Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
unterdrücktem Zorn an und wandte sich dann wieder seiner Arbeit zu. »Ich bin nicht sauer auf dich«, sagte er dann leise. »Auf dich nicht.«
Adhara beobachtete, wie er, die Handflächen auf die Oberschenkel gelegt, kurz die Augen schloss und sich sammelte. Dann begann er etwas zu murmeln. Kurz darauf verfärbten sich seine Hände, schienen sich zu erwärmen und warfen ein schwaches Licht über die Wiese. Er legte die Hände auf die abgerupften Blätter und übertrug ihnen etwas von diesem Licht.
Magie , raunte ihr eine Stimme aus der Ferne zu. Das kennst du . Doch sie hätte nicht sagen können, um welchen Zauber es sich da handelte. Sie wusste nur, dass dieses Licht sie ruhig und friedlich stimmte, genau das, wonach sie sich im Augenblick sehnte.
Schließlich hielt Amhal inne. Die Hände kühlten ab, doch die Blätter strahlten noch eine Weile nach. Jetzt nahm er ein paar in die Hand und reichte sie ihr. »Iss!«
Zögernd gehorchte sie, kostete in kleinen Bissen davon, während er sich selbst eine ganze Handvoll in den Mund stopfte. Es war ein angenehmer Geschmack, der frisch und wohltuend die Kehle hinunterlief.
»Sollten wir uns angesteckt haben, wird das nicht reichen. Aber zumindest lässt sich damit der Zeitpunkt des Ausbruchs hinauszögern. Der eine hat doch gesagt, in zwei Tagen wären wir krank. Vielleicht gestehen uns diese Blätter einige mehr zu.«
Adhara erschauderte. »Glaubst du wirklich, dass wir uns angesteckt haben?«
Er wich ihrem Blick aus. »Keine Ahnung. Aber wir waren ganz nah bei den Toten und wissen nicht, wie sich die Krankheit überträgt. Allerdings haben wir auch die beiden Männer in Salazar berührt, und wenn die, wie du sagst, auch Flecken auf der Haut hatten, müssten wir eigentlich schon längst erkrankt sein. Immerhin ist das fast vier Tage her.«
Adhara legte eine Hand auf die Brust. Ihr war, als schmer – ze sie plötzlich und das Atmen falle ihr schwer. Ja, sie hatte Angst, entsetzliche Angst. »Was werden wir jetzt tun?«
»Wir warten ab«, seufzte Amhal. Er streckte eine Hand aus. »Reich mir deinen Dolch.«
Sie tat es, ohne Fragen zu stellen.
»Und deine Hand.«
Adhara zögerte. Wieder dachte sie an seinen irren Blick vorhin, an die Tatsache, dass er sich nicht in der Gewalt zu haben schien. Dann tat sie, was er verlangte. Sanft ergriff
Amhal ihre zitternde Hand und schloss dann seine Finger um ihren Zeigefinger.
»Das tut jetzt ein bisschen weh«, sagte er und stach im selben Moment mit der Dolchspitze hinein. Adhara entfuhr ein kurzes Stöhnen, während er die Wundränder zusammenpresste, bis ein kugelrunder, glänzender Blutstropfen hervortrat. Er saugte ihn fort, und ein eigentümlich warmes Gefühl überkam Adhara, als seine Lippen den Finger berührten. Verstört zog sie die Hand zurück.
Amhal richtete sich ein wenig auf und schloss die Augen, so als lasse er sich den Geschmack ihres Blutes auf der Zunge zergehen. »Du besitzt Nymphenblut«, erklärte er dann, wobei er sie eindringlich ansah. »Nicht sehr viel, aber doch spürbar.«
Sie schaute ihn verständnislos an.
»Dieser Mann im Dorf hat gesagt, dass Nymphen immun seien. Vielleicht bist du nur deswegen noch gesund.«
Eine Welle der Erleichterung überkam sie, doch nicht lange, und eine bohrende Sorge trübte diesen flüchtigen Trost. »Und was ist mit dir?«
Amhal lächelte bitter. Schon entblößte er seinen Oberarm, setzte die Dolchklinge an und schnitt sich mit einer einzigen Bewegung tief ins Fleisch.
Adhara packte seine Hand. »Hör doch auf!«, rief sie und schloss entsetzt die Augen.
Er nahm ihr Gesicht in die Hände. »Schau nur!«
Da öffnete sie die Augen und sah, wie eine zähe Flüssigkeit aus der Wunde hervorquoll, nur leicht gerötet und durchscheinend wie Wasser. Sie tippte mit dem Finger hinein. Frisch und kühl fühlte sie sich an.
»Nymphen sind aus Wasser, wunderschöne, ätherische Geschöpfe, und in ihren Adern fließt kein Blut, sondern Quellwasser. Meine Mutter hatte das gleiche Blut wie ich, frisch und transparent. Sie war eine Halbnymphe.«
Er war wieder ein Junge, lebte noch im Dorf, und der erste entsetzliche Wutausbruch lag noch nicht lange zurück. Das Bild war nicht verschwommen wie eine Erinnerung, sondern real, greifbar.
Es hatte nur ein Spiel sein sollen, um seinen Spielkameraden zu zeigen, über welche Kräfte er verfügte, wozu seine Hände fähig waren, welch erstaunliche Dinge ihm mit der Magie gelangen: kunterbunte Blitze hervorzaubern,
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