Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
wagte es kaum, den Blick zur Hohepriesterin zu heben. Einige Male hatte sie die Frau bereits gesehen, wobei ihr immer diese müden Gesichtszüge aufgefallen waren. Auch Theana war alt, wie so viele, in deren Händen das Schicksal der Aufgetauchten Welt lag.
Wie sie so weit zurückgelehnt halb auf ihrem Stuhl lag, erweckte sie zudem den Eindruck von Gebrechlichkeit, die Adhara fast rührte. So viel Macht, so viel Verantwortung auf solch gebeugten Schultern.
»Erhebe dich.«
Ihre Stimme klang heiser und ein wenig herrisch. Adhara gehorchte und stand nun verlegen in der Mitte des Raumes.
Theana ließ ihren Blick über den Körper des Mädchens wandern, Adharas glattes schwarzes Haar, das von bläulichen Strähnen durchsetzt war.
Sie hat Halbelfenblut , dachte sie.
Ihre verschiedenfarbigen Augen.
Die Nebenwirkung irgendeines Zaubers .
Ihren zierlichen Körperbau, den schlanken Leib, ihre Haltung, die von einer großen Verlegenheit sprach.
»Nimm doch Platz«, sagte sie mit einem Lächeln, »du musst nicht in Ehrfurcht erstarren.«
Adhara gehorchte.
»Dein Freund hat mir deine Geschichte in groben Zügen bereits erzählt«, begann Theana. »Aber ich würde sie gern noch einmal aus deinem Munde hören.«
Adhara atmete tief durch und begann zu sprechen. Mit vor Aufregung zitternder Stimme erzählte sie von der Wiese und wie sie dort vollkommen bewusstlos gelegen hatte, der Kopf völlig leer, ohne den Hauch einer Erinnerung. Schon bald hörte Theana kaum noch zu. Aber die Geschichte des Mädchens war auch nicht so wichtig; was zählte, war der Energiefluss, den sie von ihr ausgehen spürte, diese rätselhafte Aura, die etwas Unheimliches, gleichzeitig aber auch Tröstliches hatte. Sie kniff die Augen zusammen und sammelte sich: Ja, magische Siegel lasteten auf dem Mädchen. Jemand hatte sie mittels einer Verbotenen Formel verzaubert, jedoch auf eine ganze eigentümliche Art und Weise. Sie kam nicht dahinter, um was für eine Schwarze Magie es sich da handelte. Aber sie spürte, dass unter dieser Aura des Bösen, die sie umgab, etwas Reines lag, etwas Heiliges und Mächtiges.
»Beherrschst du magische Künste?«
Jäh hatte die Hohepriesterin sie unterbrochen, und einen Moment lang schaute Adhara sie nur mit offenem Mund verwundert an.
»Ja, aber nicht richtig«, antwortete sie dann, »ich kann magische Strömungen wahrnehmen und erkennen. Habe aber nie selbst gezaubert.«
»Komm her.«
Das Mädchen stand auf und stellte sich vor die Priesterin hin. Theana ergriff ihr rechtes Handgelenk und spürte augenblicklich, wie eine starke Strömung sie durchfloss, sie erfasste, ja überwältigte. Ein tiefer Friede überkam sie, ein Gefühl wunderbarer Gelassenheit. Und doch hatte dieses
Gefühl auch etwas entsetzlich Trügerisches. Nur mit Mühe gelang es ihr, ihre Finger zu lösen. Erschöpft ließ sie sich auf ihren Stuhl sinken.
»Alles in Ordnung?«, fragte Adhara beunruhigt.
Mein Gott, was ist das bloß für ein Mädchen?
»Ja, ich … es ist schon gut …«
Sie blinzelte ein paarmal, um zu sich zu kommen, und schaute Adhara dann lange an.
»Irgendjemand hat dich verzaubert«, begann sie dann, »hat dich mit mächtigen Siegeln belegt, mit Zaubern, die nur von demjenigen, der sie bewirkt hat, gebrochen werden können. Oder aber von einem Magier, der über ganz außerordentliche Kräfte verfügt. Aber was das für Siegel sind, kann ich dir leider nicht genau sagen.«
Adhara nickte. »Das habe ich auch schon von einem Heilpriester gehört, der mich im Land des Wassers untersucht hat. Glaubt Ihr, es waren diese Siegel, die … mir das Gedächtnis geraubt haben?«
Theana zuckte mit den Achseln. »Das kann ich dir leider nicht sagen.«
Sie überlegte, ob es angebracht wäre, dem Mädchen von den starken Kräften zu erzählen, die sie von ihr ausgehen spürte. Doch sie tat es nicht. Immer schon war ihr die Fähigkeit eigen gewesen, mit äußerster Feinfühligkeit magische Kräfte wahrzunehmen. Doch weiter reichte diese Gabe nicht. Das hieß, dass sie nicht in der Lage war, diese Kraft genauer zu bestimmen, zu erkennen, woher sie kam und was sie letztendlich bewirken würde, geschweige denn, welcher Plan dahintersteckte. Dies war ihre Grenze als Magierin. In Adhara wirkte eine ganz eigentümliche magische Energie, die mächtig war, aber nicht beunruhigend, aber zu begreifen, was das alles zu bedeuten hatte, war Theana nicht gegeben.
»Ist es Euch denn vielleicht möglich, mir zu meinem Gedächtnis, meinen
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