dieser zweite Tag wurde
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