Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
sich über Mira, betrachtete die Farbe seiner Haut, wie sich sein Brustkorb röchelnd hob und senkte, und gab Befehl, alle hinauszuschicken.
Wie betäubt stand Adhara vor der Tür. Alles kam ihr so unwirklich vor, als sei sie im Leben eines anderen gelandet. Sie begriff nicht, was da geschehen war, konnte sich kaum daran erinnern. Miras Zusammenbruch, der Kampf, der Tod des Attentäters. All das vermengte sich und versank wie in einem tiefen Schlamm, in den auch die damit verbundenen Gefühle hineingerissen wurden. Sie hätte sich jetzt in Ruhe Gedanken machen müssen, aber dazu kam sie nicht.
Amina stand schluchzend neben ihr. Sie hatte der Prinzessin einen Arm um die Schultern gelegt und suchte vergeblich nach Worten, um sie zu trösten.
»Es wird schon wieder gut«, wiederholte sie nur in einem fort, fast zwanghaft, wobei sie das Mädchen sanft streichelte. Doch Amina schien sie gar nicht zu hören und murmelte nur hin und wieder verworrene Sätze.
»Es ging alles so schnell … Ich wollte doch nur ein wenig Spaß haben … Wie sollte ich wissen …?«
»Es ist nicht deine Schuld. Das war ein Hinterhalt«, flüsterte Adhara und blickte gespannt auf die verschlossene Tür, vor der sich alle versammelt hatten: Neor, der nervös an den Rädern seines Rollstuhls spielte, Learco und Dubhe mit erschöpften Mienen, Soldaten, Leibwächter, die Adhara noch nie zu Gesicht gekommen hatte, Neugierige.
Ein Hin und Her, das sie betäubte, ihre Gedanken abschweifen ließ. Bis vor wenigen Stunden hatte sie noch dieses friedliche Leben besessen, das sie sich mühsam, Stein für Stein, aufgebaut hatte. Und nun hatte eine unbekannte Macht von ihr Besitz ergriffen. Immer schon war ihr klar gewesen, dass sie über außergewöhnliche Begabungen verfügte, aber niemals hätte sie gedacht, dass diese Fertigkeiten sie eines Tages zur Mörderin machen würden. Sie wagte es nicht, ihren Dolch aus dem Futteral zu ziehen, noch nicht einmal, ihn zu berühren. Die Klinge war immer noch rot vom Blut ihres Opfers.
Irgendwann, Theana war mittlerweile schon einige Stunden allein in dem Raum, tauchte Amhal am Ende des Flures auf. Die Nachricht musste also auch bis zu ihm in seine Unterkunft vorgedrungen sein und ihn dazu verleitet haben, trotz Arrest die Akademie zu verlassen. Adhara überkam ein seltsames Gefühl, eine Mischung aus Freude und Schmerz. Weil er endlich da war, weil sie ihn sehen konnte und weil das Leid, das ihn überkommen hatte, auch sie erreichte und zerriss.
Sie richtete sich auf und ging ihm entgegen. Doch mit großen Schritten, blassem Gesicht, den Unterkiefer angespannt, hastete Amhal an ihr vorüber, ohne sie überhaupt wahrzunehmen. Für ihn gab es nichts anderes, als diese verschlossene Tür.
»Ist er dahinter?«, fragte er mit bebender Stimme.
Adhara war es, die ihm antwortete: »Ja.«
Er drehte sich zu ihr um und schaute sie an, als wäre sie durchsichtig. »Warst du dabei?«
Adhara nickte eingeschüchtert. Sie erkannte ihn nicht wieder. Wo war ihr Amhal? Wo war der Jüngling, den sie im Mondschein geküsst hatte? Verhärmt, wie verzehrt von einem inneren Feuer sah er aus: Dieses Unglück schien sein gequältes Herz endgültig gebrochen zu haben.
»Erzähl es mir.«
Sie wollte es nicht: sich erinnern, zurückdenken, sich selbst wieder als todbringende Maschine sehen. Doch sie tat es. Knapp, auf das Wesentliche beschränkt, bemüht, alle Gefühle herauszuhalten. Amhal rührte sich nicht. Nur eine Falte mitten auf der Stirn zwischen den Augenbrauen verriet seine Furcht, die gleiche, die auch Adhara die Kehle zuschnürte. Auch für ihn drohte die Welt zusammenzubrechen. Alles hing davon ab, was hinter der verschlossenen Tür geschah.
Am frühen Nachmittag öffnete sie sich. Ein langgezogenes Quietschen, das fast schon nach Resignation klang. Blass, mitgenommen trat Theana über die Schwelle. Sofort war sie von allen umringt, ganz vorn Amhal, in dessen Augen ein schwacher Hoffnungsschimmer glomm.
»Das Gift war stärker. Er ist ihm eben gerade erlegen. Ich habe alles versucht.«
Aufstöhnen hier und dort, Seufzer und ein lautes Krachen, das vom Tonnengewölbe des Flures, in dem sie sich befanden, widerhallte.
Amhal hatte mit der Faust gegen die Tür geschlagen, hämmerte jetzt auf sie ein, wieder und wieder, während er die Augen gewaltsam zusammenkniff. Holzsplitter bohrten sich ihm ins Fleisch, doch dieses wahnsinnige, besessene Hämmern hörte nicht auf.
»Amhal!«, rief Adhara, wobei sie seine
Weitere Kostenlose Bücher