Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
verbargen oder gar mit ihnen verschmolzen. Und ein Wort – Kahyr: wieder und wieder gerufen aus unzähligen Kehlen, niedergeschrieben überall, auf Baumstämmen, den Brettern der Hütten, sogar auf dem Wasserspiegel.
»In seinen Adern wird Nymphenblut fließen«, erklärte der Mann in Schwarz eines Tages an Kryss gewandt.
Der Herrscher schaute ihn fragend an. »Von wem sprichst du?«
»Vom nächsten Marvash, den der greise Priester im Tempel prophezeit hat. Er wird Nymphenblut haben.« Und dann erzählte er Kryss von seinem Traum.
Als er geendet hatte, kratzte sich dieser lange nachdenklich am Kinn. »Wie würdest du die Prophezeiung nun deuten?«, fragte er.
»Das scheint mir auf der Hand zu liegen: Das Blut der Nymphen ist durchscheinend wie Wasser, und so wird auch Marvashs Blut sein. Daher erscheint mir in meinem Traum ein Dorf im Land des Wassers.«
Als er diesen Namen, Land des Wassers, hörte, zuckte Kryss kaum merklich zusammen.
»Und dann dieses Wort: Kahyr … Ich denke, so wird das Dorf heißen. Marvash muss von dort stammen, irgendwie …«
Die Augen des Herrschers funkelten grimmig. »Du glaubst also, wir können ihn finden? Du meinst, Marvash auf die Spur kommen zu können?«
Der Mann in Schwarz lächelte. »Meine Träume zeigen doch, wie ich ihn wahrzunehmen beginne. Er ist bereits da, irgendwo in der Aufgetauchten Welt. Und er erwartet mich.«
»Du musst ihn finden!«, rief der Herrscher erregt. »Mit euch beiden, dir und ihm, auf unserer Seite kann der Traum Wirklichkeit werden. Ihr beide seid Waffen, die nicht fehlen dürfen in meinem Arsenal, wenn es mir gelingen soll, meinem Volk das zurückzugeben, was ihm zusteht.«
»Ich könnte mich auf die Suche nach ihm machen und mich mit ihm zusammentun, wenn ich ihn gefunden habe. Aber wirst du dann auch dein Versprechen halten?«
Kryss lachte grausam. »Ist dies nicht dein Schicksal? Ihn aufzuspüren und dich mit ihm zu vereinen?«
»Ach was, Schicksal. Das habe ich alles schon hinter mir gelassen. Nur ein einziges Ziel treibt mich an, und das ist dir wohlvertraut.«
Ein langes, vielsagendes Schweigen folgte seinen Worten. Schließlich lehnte sich Kryss, gelassener nun, auf seinem Sessel zurück und erklärte: »Ich habe dir ein Versprechen gegeben. Und das werde ich halten. Bring mir Marvash, und wenn alles getan und die Aufgetauchte Welt wieder in die
Hände ihrer rechtmäßigen Besitzer zurückgefallen ist, sollst du auch erhalten, worauf du aus bist.«
Der Mann in Schwarz verneigte sich.
Und so hatte alles begonnen.
Er war zurückgekehrt. Gegen seinen erklärten Willen und obwohl er geschworen hatte, nie mehr einen Fuß in dieses Gebiet zu setzen. Als er zum ersten Mal wieder im Land des Wassers unterwegs war, spürte er, wie ihn eine tiefe Niedergeschlagenheit überkam. Es war viel geschehen seit damals, und doch machte es ihm immer noch zu schaffen.
Es war nicht so einfach, dieses Nest ausfindig zu machen. Im Land des Wassers wimmelte es von Dörfern, die wie das in seinem Traum aussahen und so winzig waren, dass kaum jemand sie alle kannte.
Lange Zeit war er suchend kreuz und quer durch das Land gestreift. Dann die ersten verstreuten Hinweise, Mutmaßungen, bis er schließlich auf den Weg gelangte, der ihn an sein Ziel führte: nach Kahyr. Einige wenige Pfahlbauten in einem winzigen Wasserlauf, bewohnt von Fischern zumeist, und umgeben von einem Wald, der den Nymphen Heimstatt bot, die so ihr Leben mit den Menschen teilten.
»Damahar, ›Experiment‹, wird dieser Ort genannt«, erklärte ihm eine Frau aus dem Dorf, die als Einzige bereit war, ihm Auskunft zu geben. »Denn es ist ja noch nicht lange her, das wir Menschen uns wieder mit den Nymphen zusammengetan haben.«
Der Mann in Schwarz schaute sie fragend an.
»Woher kommst du?«, wollte die Frau jetzt wissen.
Er machte eine unbestimmte Handbewegung. »Von weit her. Und ich bin lange nicht hier gewesen.«
Die Frau holte Luft und begann zu erzählen: »Bis vor zwanzig Jahren noch war dieses Land geteilt: in die Mark der Sümpfe im Norden, wo wir Menschen lebten, und die Mark der Wälder im Süden, die von Nymphen bewohnt war.«
»Ja, das weiß ich noch«, warf der Mann ein.
»Nun, und dann wurde irgendwann beschlossen, es noch einmal mit einer gemeinsamen Regierung zu versuchen, so wie vor langer, langer Zeit, als Nihal noch lebte. Genau genommen, war es eine Idee von König Learco, dem König des Landes der Sonne und Stifter des Friedens, den wir jetzt
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