Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
zu sein. Vielleicht genießen auch Halbelfen einen gewissen Schutz.«
Der König musterte ihn lange, und in seinem Blick erkannte San die ganze Zuneigung, die dieser Mann für ihn hegte: Offenbar wollte Learco ihn nicht schon wieder verlieren, nachdem er ihn endlich nach so langer Zeit wiedergefunden hatte. Es war ihm unbehaglich zumute, und seine Gedanken wanderten zu dem blutgefüllten Fläschchen, das ihm einige Monate zuvor der Elf in einer verrauchten Schenke in Neu-Enawar ausgehändigt hatte. Er spannte den Kiefer an.
»Ach, San, ich weiß wirklich nicht, was ich sagen soll. Deine Arbeit in Makrat ist sehr wertvoll für uns, aber natürlich möchte ich auch nicht, dass du dich hier wie ein Gefangener fühlst.«
»Das habe ich nie getan. Und ich werde mich Eurer Entscheidung auch auf alle Fälle beugen, egal wie sie ausfallen mag. Wenn ich heute diese Bitte an Euch richte, dann nur, weil ich überzeugt bin, dass es für alle das Beste ist.«
Stille machte sich im Thronsaal breit, dann endlich erklärte Learco mit einem betrübten Lächeln: »Ich gebe dir einen Monat. Stimme dich mit dem Obersten General darüber ab, in welches Gebiet ihr ihn verbringen werdet.«
San beugte das Knie. »Ich danke Euch, Majestät.«
»Und komm mir heil zurück«, fügte Learco leise hinzu.
San lächelte selbstgewiss.
Die Vorbereitungen hatten nur wenige Tage in Anspruch genommen. Amhal wollte so schnell wie möglich fort. Alle Dinge, die zu seinem alten Leben gehörten, verbrannte er
und nahm nur das mit, was ihm immer schon unentbehrlich war: sein Schwert und ein paar Bücher. Am Abend vor ihrer Abreise beschloss er dann, dem Wichtigsten, was er zurücklassen würde, Lebewohl zu sagen.
Er ging zu ihr, schritt zum letzten Mal über den breiten Kiesweg, der zum Palast führte. Dichter Regen fiel. Gewiss, er würde zurückkehren, aber dann würde er ein anderer sein. Ja, in mancher Hinsicht war er bereits ein anderer geworden.
Adhara empfing ihn im Park unter dem Bogengang. Sie zitterte. Amhal wusste nicht, ob es die Kälte war oder die Aufregung, ihn wiederzusehen. Sie umarmte ihn stürmisch, drückte ihn fest, und er ließ es geschehen, atmete mit tiefen Zügen den frischen Geruch ihrer Haut ein, fuhr mit den Händen das Profil ihrer schmalen Hüften nach.
»Geht es dir besser?«, fragte Adhara mit hoffnungsvollem Blick.
Statt einer Antwort lächelte er nur traurig.
Schließlich unterhielten sie sich über dies und das. Die Belanglosigkeiten des Alltags, über Amina, die weiter ihre Launen zeigte, das Training.
»Ich gehe fort«, fand Amhal plötzlich den Mut zu sagen.
Adhara erstarb das Lächeln auf den Lippen.
»Ich brauche das«, fügte er hinzu, wobei er den Blick abwandte. »Hier erinnert mich alles an Mira. Wie könnte ich hier vergessen …? In einer anderen Umgebung, mit einer anderen Aufgabe, vielleicht …«
»Wohin?«, fragte sie mit kaum vernehmlicher Stimme.
»In den nördlichen Wald.«
»Speis mich nicht mit Namen ab. Du weißt, dass ich nichts damit anfangen kann«, erwiderte sie, nur mühsam ihren Zorn unterdrückend. »Und schau mich an!«
Er wandte ihr das Gesicht zu. Wunderschön kam sie ihm vor, blass und besorgt. Er dachte an alles, was zwischen ihnen gewesen war, und an die vielen Dinge, die sie versäumt hatten. Doch vor allem zwang er sich, an den Abend zu denken,
an dem er ihr fast etwas angetan hätte. Bei diesem Gefühl musste er verweilen, wenn es ihm gelingen sollte, ihr Lebewohl zu sagen.
»Der liegt im Norden des Landes der Sonne. Dort wütet die Seuche bereits, und es werden viele Soldaten gebraucht. Da ich immun bin, kann ich …«
Ein einzelner Schluchzer entfuhr ihr, und sie konnte seinem Blick nicht mehr standhalten. Die Arme über der Brust verschränkt, stand sie da und schaute zu Boden, während ihr die Tränen hinunterliefen und auf die Marmorplatten des Laubengangs tropften.
Amhal spürte, wie ihm der Anblick das Herz zusammenschnürte. Und stellte sich vor zu bleiben. Ihretwegen. Bilder einer anderen Zukunft schossen ihm durch den Kopf, eines Lebens, in dem er sie frei lieben konnte, ohne fürchten zu müssen, ihr wehzutun, sie zu zerstören. Doch gleichzeitig wusste er, dass es unmöglich war. Zurzeit wenigstens.
»Es ist ja nicht für immer …«
»Du hattest mir gesagt, du würdest in der Stadt bleiben …«
»Schon … Aber jetzt ist San mein Meister, und wo er ist, muss auch ich sein.«
Adharas Augen funkelten. »Dann war das seine Idee?«
»Nein,
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