Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
war, als sei dies alles bereits im Voraus festgelegt worden, ja, früher schon einmal geschehen: Wie sie sich bewegten, die Waffen führten, wie er zauberte und sie darauf antwortete, mit magischen Kräften, die wie selbstverständlich, instinktiv, wohltuend aus ihren Händen strömten. Wie Sans kristallenes Schwert und ihr Dolch vielfarbige Bögen in die modrige Luft zeichneten, ihre sich kreuzenden Klingen klirrten, wie die Zauberformeln, die beide ausstießen, durch den zerstörten Saal hallten, Formeln der Schwarzen Magie von San, und Abwehrzauber von Adhara, die ihr ganz natürlich über die Lippen kamen: All das war nicht neu!
Zornig wurde sich Adhara bewusst, dass San Recht hatte. Es war Geschichte. Es war die Geschichte der Aufgetauchten Welt. Dieser Kampf hatte bereits stattgefunden, und das nicht nur einmal, sondern unzählige Male im Lauf der Jahrhunderte. So stand es geschrieben. So musste es sein.
Amhal stand ihn einer Ecke und beobachtete, ohne einzugreifen, den Kampf.
Jetzt lösten sich die beiden wieder voneinander. San fasste sich an die Seite. Er blutete.
»Wäre ich im Vollbesitz meiner Kräfte, lebtest du schon lange nicht mehr. Oder habe ich dich vielleicht unterschätzt, und du bist doch mehr als ein bloßes Experiment?«
Wieder warf sie sich auf ihn, doch etwas bremste ihren Stoß. Wie versteinert starrte sie auf den Rücken eines Mannes, der buchstäblich aus dem Nichts vor ihr Gestalt angenommen hatte. Unwillkürlich wusste sie, wer er war.
»Nein, ein bloßes Experiment ist sie wirklich nicht!«
Es war die Stimme, die in ihren wirren Erinnerungen bis zur Erschöpfung immer wieder »Ich werde dich holen kommen« zu ihr gesagt hatte. Adhara erschauderte. Mit seinem
Schwert stieß der Mann Sans Klinge zur Seite und drehte sich zu ihr um.
»Bist du verletzt?«
Sein Bart, seine Haare, die Gesichtszüge, all das überlagerte sich mit dem Bild aus ihren Träumen, bis er ein Gesicht erhielt, dieser Fremde, der ihr versprochen hatte, zurückzukehren und sie zu holen.
»Wer bist du?«, murmelte Adhara.
Der Mann fand keine Zeit zu antworten. Ein Zischen, und Sans Schwert fuhr auf ihn nieder. Der Kampf hob wieder an, brutal, mit einem sicheren Sieger. Denn mit seinen Fechtkünsten schien dieser Fremde Sans geschmeidigen, kraftvollen, tödlichen Angriffen nicht annähernd gewachsen. Wieder ein mächtiger Hieb von der Seite, und der Mann wich zurück.
San nutzte die Gelegenheit, um zu verschnaufen. »Ich hätte nicht gedacht, dass einer überlebt hat«, murmelte er belustigt.
Der andere hob wieder sein Schwert. »Wir stehen unter Thenaars Schutz! Nichts kann uns aufhalten«, rief er.
San lachte auf. »Ach ja …? Dabei weißt du doch genau: Die Götter stehen auf meiner Seite! Mich kann nichts aufhalten! In die Geschichte, die sich hier zuträgt, kannst du nicht eingreifen. Denn sie ist festgeschrieben im Wesen der Aufgetauchten Welt.«
»Ich vielleicht nicht, aber sie!«, rief der Mann, wobei er Adharas Arm ergriff.
Mit einem Mal wurde San ernst. »Nein, sie ist nur ein Experiment, vielleicht gelungener als die anderen, aber dennoch nicht mehr als ein Experiment im Versuchslabor.«
Diesmal war es der Fremde, der lachte. Ein rätselhaftes Lachen. »Und warum hast du dir dann die Mühe gemacht, alle zu töten, die so sind wie sie? Sie ist die wahre Sheireen, und tief im Inneren spürst du das, Marvash.«
San fletschte die Zähne. »Lass sie gegen mich kämpfen, und wir werden sehen, wer siegreich sein wird.«
Noch fester packte der Fremde Adharas Arm. »Die Zeit ist noch nicht gekommen.«
»Was redet ihr denn da?« Adhara war zutiefst verwirrt. Wer war dieser Mann? Worüber redete er mit San? Und welche Rolle spielte Amhal in diesem sonderbaren Geschehen?
Sie machte sich los und streckte wieder den Dolch vor der Brust aus, während sie ein paar Schritte in Richtung Amhal zurückwich. »Euer irres Gefasel interessiert mich nicht.«
»Chandra, beruhig dich!«, forderte der Fremde sie auf, während er auf sie zutrat.
»Was mich interessiert, ist nur Amhal, verstanden? Und den nehme ich mit!«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Er ist dein Feind, Chandra. Auch er ist ein Marvash.«
Adhara überhörte es. »Amhal, steh auf und lass uns gehen! Was zum Teufel haben wir hier noch zu suchen?!«, rief sie.
Jetzt erst schien Amhal aus seiner Teilnahmslosigkeit zu erwachen. Er stand tatsächlich auf, blickte Adhara wortlos an und zog sein Schwert.
Einen Moment lang glaubte sie es, glaubte,
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