Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
erschrak über die Kälte in seinem Blick. Er erkannte das völlige Fehlen von Mitgefühl – und den Furor, eben jene Raserei, die auch ihn selbst nicht losließ. Doch nur kurz.
San lächelte traurig und war wieder ganz der Mann, den Amhal kannte, dem er vertraute. »Alles, was ich getan habe, geschah zu deinem Besten. Aber wenn du glaubst, dass du Zeit brauchst, nun gut, mir ist es recht. Du hast alle Zeit der Welt. Und wenn du verlangst, dass ich aus deinem Leben verschwinde, so kann ich es nicht ändern. Auch wenn es schlecht für dich wäre: Das weiß ich genau. Denn ich kenne dich. Aber ich würde es tun, wenn du es nicht anders willst.«
Amhal verspürte etwas Süßes tief in seiner Brust. »Nein, das will ich ja gar nicht … Nur ein wenig Zeit, um nachzudenken …«
»Wie du möchtest. Ich bin nicht dein Meister, nicht dein Vorgesetzter. Ich bin nur dein Freund.« San wandte sich zur Tür. »Wie auch immer, du weißt, wo du mich finden kannst«, fügte er hinzu. Und war draußen.
Eilig kehrte er in sein Zimmer zurück. Um seine Wut herauszulassen und die Anspannung loszuwerden. Von Anfang an hatte er gewusst, dass es keine leichte Aufgabe sein würde, aber er war eben kein geduldiger Mann, und die Hindernisse, auf die er stieß, ärgerten ihn maßlos.
Er war einfach zu nachgiebig gewesen. Stets lächelnd hatte er seine Wut hinuntergeschluckt und sich vor Leuten erniedrigt, die nicht den Bruchteil von ihm selbst wert waren. Auch sein Verlangen zu töten hatte er unterdrückt. Und jetzt, einen Schritt vor dem Ziel, schien sich alles in Wohlgefallen aufzulösen. Vielleicht hätte er von Anfang an zu härteren Mitteln greifen sollen. Sich den jungen Ritter schnappen, und fertig. Das Schicksal hätte dann den Rest für ihn
erledigt. Denn Tod und Zerstörung war Amhal geweiht, war ihm geweiht.
Tief durchatmend versuchte er, sich zu beruhigen. Nein. Er durfte seinen Plan jetzt nicht aufgeben. Er stieß auf Hindernisse? Gut, so würde er sie eben aus dem Weg räumen.
Nach und nach verrauchte der Zorn, und die eiskalte Ruhe, derer er so bedurfte, kehrte in sein Herz zurück.
Es wird klappen , sagte er sich, während sein Gehirn fieberhaft arbeitete. Doch zunächst …
Er bog in einen Seitengang ein. Um eine andere Sache musste er sich noch kümmern, bevor er weiter nach Plan vorging.
Gelassen schlendernd, so als habe er kein besonderes Ziel, bog er um mehrere Ecken, machte sogar einen Moment wieder kehrt, bis er sich schließlich in einem Flügel befand, von dem er wusste, dass er unbewohnt war. Einige Räume standen dort vorübergehend leer, und einer davon, den er einige Abende zuvor inspiziert hatte, war ihm für seine Absichten wie geschaffen vorgekommen.
Noch wenige Schritte, dann kauerte er sich in eine Nische und lauschte. Ein Rascheln, ganz leise, das nur gut geübte Ohren wahrzunehmen in der Lage waren.
Da schnellte er los, packte blindlings zu und presste seine behandschuhte Hand auf den Mund seines Opfers, während er es mit dem anderen Arm hochhob. Es war ein junger Mann, der sich jetzt heftig strampelnd wehrte, doch das nützte ihm nichts. Mit einem gezielten Fausthieb schlug San ihn bewusstlos und stieß ihn dann in den leeren Raum.
Hier fesselte er ihn ans Bett und entwaffnete ihn. Ein wahres Arsenal fand sich: zwei Dolche, ein Blasrohr, ein gutes Dutzend Wurfmesser, eine Würgeschnur. Der Mann war ein bestens ausgestatteter Agent.
San setzte sich vor ihn auf das Bett und wartete, dass er wieder zu sich kam. Als der Jüngling die Augen öffnete, versuchte
er erst gar nicht, die Fesseln abzuschütteln, sondern blickte San nur mit stolzer Miene an.
»Was soll das? Glaubst du, mich einschüchtern zu können mit diesem grimmigen Blick?«, fuhr San ihn an.
Schweigen.
»Ich weiß, was gespielt wird«, fügte er dann noch hinzu, »schweig nur, das ist mir gleich. Denn ich weiß es.«
Der Jüngling blieb gelassen. »Dann schenk dir dieses Gerede und töte mich gleich. Denn von mir wirst du nichts erfahren. Niemals.«
»Ich habe euch längst bemerkt, wie kleine Jungen, die Spione spielen. Offenbar hat die Königin ihre alten Gewohnheiten nicht abgelegt. Ist die eine Gilde zerschlagen, baut man sich eben eine neue auf …«
Der Jüngling bleckte die Zähne, erwiderte aber nichts.
»War das ihre Idee, mich beschatten zu lassen, oder die des Lahmen?«
Weiter Schweigen. San griff zu einem der Messer, die er dem Burschen abgenommen hatte, betrachtete den Widerschein der Kerze auf der
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