Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
Front verbracht hatte. Aber selbst in einer Schlacht gekämpft hatte sie nie.
Und doch wusste sie, was zu tun war. Ihr Körper und die Erinnerung an die Bilder des kämpfenden Learco leiteten sie.
Das Schwert in der einen, den Dolch in der anderen Hand, warf sie sich auf die Feinde. Sie verschwendete keine Zeit damit, sich die Angreifer genauer anzuschauen, nahm nur nebenbei wahr, dass ihre Proportionen auf bestimmte Weise nicht menschlich waren.
Sie wusste, wohin sie sich wenden musste. Umgeben von niedergestochenen Körpern, Regen und Schlamm, lief sie zur Lagerleitung, nicht mehr als ein Zelt, in dem der General – ein Drachenritter -, der das Lager führte, mit seinen Männern zu Besprechungen zusammenkam. Es stand in Flammen. Ein junger Soldat kam gerade brennend, unmenschliche Schreie ausstoßend, herausgerannt. Entschlossen, sich von dem Grauen nicht aufhalten zu lassen, schaute Dubhe sich
um. Wo war der Drachenritter? Sie musste ihn finden. Es war nur ein einziger Lindwurm. Mit einem Drachen ließe er sich bekämpfen.
Sie entdeckte den Mann nicht weit entfernt, umringt von einer Schar dieser so fremdartig aussehenden Soldaten, die wie ausgehungerte Geier über das Lager hergefallen waren. Sie rannte hin, um ihm beizuspringen.
Schwert und Dolch schwingend, spürte sie, wie ihre Gelenke knirschten, sich ihre Muskeln bis zum Zerreißen spannten.
Das ist nichts mehr für dich in deinem Alter. Dein Körper ist doch nicht mehr der, der er einmal war.
Da, ein brennender Schmerz im Rücken. Sie schrie auf und stürzte in den Morast. Über ihr ging der Kampf weiter. Sie hörte hektische Schritte, Schwerterklirren, Gebrüll …
Langsam führte sie eine Hand zum Rücken, zu einer klaffenden Wunde, aus der das Blut strömte. Da spürte sie plötzlich, wie etwas Schweres auf ihre Beine fiel, so dass sie sich kaum noch rühren konnte, und sah, dass sich die Angreifer in Scharen anderswohin wandten. Flammen, wieder neue Flammen und ein noch schärferer Brandgestank.
Dubhe versuchte, sich aufzurichten. Auf ihren Beinen lag ein Toter. Es war der Drachenritter.
Sie hatte Mühe, ihn fortzuschieben und sich von dem Gewicht zu befreien. Im Kampf war ihr das Schwert entglitten, doch es lag gleich neben ihr. Darauf stützte sie sich und stemmte sich hoch. Als sie merkte, dass ihre Beine sie immer noch trugen, begann sie zu rennen.
Sie musste Theana finden. Vielleicht wusste sie, wie man einen Drachen ritt, wie man es anstellte, ihn in den Kampf gegen den Lindwurm zu führen.
Da hallte ihr ein mächtiges Dröhnen durch den Schädel, und als sie aufblickte, sah sie, wie die Bestie im Gleitflug über das Lager schwebte und dabei unablässig ihren Feueratem ausstieß. Weitere Flammen. Und Dubhe musste hindurch,
konnte sich nur auf den schwachen Schutz ihrer regendurchtränkten Kleider verlassen.
Die Schattenkämpferin blickte sich um. Zerstörung überall, brennende Zelte, Schreie, leblose Körper am Boden. Und dazwischen diese feindlichen Soldaten mit ihren seltsam schlanken Leibern, die jetzt fast ohne Widerstand durch das Lager stürmten. Dubhe begriff, dass hier nichts mehr zu retten war.
Einen Arm vor dem Mund, um sich gegen den beißenden Rauch zu schützen, der alles einhüllte, rannte sie einfach weiter. Mit letzten Kräften schaffte sie es, sich auf den Beinen zu halten. Da und dort trat ihr ein Feind in den Weg, und es kostete sie eine enorme Anstrengung, sich immer wieder dem Kampf zu stellen, die lahmen Muskeln anzuspannen, mit schweren Armen das Schwert zu führen. Parade, Schwung, Stoß und dann der dumpfe Schlag, wenn der Feind in den Schlamm sank. Und immer so weiter, im prasselnden Regen, verzweifelt.
Sie fand Theana am Boden liegend in ihrem bereits halb von den Flammen verschlungenen Zelt. Über ihr das, was von einem schweren Tisch übrig war. Gläser und Fläschchen verstreut am Boden, brennende Pergamentseiten um sie herum.
Sie stürzte zu ihr, befreite sie von den Holzbalken, die sie begraben hatten. »Bist du verletzt?«, rief sie.
Die Hohepriesterin schüttelte benommen den Kopf.
»Wir müssen hier fort«, sagte Dubhe und half ihr auf.
»Was ist denn überhaupt los?«
»Wir sind angegriffen worden. Das Lager ist wohl verloren. Wir haben keine andere Wahl, wir müssen hier fort.«
Einen Moment lang standen sie vor dem brennenden Zelt und schauten sich nach einem möglichen Fluchtweg um. Die Flammen waren überall, und anstatt sie zu löschen, schien der Regen sie noch stärker zu entfachen.
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