Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes

Titel: Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
Vom Netzwerk:
dem Dunkel geboren, bedrängten sie von allen Seiten, stießen an ihr schwaches, schmerzendes Fleisch. Plötzlich wurde es hell. Die Augen aufgerissen, starrte sie zur Höhlendecke, aber sie konnte weder die Pupillen bewegen, noch die Lider schließen. Das Gefühl zu verbrennen überkam sie, doch als sie vor Schmerz heulen wollte, merkte sie, dass ihr nicht einmal mehr der kleinste Muskel gehorchte. Sie war in sich selbst gefangen und konnte nur machtlos ihrer Verwandlung beiwohnen. Der Schmerz, den die unzähligen, ihre Glieder pressenden Finger hervorriefen, beherrschte sie immer mehr. Und da erinnerte sie sich. Es war wie eine Rückkehr in die Vergangenheit, in jene übelriechende Zelle, wo Adrass sie geschaffen hatte. Es war die Erinnerung an jenen ersten Atemzug, der ihre Lunge fast zerrissen hätte, an jenes Feuer, das ihr Fleisch erhitzte, ohne es zu verbrennen, an das Blut, das wie kochende Lava durch ihre Adern strömte und ihren Körper wie mit einer zähen Masse ausfüllte, ohne dass sie sich hätte dagegen wehren können. Und an diesen Mann neben ihr, dessen Atemzüge ihr wohlvertraut waren. Adrass war bei ihr und besaß die Macht, zu entscheiden, ob das, was sie war, leben oder sterben sollte. Denn Chandra nahm nun Gestalt an, während
Adhara ins Nichts hinüberglitt, um ihr den Platz frei zu machen.
    Eine Ewigkeit dauerte die Prozedur, dann endlich erlosch das Licht, und alles wurde finster um sie herum. Schatten verschluckten die Erscheinungen, während sich eine dröhnende Stille breitmachte. Sie war nicht mehr Adhara, aber auch nicht Chandra, das Sechste Geschöpf. Nichts war sie, und das war das Schlimmste, das man ihr hatte antun können.
     
    Warmes Tageslicht weckte die Feuerkämpferin. Jede einzelne Körperfaser schmerzte und wollte ihr immer noch kaum gehorchen. Adhara schaffte es, sich auf die Seite zu legen und die Beine anzuziehen. Immerhin konnte sie ihn noch spüren, ihren Körper, und mit der Hand fuhr sie seine Formen nach. Es war, als entdecke sie ihn ganz neu. Aber es fehlte nichts. Und geblieben waren auch keine Spuren von dieser Nacht im Zeichen des Wahnsinns und des Feuers.
    Ein angenehmer frischer Duft stieg ihr in die Nase, und langsam schlug sie die Augen auf.
    »Wie fühlst du dich?« Einen Becher mit dampfender Brühe in den Händen stand Adrass neben ihr.
    Seine Anwesenheit brachte sie vollständig in die Wirklichkeit zurück, und sofort krampften sich ihr die Eingeweide zusammen. Es war immer noch alles so wie vorher.
    »Du musst etwas essen. Zwei Tage und zwei Nächte hast du geschlafen, und du hattest hohes Fieber. Deswegen fühlst du dich so schwach«, fügte er hinzu, während er ihr dabei half, sich aufzurichten.

    »Lass das«, schnaubte Adhara ihn an. Sie wollte es allein schaffen. Mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt, trank sie mit gierigen Schlucken und stellte fest, dass ihr Peiniger Recht hatte. Sie war ausgehungert – und er in der Lage, alles vorherzusehen, was sie tat.
    Als sie den Becher leergetrunken hatte, deutete Adrass auf ihre Hand. »Schau sie dir mal an.«
    Die Hand. Der Grund, aus dem sie sich dieser Tortur unterworfen hatte. Zunächst ein flüchtiger Blick, und vor Überraschung entglitt ihr der Becher. Der kleine Finger hatte wieder eine blassrosa Farbe angenommen, sah nicht unbedingt gesund, aber fast normal aus. Sie griff ihn mit den Fingern der anderen Hand und merkte, dass er nicht mehr taub war.
    Der Rest allerdings war noch schwarz und schmerzte, aber immerhin, es war ein kleiner Erfolg.
    »Wir müssen versuchen, den Krankheitsverlauf möglichst bald ganz zu stoppen. Dann hast du gute Aussichten, deine Hand wieder ganz normal gebrauchen zu können.«
    Adhara konnte es immer noch nicht glauben. Sie starrte auf den kleinen Finger und bewegte ihn hin und her, so als habe sie ihn noch nie vorher gesehen. Nun war es wieder ihr Finger.
    »Wir müssen nach Makrat aufbrechen, die Zeit drängt.«
    In Adharas Blick stand Dankbarkeit, als sie zu ihm aufsah. Doch jedes Zeichen der Anerkennung wich, als das Bild dieses Mannes, der so ruhig mit ihr sprach, von der Erinnerung an den Erweckten überlagert wurde, der über
einen so langen Zeitraum mit ihrem Leben herumexperimentiert hatte.
    Adhara kauerte sich zusammen, und so lag sie da, die Knie bis ans Kinn angezogen und den Blick starr auf ihren Kerkermeister und Schöpfer gerichtet.

15
    Dubhe und Amina
    D er Schmerz war früher da als alles andere. Auch als das Licht. Einen solchen Schmerz hatte sie

Weitere Kostenlose Bücher