Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
Hinsicht mitschuldig gemacht zu haben. Indem sie seine spezielle Arznei hatte anwenden lassen, hatte sie sich gewissermaßen zu seiner Komplizin gemacht und war für den Tod zahlreicher Nymphen mitverantwortlich. Allein bei dem Gedanken drehte sich ihr der Magen um.
Der junge Regent saß auf der gegenüberliegenden Seite des breiten Tisches, der einen Gutteil seines Arbeitszimmers, ein Raum im obersten Stockwerk des Palastes, einnahm. Dorthin zog er sich zurück, wenn die Last der Verantwortung für die Aufgetauchte Welt zu schwer für seine Schultern wurde. Er zeigte keine Regung, während er den Bericht durchlas, den Theana für ihn vorbereitet hatte. Nur sein Blick senkte sich Zeile für Zeile, bis er schließlich das Papier zur Seite legte.
»Hervorragende Arbeit«, war sein einziger Kommentar.
Theanas geballte Fäuste entspannten sich. »Es wird das Beste sein, diesen Mann schnellstmöglich seiner gerechten Strafe zuzuführen.«
»Dafür werde ich sorgen. Nach einem rechtmäßigen Gerichtsverfahren.«
Theana schien überrascht.
»Wir dürfen uns nicht zur Willkür hinreißen lassen«, kam Kalth einem Einwand zuvor.
»Aber die außergewöhnlichen Umstände…«
»Gewiss, die außergewöhnlichen Umstände, der Krieg, die Seuche … Gerade in solchen Zeiten gilt es aber, sich unerschütterlich nach den Gesetzen zu richten
und sie korrekt anzuwenden. Gerade weil die bewährte Ordnung missachtet wird, versinkt die Welt im Chaos. Und wenn wir überleben wollen, dürfen wir uns selbst nicht untreu werden.«
Theana trat einen Schritt auf den König zu. »Ihr habt sicher Recht, aber ich halte es für verfehlt, die leidige Geschichte öffentlich zu machen. Bereits heute werden Nymphen auf offener Straße erschlagen, weil man sie beschuldigt, die Seuche zu verbreiten. Wenn sich erst herumspricht, dass ihr Blut tatsächlich heilende Wirkung besitzt, wird es ein entsetzliches Gemetzel geben.«
»Da bin ich ganz Eurer Meinung. Und deshalb werde ich auch dafür sorgen, dass von dieser Geschichte nichts nach außen dringt. Der Prozess soll hinter verschlossenen Türen stattfinden.«
Theana atmete erleichtert auf und blickte den König dann wieder an. »Da wäre noch etwas anderes, worüber wir sprechen müssen.«
Der Junge nickte und war ganz Ohr.
Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang brach Theana auf. Kalth hatte ihr einen Drachen satteln lassen, der sie auf schnellstem Wege ins Land des Wassers bringen würde, und ihr noch einmal ans Herz gelegt, dass ihre Mission geheim bleiben müsse. Doch er hatte eine Gegenleistung verlangt.
»Ich weiß, Ihr habt Anweisung gegeben, die von Uro hergestellten Säfte vernichten zu lassen. Ich aber habe meinen Männern befohlen, sie nur zu beschlagnahmen.«
Theana hatte den jungen König fragend angeblickt.
»In diesen schweren Zeiten müssen wir versuchen, die Zahl der Opfer möglichst gering zu halten. Und eine weitere Ausbreitung der Seuche kann unser aller Ende bedeuten. Um dies zu verhindern, darf uns kein Preis zu hoch sein.«
Theana verstand, und es kam ihr zunächst ganz vernünftig vor, was Kalth weiter ausführte: »Die Nymphen, die umgebracht wurden, um diese Säfte herzustellen, können wir nicht wieder lebendig machen. Die Verbrechen wurden verübt, und Uro wird dafür bezahlen, und zwar sehr teuer. Aber ich sehe keinen Grund, weshalb die Opfer der Nymphen umsonst gewesen sein sollten. Denkt doch einmal nach. Vernichten wir die Elixiere, sind Dutzende Unschuldiger einen sinnlosen Tod gestorben.«
»Aber damit würde man Uros Untaten im Nachhinein aufwerten. Wenn nicht sogar rechtfertigen!«, hatte Theana protestiert.
»Nein, es geht doch nur darum, die Gelegenheit zu nutzen. Um sonst gar nichts. Es ist eine Sache, weitere Arznei nach Uros Methode herzustellen, eine ganz andere aber, die bereits zur Verfügung stehende auch einzusetzen.«
Nach einem langen Streitgespräch hatte Theana schließlich nachgegeben. Betört von Kalths unwiderlegbar logischen Argumenten und erschöpft durch die Schuldgefühle, die sie seit Tagen plagten, hatte sie ihre Einwilligung gegeben.
Als sie in ihr Arbeitszimmer hinuntergegangen war, um einige Dinge für die Reise zusammenzupacken, waren die Gefäße mit dem Mittel, die ihre Leute zu ihr
gebracht hatten, bereits verschwunden. Und damit hatte sich eine Bürde auf ihre Schultern gelegt, die sie auch noch schwer belastete, während sie auf dem Drachenrücken über Wälder und Wiesen schwebte.
Als das Land des Wassers
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