Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
Atem geatmet, von seinem Wasser getrunken, sein Schicksal geteilt. Als sie dann selbst erkrankt war, merkte sie bestürzt, dass sie sich im tiefsten Innern wünschte, mit ihm zu sterben.
Dann kam das Fieber, und damit die Blutungen, die Schmerzen. Dennoch blieb sie an diesem Sterbelager, hielt weiter seine Hand, auch als er längst schon nicht mehr bei Bewusstsein war. Sie wusste, wie es enden würde, und wollte daher jeden Augenblick auskosten, den das Schicksal ihr noch an Learcos Seite schenkte, so entsetzlich die Lage auch war. Nur mit größter Mühe konnte Theana sie dazu bewegen, sich behandeln zu lassen.
»Du darfst dich nicht aufgeben«, hatte sie die Freundin angefleht.
»Ich gebe mich nicht auf«, hatte Dubhe unter heftigen Schmerzen gestöhnt, »aber ich möchte bis zuletzt an seiner Seite sein.«
Dann war ihr Fieber langsam gesunken, die Blutungen kamen zum Stillstand, und langsam erholte sie sich. Gerade rechtzeitig, um die letzten Augenblicke im Leben ihres Mannes mitzuerleben.
Während sie so im Regen vor dem Scheiterhaufen gestanden und zugesehen hatte, wie der Rauch hoch zum Himmel stieg, war ihr vieles durch den Kopf gegangen: ihr Sohn, der jetzt nicht bei ihnen sein konnte, der ausgestorbene Palast, das von der Seuche verheerte Makrat. Sie dachte an die langen Jahre an Learcos Seite, an Jubel, Freude und Leid, an ein ganzes Leben, das hier in Rauch aufging.
Die Dubhe jener Jahre starb mit diesem Tag. Jene Dubhe, die dem Wunder einer fünfzigjährigen Friedenszeit beigewohnt hatte, floss mit dem Regen dahin. Und die frühere Dubhe, das junge, verlassene Mädchen, die Einbrecherin und Mörderin, kam langsam wieder zum Vorschein. Denn das war es, was die Gegenwart nun verlangte: Ein Kreislauf war vollendet, und die Geschichte wiederholte sich. Learco hatte für ihre besten Seiten gestanden, und mit ihm hatte sie Mut und Kraft verloren. Was ihr jetzt noch blieb, war aber ihre Zähigkeit.
Nach einem Gang durch die leeren Säle des Palastes wieder in ihrem Gemach, hatte sie sich im Spiegel betrachtet. Eine Gesichtshälfte war fast schwarz. Ein unauslöschliches Zeichen der Seuche. Die Trauer um Learco würde ihr auf ewig ins Gesicht geschrieben sein. Um Jahre gealtert sah sie sich, aber nicht besiegt, das nicht. Denn Learco hatte ihr ein Erbe hinterlassen, das sie zu bewahren und, sei es auch um den Preis ihres eigenen Lebens, zu schützen hatte.
In diesem Moment war der Bote eingetroffen, war atemlos, ohne anzuklopfen, mitten ins Zimmer gestürmt, hatte das Knie gebeugt und erklärt: »Majestät, ich habe eine wichtige Nachricht für Euch.«
Und die Königin hatte sich aufgesetzt und aufmerksam zugehört.
Nun betraten die beiden Frauen Theanas Zelt. Die Gläser, Fläschchen, Behälter mit Kräutern und Lösungen, die überall herumstanden, zeugten von der Arbeit der Hohepriesterin, die weiterhin fieberhaft nach einem Heilmittel forschte.
»Wie geht es dir?«, fragte Dubhe, während sie sich die müden Augen rieb.
Theana dachte, dass die Freundin in gewisser Weise wieder an das junge Mädchen erinnerte, das sie vor vielen Jahren kennengelernt hatte, nicht zuletzt durch ihre Kleider: schwarz, ganz aus Leder und Stiefel dazu. »Bis jetzt bin ich
noch nicht erkrankt«, erklärte die Hohepriesterin. »Ich glaube fast, den Leuten kommt das schon verdächtig vor.« Sie nahm Platz und blickte die Königin aufmerksam an. »Nun erzähl mal, was sind das für gewichtige Gründe, die dich hergeführt haben?«
Schweigend erwiderte Dubhe den Blick, bevor sie endlich begann.
»Einer meiner Agenten, die ich in die Unerforschten Lan – de jenseits des Saars ausgesandt hatte, hat mir eine Botschaft zukommen lassen.«
Theana horchte auf. Sie hatte selbst an der Versammlung teilgenommen, in deren Verlauf Neor seiner Mutter nahegelegt hatte, im Land der Elfen Erkundigungen einzuholen.
»Einer meiner Hofmagier empfing die Botschaft. Sie klingt sehr wirr und lässt vermuten, dass sie unter schwierigsten Bedingungen verfasst wurde. Vielleicht ist meinem Agenten etwas Schlimmes zugestoßen.«
»Was besagt sie denn?«
»Es ist nur ein Fragment. Die Übertragung ist nicht recht gelungen, und deswegen ergibt der Text kaum einen Sinn.« Dubhe griff in ihre Tasche und holte eine Pergamentseite hervor.
Theana nahm sie entgegen. Wie sie sofort sah, handelte es sich um das Blatt, auf dem der Magier die von dem Agenten gesandte Botschaft festgehalten hatte: Unverkennbar war die spezielle Form der
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