Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
war bedeutungslos. Wenn sie jetzt untätig blieb, hätte sie genauso gut von Amhals Hand sterben können.
Als sie nach einigen Tagen so weit genesen war, dass sie die Schmerzen gut ertragen konnte und der Heilpriester sie nicht mehr ruhigstellen musste, setzte sich ihre Großmutter zu ihr ans Bett und sah ihr fest in die Augen.
»Erzähl mir mal, was eigentlich passiert ist.«
Amina hatte ausreichend Zeit gehabt, sich eine Antwort zu überlegen. Die Wahrheit erzählen konnte sie jedenfalls nicht, genauso wenig, wie sie es Adhara gegenüber hatte tun können. Niemand durfte von ihren Racheplänen wissen, andernfalls würde man sie mit allen Mitteln davon abhalten. Aber sich eine einleuchtende Erklärung für ihre Flucht einfallen zu lassen, war auch nicht so einfach. Doch egal wie, jedenfalls wusste sie, was sie wollte und was sie brauchte: eine echte Ausbildung im Schwertkampf nämlich.
»Am Hof hatte ich das Gefühl, zu ersticken«, erklärte sie, und das war noch nicht einmal gelogen.
Ihre Großmutter schaute sie lange an, mit einem unbarmherzig forschenden Blick, der bis ins Innere ihrer Seele vorzudringen schien. »Das ist noch nicht alles. Ich will die Wahrheit wissen.«
Aminas Versuche, sich in ein hartnäckiges Schweigen zu hüllen, waren zum Scheitern verurteilt, denn Dubhe ließ nicht locker.
Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und fuhr fort. »Dann helfe ich dir mal auf die Sprünge, in Ordnung?«
Das Mädchen schluckte.
»Du bist von zu Hause weggelaufen, weil du dich rächen wolltest. Und Adhara hast du befreit, weil du wusstest, sie würde dir helfen, indem sie dich zu dem Mann führt, den auch du finden wolltest.«
»Davon ist überhaupt kein Wort wahr, wirklich nicht, ich …«
Die Großmutter unterbrach sie mit einer knappen Handbewegung. »Vor ungefähr einer Woche hat es einen Überfall der Elfen gegeben, nicht weit von hier, in Kalima. Aus irgendeinem Grund wart ihr beide dort, du und Adhara, und bei diesem Angriff wurdest du verletzt.«
»Ja, aber ich wollte einfach nur mit Adhara zusammen sein. Es war doch schließlich eure Idee, dass ich mich mit ihr anfreunden sollte. Und sie ist ja jetzt meine einzige Freundin.«
Dubhe lächelte fast mitleidig. »Was erzählst du mir denn da? Meinst du im Ernst, dass ich dir das glaube?«
Amina errötete.
»War er dort?«
Das Mädchen spürte, wie ihr Herz zu rasen begann, und mit einem Mal hatte sie wieder sein Bild vor Augen, Amhal, der im Flammenmeer vor ihr stand. Sie senkte die Lider. »Ja.«
»Hat er dich verwundet?«
Der Gestank von Blut, Chaos, sein kalter Blick. Und vor allem, was dann geschehen war, wie er sie ohne Anstrengung außer Gefecht gesetzt hatte. All das war auf einmal wieder da. »Ja.«
Die Großmutter ließ ihr ein wenig Zeit, um das Schluchzen und Weinen in den Griff zu bekommen.
»Im Moment bist du noch nicht reisefähig. Die Wunde könnte wieder aufgehen, sagt der Heilpriester. Aber sobald es dir bessergeht, kehrst du heim zu deiner Mutter.«
»Da will ich aber nicht hin! Und wenn ihr mich dazu zwingt, lauf ich eben wieder fort!«
Dubhe unterdrückte einen Anflug von Zorn, ließ sich nicht anstecken von dem Hass und der Verzweiflung, die hinter dem Verhalten ihrer Enkeltochter steckten.
»Gut, einmal konntest du davonlaufen. Aber das war auch nicht so schwer, weil wir darauf nicht gefasst waren. Dass du so etwas tust, hätte ich niemals von dir gedacht. Ich war überzeugt, dass du dich mit der Zeit mit den Tatsachen abfinden würdest, aber ich habe mich getäuscht. Jetzt weiß ich genau, was dir durch den Kopf geht, und glaub mir, diesen Streich spielst du mir nicht noch mal. Wenn nötig, stelle ich einen Mann für dich ab, der dich keinen Moment mehr aus den Augen lässt, auch nicht bei Hof.«
Amina biss sich auf die Lippen. »Warum will mich denn keiner verstehen?«, wimmerte sie.
»Aber ich verstehe dich doch«, erwiderte Dubhe. »Was glaubst du denn? Ich habe doch genau dasselbe gefühlt wie du. Und fühle es immer noch. Dein Vater war schließlich mein Sohn.«
»Aber wie kannst du nur damit leben? Diese Mörder laufen frei herum, bringen weiter deine Leute um und genießen ihre Schandtaten. Und das, nachdem sie es sich lange Zeit an unserem Hof gutgehen ließen. Großvater hat San wie einen Helden empfangen, und Amhal hat sich als mein Freund ausgegeben und mir sogar gezeigt, wie man mit dem Schwert kämpft. Die beiden sind Betrüger! Verräter!«
Amina weinte wieder, doch so viele Tränen sie
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