Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
Aufenthalt in Salazar um Jamila gekümmert hatte? Das war ein Fammin, ein Angehöriger jener Rasse todbringender, seelenloser Soldaten, die der Tyrann einst für seine Eroberungskriege geschaffen hatte.«
»Und ich soll so etwas wie ein Fammin sein?«
Amhal kicherte. »Wenn, dann aber eine sehr viel hübschere Ausgabe.«
Sie errötete. »Ja, aber ich wurde doch auch Opfer eines Zaubers, oder nicht?«
»Schon, das sagt zumindest dieser Priester.«
Adhara nahm noch einen Löffel Suppe. »Und der Tyrann, was ist aus dem geworden?«
»Der wurde besiegt von der größten Heldin unserer Zeit, einer wahren Kriegerin, der einzigen Frau, die es jemals geschafft hat, Drachenritter zu werden: Nihal.«
Adhara war wie vom Donner gerührt. Die Zeit schien stehen zu bleiben, ihr schwindelte, und der Raum um sie herum begann sich zu drehen. Nihal. Die Halbelfe. Das Mädchen mit den blauen Haaren und violetten Augen, Zauberin und Kriegerin, die Geweihte. Wie ein reißender Fluss überflutete diese Geschichte ihren Geist, tränkte ihn mit Bildern, Daten, Fakten.
»Aster …«
Amhal erstarrte. »Wie? Ja, gewiss, Aster, so hieß der Tyrann.«
Adhara schien wieder zu sich zu kommen. »Was meinst du?«
»Du sagtest, Aster. Das war der Name des Tyrannen.«
Adhara hielt den Löffel auf halber Höhe, und weiße, cremige Suppe tröpfelte auf die Tischplatte.
»Ich erinnere mich …«, raunte sie mit kaum vernehmbarer Stimme. »Ich erinnere mich an diese Geschichte … Nihal kam im Land der Tage zur Welt, wuchs aber in Salazar auf, bei Livon, ihrem Stiefvater, der sie bei sich aufgenommen hatte. Sie war eine Halbelfe, entstammte jenem Volk, das der Tyrann auslöschen ließ, obwohl er selbst ein Halbelf war … Ich erinnere mich!«
Heftig drückte sie Amhals Arm, und er schaute sie lächelnd an. »Offenbar kehrt dein Gedächtnis zurück.«
Seine Augen strahlten. Adhara ließ seinen Arm los. »Seltsam, dass ich mich an diese Geschichte erinnere. So plötzlich … Vorher hatte ich keinen Schimmer davon!«
»Ja, wart’s ab. Schlaf dich jetzt erst mal richtig aus, dann werden dir sicher alle Teile, die dir jetzt noch fehlen, auch noch einfallen«, machte ihr Amhal weiter Mut, während er seine leere Suppenschüssel von sich fortschob.
Adhara war außer sich vor Freude. Jetzt war sie auf der richtigen Spur. So langsam schien alles wieder ins Lot zu kommen.
Am nächsten Morgen machten sie sich kurz nach Tagesanbruch auf den Weg. Zwar waren in der Nacht keine weiteren Bruchstücke ihrer Erinnerung zurückgekehrt, aber dennoch war Adhara bester Stimmung. Nachdem es ihr so viele Tage lang nicht gelungen war, überhaupt irgendetwas ihrer Lebensgeschichte in sich wiederzufinden, war sie glücklich, nun immerhin über einige Hinweise zu verfügen, und mochten sie auch noch so schwer einzuordnen sein. Allerdings fiel ihr auf, dass Amhal dicke Ringe um die Augen hatte, und sie vermutete, dass er sich erneut mit seinen Übungen vollkommen verausgabt hatte. Aber Fragen stellte sie nicht.
Fast einen ganzen Tag lang flogen sie wieder über Seen und von glitzernden Bändern durchschnittene Wälder, wechselten aber kaum ein Wort miteinander.
Als es Abend wurde, schlugen sie auf einer Lichtung ihr Nachtlager auf. Während Jamila ein wenig entfernt im Gras lag, saßen sie vor dem Feuer und stärkten sich mit Trockenfleisch und Brot.
Wieder schien Amhal seltsam einsilbig.
»Was ist das für eine Stadt, zu der wir unterwegs sind?«, versuchte Adhara ihn irgendwann zum Reden zu bringen.
»Neu-Enawar? Das ist eigentlich eine sehr alte Stadt mit einer sehr bewegten Geschichte.«
Adhara blickte ihn aufmerksam an. »Erzähl mir doch ein wenig.«
Sie liebte es, von Amhal lernen zu können, liebte es, ihn reden zu hören und anzuschauen.
»Vor langer Zeit, vor vielleicht hundertfünfzig Jahren, stand dort eine prachtvolle Stadt namens Enawar, die dann vom Tyrannen dem Erdboden gleichgemacht wurde. Vielleicht hast du ja auch daran eine Erinnerung«
Adhara überlegte angestrengt. Ja, da war etwas. Es kam ihr bekannt vor.
»Kann sein«, antwortete sie.
»Wunderbar. Nun, während Dohors Herrschaft … Von dem habe ich dir doch schon erzählt, oder?«
Sie nickte. Dabei hatte sie eigentlich schon vergessen, um wen es sich dabei handelte. Anders als »Aster« und »Nihal« löste dieser Name nichts bei ihr aus.
»Also, in jenen langen Jahren, da Dohor den Plan verfolgte, die gesamte Aufgetauchte Welt in seine Gewalt zu bekommen, ließ man das
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