Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
Trost, sondern die Erfahrung eines Mannes, der dies alles selbst schon einmal erlebt hatte und ihm deswegen aus der Not helfen konnte. Die Verkrampfung, die er in der Brust spürte, schien sich schon ein wenig zu lösen, und er atmete bereits ein wenig freier.
»Ich habe darum ersucht, dich zum Schüler zu bekommen.«
Ruckartig hob Amhal den Kopf.
Etwas Verkehrtes lag in dem Satz, und San schien es zu bemerken, denn er beeilte sich hinzuzufügen. »Wenn es dir recht ist, natürlich nur.«
Amhal zögerte. Der Gedanke kam ihm wie Verrat vor, wie ein entsetzlicher Verrat. Wann war sein Meister gestorben? Vor gerade mal sechs, sieben Tagen. War er denn schon bereit, ihn zu ersetzen? Und dann noch durch San, an dem
er doch, vor gar nicht langer Zeit, selbst noch gezweifelt hatte. »Ich …«
»Ich will ganz offen sein«, sagte San, wobei er sich zu ihm vorbeugte. »Ich weiß, dass es leichter ist, sich hier zu verkriechen und sich selbst etwas vorzuheulen. Es ist irgendwie tröstlich, oder irre ich mich?«
Amhal schämte sich für sich selbst. Es stimmte. Er hatte schon begonnen, sich in dem Schmerz einzurichten, ihn wie einen Freund zu mögen.
»Aber das kann nicht immer so weitergehen. Dort draußen wartet eine Welt auf dich. Doch sie wird weiterziehen, wenn du zauderst und dich noch länger hier drinnen verschanzt. Ich werde dir deinen Meister niemals ersetzen können, und das ist auch nicht meine Absicht. Was ich möchte, ist nur, dich in dieser schweren Zeit zu begleiten und dir zu helfen, dich der Welt zu stellen.«
Amhal starrte auf seine Hände, die er unablässig rang. Sich der Welt stellen.
Und weiter wachsen, lernen …
Es war ganz ähnlich dem, was Adhara am Vorabend zu ihm gesagt hatte. Doch hatte sie ihn nicht so überzeugen können wie San jetzt. Er dachte an sein langes, beidhändig zu führendes Schwert und die vielen Übungsstunden mit ihm.
Er hob den Blick. »Aber ich bräuchte eine Luftveränderung«, erklärte er mit entschlossener Miene.
Sans Gesicht verzog sich zu einem schiefen Lächeln. »Ganz, wie du möchtest.«
Tief verneigte sich San vor Learcos Thron. Neor war an diesem Tag nicht anwesend. Besser so. Er mochte ihn nicht besonders. Schon wie er ihn anschaute mit diesem durchdringenden Blick, der ihn in Verlegenheit brachte. Der Prinz war ein heller Kopf, zu hell, das hatte er sofort erkannt.
»Lass doch diese Förmlichkeiten.«
San lächelte bei sich. Beim König hingegen hatte er leichtes Spiel. Der mochte ihn – und vertraute ihm. »Ich bin gekommen, um Euch um eine Gunst zu bitten, Herr«, sagte er, während er sich aufrichtete.
»Aber, San, was ist geschehen? Warum bleibst du nicht beim Du? Wenn ich mich nicht irre, warst du weniger förmlich, als du zu uns kamst.«
»Mag sein, Herr, aber da zählte ich auch noch nicht zu Euren Rittern und hatte Euch nicht um eine Gunst zu bitten.«
Learco lächelte freundlich. »Gut, so sei es. Sprich!«
»Ich bitte Euch, Makrat verlassen zu dürfen, um in den verseuchten Gebieten eingesetzt zu werden.«
Learco erbleichte. »Was veranlasst dich zu dieser Bitte?«
»Die Bitte geht nicht auf mich zurück«, antwortete San, und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: »Es war Amhal, der Schüler Miras, der sie an mich richtete. Ihr wisst wohl, dass ich seine weitere Ausbildung übernommen habe.«
Learco nickte ernst. »Ja, das ist mir bekannt … Aber woher dieser Einfall?«
San dachte zurück an den Moment zwei Tage zuvor, als Amhal diesen Wunsch geäußert hatte. »Ich möchte fort von diesem Hof, fort von dem Leben, das ich an Miras Seite führte. Ich will hinaus ins wirkliche Leben, etwas tun, mir die Hände schmutzig machen, mich ablenken von allem, was mich an Mira erinnern könnte. Ich will in die von der Seuche befallenen Gebiete.«
Und er hatte dem sofort zugestimmt.
»Der junge Mann braucht eine Luftveränderung, Ablenkung, etwas, das ihn auf andere Gedanken bringt.« San schluckte und setzte eine betrübte Miene auf. »Es wird ihm guttun, wenn er mal eine Weile von allem fort ist, was ihn an die Vergangenheit erinnert. Ich weiß, wovon ich rede … Ich habe das alles schon selbst durchgemacht.«
»Aber das ist gefährlich«, bemerkte Learco, nachdem er
einen Moment nachgedacht hatte. »Ich wäre untröstlich, wenn mir die Seuche einen so wertvollen Mann wie Euch nehmen würde.«
»Wie Ihr wisst, ist Amhal immun. Sein Nymphenblut schützt ihn. Und ich … nun, die Krankheit scheint bei einigen Rassen weniger aggressiv
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