Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
heraus.
Mit dem Rücken gegen die Hausmauer gelehnt, stand das Mädchen mit Brot und Käse – genau, so nannte man das – in der Hand da. Der schwache Funken von gerade eben war schon wieder verglommen. Doch zumindest war ihr Bauch gut gefüllt. Die Straße lag jetzt dunkel und verlassen vor ihr, und das Labyrinth der Gassen zu beiden Seiten kam ihr wie eine düstere Höhle voller Gefahren vor.
Und nun?
Kein Baum, auf dem sie hätte schlafen können. Nur nackter Stein.
Ich werde schon was finden.
Sie drückte Brot und Käse fest an die Brust und tauchte ins Dunkel der Turmstadt ein.
2
Amhal
E ine ganze Weile hörte das Mädchen nur ein einziges Geräusch: den gedämpften Widerhall ihrer Schritte auf der Straße. Obwohl sie die Füße wieder mit den Stoffstreifen umwickelt hatte, war das Laufen auf dem Stein alles andere als angenehm. Hart und holprig war das Pflaster, und die Kanten der Steinplatten schnitten ihr in die Füße, so dass sie immer wieder leise aufstöhnte. Sie brauchte jetzt schnell einen Platz für die Nacht. Da war es im Wald doch einfacher gewesen, einen Unterschlupf zu finden. Dort hatte sie gespürt, was am besten für sie war, dass es am sichersten war, zum Schlafen auf einen Baum zu klettern. Doch nun fehlte ihr jeglicher Anhaltspunkt. Zwischen diesen Mauern schien ihr Instinkt zu versagen. Seltsam, nun, da sie das Gefühl hatte, schon ein wenig mehr herausgefunden zu haben über sich und den Ort, an dem sie hier war, vernahm sie ihre innere Stimme viel seltener, so als werde diese von irgendetwas erstickt.
So streifte sie durch verlassene Gassen und breitere Straßen, die aber ebenso leer waren, und glaubte zu spüren, dass hinter den Mauern der Häuser friedliche Menschen lebten. Vielleicht hätte sie irgendwo anklopfen und ihre Lage erklären sollen. Aber mit welchen Worten? Und außerdem hatte sie an diesem Abend bereits erlebt, wie die Leute auf sie reagierten. Nein, sie musste sich etwas anderes einfallen lassen.
Es war reiner Zufall, dass sie sich vor der mächtigen Mau – er wiederfand, die den Turm umschloss. Bislang war sie nur zwischen den Häusern umhergeirrt, die sich außerhalb dieses Wohnturms an seinem Fuß ausbreiteten. Sie berührte die aus schweren Quadern bestehende Wand und schaute daran hinauf. Die Mauer war durchbrochen von zahllosen Fenstern, einige erhellt, andere von Läden verschlossen, nur wenige ganz dunkel. Vielleicht waren manche Behausungen in dem Turm unbewohnt, überlegte sie, vielleicht konnte sie dort einen Unterschlupf finden.
Dicht an die Mauer gepresst, machte sie sich auf die Suche nach irgendeinem Eingang. Der erste, auf den sie stieß, wurde von zwei bewaffneten Männern bewacht. Sie trugen eherne Brustharnische mit Symbolen darauf, die sie in der Dunkelheit nicht genauer erkennen konnte. Sich gleichgültig gebend, spazierte sie an ihnen vorüber.
Lange noch lief sie so weiter, während ihre Füße immer heftiger schmerzten und ihre Arme schwerer und schwerer wurden durch die wenn auch willkommene Last – Brot und Käse -, die sie in den Händen trug. Sie brauchte unbedingt einen sicheren Platz, um endlich zu schlafen.
Ihre Rettung war ein Durchschlupf in der Mauer, lediglich einige fehlende Steine, ein Loch, das sich auf einen Schlund so schwarz wie Pech öffnete. Sie versuchte abzuschätzen, ob sie hindurchpassen würde, sah an sich hinunter auf ihre schmalen Hüften, die zierlichen Brüste und schloss, dass sie es schaffen würde.
Schweren Herzens warf sie den Käse und das Brot durch die Öffnung auf die andere Seite und kroch dann hinein. Es ging leichter, als sie angenommen hatte, und erneut wunderte sie sich über ihre Gelenkigkeit. Behände krabbelte sie durch das Loch und ließ sich auf der anderen Seite, auf die Arme stützend, rasch zu Boden gleiten.
Es war stockfinster. Nur tastend fand sie Brot und Käse wieder, stand dann da und hörte ihr Herz pochen. Um sie
herum war alles schwarz. Einen Arm ausgestreckt, wagte sie einige unsichere Schritte, stieß mit dem Knie gegen eine Kante, fiel zu Boden und landete auf etwas Weichem. Einige Augenblicke blieb sie keuchend liegen. Ein mächtiger Schreck war ihr in die Glieder gefahren. Mit einer Hand strich sie über die Fläche, auf der sie gelandet war. Wie Stoff fühlte sie sich an, ja, wie ein dicker Stoffballen. Mühsam richtete sie sich auf und machte sich wieder daran, die Umgebung zu erkunden. Diesmal aber war sie vorsichtiger, streckte wieder die Hände aus und bemühte
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