Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
würde. Und der schien auch wirklich flinker, stärker zu sein, denn unaufhaltsam wütete sein Schwert.
Da sah sie, wie in seinem Rücken etwas aufblitzte. »Achtung!«, schrie sie, ohne auch nur einen Augenblick lang nachzudenken, aus voller Kehle.
Sich wegduckend, fuhr der Soldat herum. Der Dolch des zweiten Mannes, der das Getümmel genutzt hatte, um sich von hinten heranzuschleichen und zuzustechen, streifte sei – ne Schulter. Doch er gab nichts darauf, schwang sein Schwert und stieß es tief hinein in den Unterleib des Feindes. Wieder in die Knie gehend, holte er noch einmal aus und ließ die Waffe mit einem mächtigen Hieb gegen die Beine seines Widersachers fahren, der aufschrie und zu Boden stürzte. Sogleich war der Soldat über ihm. Einen Augenblick lang schien er zu verharren und ihn zu betrachten: Dieser Feind war besiegt, unschädlich, wehrlos. Doch es sah aus, als weide er sich an dessen Schwäche, während sich ein unheimliches, zufriedenes Lächeln auf seinen Lippen ausbreitete. In den Augen des Mannes unter ihm erkannte das Mädchen ein verzweifeltes Flehen. Und einen Moment lang schien der Soldat es erhören zu wollen. Doch dann schloss er die Augen und versenkte die Klinge, blickte auf zur Decke, während der Stahl langsam immer tiefer in das Fleisch unter ihm eindrang.
Ein heftiger Schauer überkam das Mädchen, denn ihr war, als genieße der Soldat dieses langsame Sterben, als erfreue er sich an jeder Facette des Schmerzes, den er dem besiegten Feind zufügte. Dann endlich verstummte der Mann, das Röcheln hörte auf, und der Soldat ließ sich auf sein Schwert niedersinken.
Er nahm eine Hand vor das Gesicht und verharrte so einen Moment. Dann zog er mit Schwung das Schwert aus dem toten Fleisch und entfernte sich fast angewidert von den leblosen Körpern.
Er trat auf sie zu, beugte sich ein wenig zu ihr hinab, so dass das Mädchen ihn zum ersten Mal genauer erkennen konnte. Er war nicht viel älter als sie selbst, hatte langes kastanienbraunes Haar, das zu einem Pferdeschwanz gebunden war, der sich während des Kampfes ein wenig gelöst hatte. Mager und blass sah der Mann aus, doch was bei ihr den stärksten Eindruck hinterließ, waren seine Augen. Die Fackel war im Getümmel zu Boden gefallen und erloschen, doch auch in dem fahlen Licht schien das Grün seiner Augen noch zu leuchten. In seinem Blick stand echte Sorge. Schwer atmend von der Anstrengung, das bluttriefende Schwert in der Hand, sprach er sie an: »Ist dir etwas geschehen? Bist du verletzt?«
Vielleicht lag es am Tonfall, in dem er das sagte, oder vielleicht auch an diesen Augen, jedenfalls war ihr, als sei er tatsächlich besorgt um sie. Es war ein Gefühl, das etwas in ihr löste. Und sie fiel ihm um den Hals und begann hemmungslos zu weinen.
»Danke, danke …«, schluchzte sie.
Nach einer Weile spürte sie, wie er eine Hand, groß und warm, auf ihre Schulter legte.
3
Die Suche
W ind im Gesicht. Ein leeres Gefühl im Magen. Er flog. Unter ihm zog die Welt vorüber: Flüsse, Wälder, Dörfer … Als er ein wenig die Augen hob, fiel sein Blick auf flammend rote Schuppen. Ein dumpfes, regelmäßiges Geräusch erregte seine Aufmerksamkeit. Er wandte den Kopf zur Seite und blickte auf riesige, schwarze Flügel, die sich auf- und abschwingend im Wind blähten und sie beide in der Luft hielten, ihn selbst und diesen gigantischen Leib, der ihn trug. Er ritt auf einem Drachen. Da schloss er die Augen, und ihm war, als ziehe ihn etwas fort, weit in die Ferne, und als er sie wieder öffnete, ritt er nicht mehr, sondern schwebte wie ein Geist durch die Lüfte, und auf dem Drachen saß ein anderer, eine Person, von der er lediglich den Rücken sehen konnte.
Er sammelte sich, um seinen Blick zu weiten und dem unbekannten Ritter ins Gesicht zu schauen.
»Ein Bier?«
Der Mann in Schwarz schrak zusammen. Blickte sich um. Er saß in einer verrauchten Wirtsstube voller lärmender Gäste. Soldaten größtenteils. Seine Hände ruhten auf einer Tischplatte aus grobem Holz.
»Ein Bier?«, fragte jemand noch mal nach.
Der Mann fuhr herum. Eine beleibte Magd mit den Zügen einer Bauersfrau hatte ihn angesprochen. Sie war sehr jung. Und da fiel ihm alles wieder ein. Ja, er hatte dieses Wirtshaus
aufgesucht, um ihn zu treffen. Er selbst hatte ihn hierher bestellt. Und dann hatte ihn die Vision überkommen, plötzlich und unerwartet, so wie immer, und ihn in eine andere Welt entführt.
Er lächelte. »Ja, einen Krug bitte.«
Die junge
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