Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
Versuch. Diesmal hielt sie einen Herrn in einem eleganten Gewand an. Sie hob eine Hand, um auf sich aufmerksam zu machen, und schon begann der Mann, anstelle einer Antwort, in einem Beutel zu kramen, den er am Gürtel trug. Das Mädchen atmete erleichtert auf und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch der Mann kam ihr zuvor, indem er ihre Hand ergriff und ihr etwas hineindrückte, das sich kühl anfühlte.
»Hier, kauf dir wenigstens ein anständiges Kleid«, murmelte er, bevor er sich eilig entfernte.
Das Mädchen öffnete die Hand. Auf ihrer Handfläche blinkte golden eine kleine runde Scheibe, in die etwas eingraviert war: eigenartige Zeichen und ein stilisiertes Abbild des Turmes. Sie betrachtete sie genauer, und ganz langsam erhielten die Symbole einen Sinn.
50 HELLER
SALAZAR.
Laut versuchte sie, die Schrift zu lesen. Ihre Lippen bewegten sich, doch was herauskam, waren nur unverständliche Laute. Sie umschloss die Münze mit der Faust und schaute sich verwirrt um. Was waren Heller? Und was bedeutete Salazar? Als sie bemerkte, dass die Leute sie verwundert anblickten, bewegte sie sich unwillkürlich von der Straßenmitte fort, lehnte sich gegen eine Hauswand und atmete tief durch.
»Ein Teller gute Suppe! Nur einen halben Denar!«
Sie fuhr herum und blickte in das gerötete, pausbäckige Gesicht eines kleinen Mädchens mit einer Nase voller Sommersprossen und struppigen roten Haaren.
»Die Suppe ist wirklich gut«, setzte die Kleine mit einem Lächeln hinzu. »Pass auf, du kriegst auch noch eine Scheibe Brot dazu. Du siehst ja wirklich heruntergekommen aus.«
Das Mädchen versuchte zu sprechen, zu fragen, wo sie sich befand, zu erklären, dass es ihr nicht gutging und irgendetwas in ihrem Kopf passiert war. Doch was sie über die Lippen brachte, war nicht mehr als ein wirres Gemurmel.
Die Kleine musterte sie. »Kopf? Was ist mit deinem Kopf?«
Das Gesicht des Mädchens erstrahlte. Dann hatte sie also doch etwas Verständliches geäußert. Sie tippte sich gegen den Schädel. »Schmerz …«, versuchte sie zu erklären, in einem Mischmasch weiterer unklarer Worte.
Die Kleine stemmte die Hände in die Hüften und setzte ein verschmitztes Lächeln auf. »Ach, Kopfschmerzen hast du? Dagegen hilft nichts besser als eine kräftige Suppe.« Sie ergriff ihren Arm und zog sie mit sich, hinein in einen dieser erhellten Innenräume, die ihr gleich zu Beginn in dieser Straße aufgefallen waren.
Entgeistert schaute das Mädchen sich um. Sie stand in einem großen Saal mit gemauerten Wänden und einer hohen Decke, die von mächtigen Holzbalken getragen wurde. Zu einer Seite, in einer breiten Nische, knisterte ein Feuer. Vor
einer anderen Wand erblickte sie einen breiten Tisch voller Schüsseln und Gläser, an dem einige kräftige, schwitzende Männer hantierten. Darüber hinaus war der Raum voller Leute, die an langen Holztischen saßen, größtenteils Männer, von denen viele an der Seite Gegenstände trugen, die ähnlich wie ihr Dolch aussahen, aber länger waren.
Schwerter , sagte ihr die innere Stimme.
Die Kleine zog sie weiter durch den Saal bis zu einer Theke. »Kel, eine Suppe für meine Freundin!«, rief sie.
Einer der Männer, kahl, mit einem langen Bart, drehte sich um und bedachte die Fremde mit einem misstrauischen Blick. »Kann sie denn auch bezahlen, deine ›Freundin‹?«
Die Kleine mit den roten Haaren lächelte schelmisch. Sie nahm die Hand des Mädchens und ergriff die Münze, die darin lag. Das Mädchen wehrte sich, aber die andere verfügte über erstaunlich viel Kraft und drehte ihr das Handgelenk um.
»Stell dich nicht so an, ich will’s dir ja nicht stehlen!« Sie legte die Münze auf den Tisch. »Hier, siehst du? Meinst du, ich bringe dir Gäste, die kein Geld haben?«
Der kahlköpfige Mann lächelte auf eine Weise, die dem Mädchen nicht geheuer war. »Gut, soll sie ihre Suppe haben«, brummte er dazu und begann einen Teller zu füllen.
»Du kriegst auch noch etwas Wurst hinein, etwas Kräftigendes. Das kannst du brauchen«, fuhr die Kleine fort, wobei sie das Mädchen prüfend musterte.
Diese versuchte noch einmal, sich verständlich zu machen. »H… Hilfe …«
»Ja, klar, ich helfe dir doch, oder was glaubst du?«, antwortete die andere. »Fleisch würdest du mit deinem Geld jedenfalls nicht bekommen.« Sie führte das Mädchen zu einem Platz am äußeren Ende eines Tisches. »Setz dich schon mal, ich bring dir das Essen. Ach, ich heiße übrigens Galia«, fügte sie
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