Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
Knochen von den Rippen reißen. Es gibt keine Liebe zwischen uns und den Piraten.«
»Das habe ich gesehen.«
»Die Reichsstadt besitzt eine große Handelmarine«, erklärte er, während er auf den Horizont hinaussah. »Viele von uns haben Verwandte, Brüder, Väter, Schwestern, die auf den Handelsschiffen Dienst tun. Nicht jeder, der das Meer in seinem Blut hat, will eine Seeschlange sein. Wir wissen, dass wir hier draußen sterben können, es ist unsere Aufgabe, den Kopf hinzuhalten. Aber manchmal laufen wir in den Hafen ein, froh darüber, noch zu leben, und erfahren dann, dass die Piraten ein Schiff geentert haben, auf dem der Bruder Dienst tat oder die Schwester.« Er schaute noch immer in die Ferne. »In anderen Reichen werdet Ihr keine Frauen im Militärdienst finden. Oder an Bord der Handelsschiffe. Sie denken, es bringt Unglück. In Askir ist das anders, es wird nach Fähigkeit entschieden. Wenn eine Frau will und fähig ist, kann sie auf unseren Schiffen Anstellung finden.« Er schaute zum Achterkastell. »Manchmal vergessen wir, dass sie Frauen sind. Sie sind Kameraden, Untergebene oder Vorgesetzte. Solange wir an Bord sind, gibt es keine Frauen, nur Kameraden. In der Handelsmarine ist es nur wenig anders.« Er schaute jetzt wieder mich an. »Was meint Ihr, was geschieht, wenn die Piraten unsere Frauen in die Hände bekommen?«, fragte er. »Manchmal nämlich haben auch wir Pech. Ein Mast kann brechen … Und wenn dann diese Hunde aufkreuzen, können wir uns nur so teuer verkaufen wie möglich. Die Männer leben nicht lange. Es mag unschön sein, wie wir unser Ende finden, aber wir finden es schlussendlich. Die Frauen dagegen …«
Ich nickte. Ich wusste, was er sagen wollte, nur nicht, warum er es mir erzählte.
»Es kommt vor, dass wir ein Schiff verlieren. Manchmal haben wir dann das Glück, den Piraten aufzubringen, der unsere Besatzung ermordet hat. Und manchmal finden wir eine unserer Frauen noch lebend vor und können sie retten.« Er betrachtete gedankenverloren seine Hände. »Die meisten mustern aus, viele können nie verwinden, was ihnen zugestoßen ist. Ein paar wenige … ein paar wenige verfügen über die Kraft und den Willen, es hinter sich zu lassen. Aber vergessen werden sie nicht und auch nicht verzeihen.« Er schaute wieder zum Achterkastell zurück. »Elgata ist der beste Kapitän, unter dem ich je gefahren bin, und das will etwas heißen. Sie ist fast so geachtet wie Schwertmajor Rikin, die in Askir die Hafenwacht befehligt. Es sind außergewöhnliche Frauen. Aber sie bezahlen auch einen Preis dafür.« Er rieb sich über die Wangen. »Es ist nicht so, dass sie Euch im Besonderen misstraut. Es liegt einfach daran, dass sie niemandem mehr vertraut.« Er reckte sich und atmete tief durch, bevor er sich daranmachte, zum Vorkastell hinaufzuklettern. »Es ist wirklich der schönste Platz auf einem solchen Schiff«, meinte er. »Früher hättet Ihr Elgata auch hier finden können. Jetzt nicht mehr.« Damit ließ er mich wieder allein.
Warum hatte er mir das erzählt? Fürchtete er, dass ich dem Lanzenkapitän ihr Verhalten übel nehmen würde? Ich sah auf den Ring an meinem Finger herab. Wie konnte ein jahrhundertealter Ring noch immer einen solchen Einfluss besitzen? Ich zog daran, er blieb fest, als wäre er mit dem Knochen verwachsen. Ich hatte mir den Ring selbst angesteckt, es war mein eigener Fehler gewesen. Nicht zu wissen, was man tat, war aber nur in den seltensten Fällen eine gültige Entschuldigung.
17. Admiral Esen
»Was ist das für eine Mission?«, fragte ich Mendell später. Wir standen auf dem Achterkastell, etwas abseits vom Steuermann, der sich hier nicht wie bei der Lanze gegen einen langen Hebel lehnte, sondern ein großes Rad führte, das über Seile ein an der Mitte des Hecks angebrachtes Ruder bediente. Ich suchte den Himmel ab, sah aber nur Möwen.
»Wir sind Teil eines Flottenverbands aus sieben Schiffen«, erklärte der Schwertleutnant. »Unser Auftrag ist dreigeteilt. Zum einen sollen wir Informationen sammeln, zum anderen den Hafen blockieren und zum dritten einen Weg finden, die Feuerinseln wieder für das Reich zu gewinnen.«
»Warum wurde die Seefeste eigentlich aufgegeben?«
Er seufzte. »Dummheit. Der Vertrag von Askir regelte, dass bis auf die Reichsstraßen und die Wegestationen, die deren Schutz dienen, alle Stützpunkte auf fremdem Hoheitsgebiet aufgegeben und die entsprechenden Streitkräfte nach Askir zurückverlegt werden sollten. Die
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