Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
noch nie erlebt, scharf und brennend, gleichzeitig aber auch dumpf, hämmernd und pulsierend. Ein Stöhnen entfuhr ihr.
»Ich weiß, dass es wehtut, aber wenn du es schaffst, dich nicht hineinzusteigern, hast du es leichter«, sprach eine Stimme.
Amina schlug die Augen auf. Über sich erkannte sie die Plane eines Zeltes. Langsam, nach und nach, kehrte ihre volle Wahrnehmung zurück. Sie begriff, dass sie auf einem Feldbett lag, und hatte das Gefühl, ihr Körper schmiege sich noch der kleinsten Vertiefung der laubgefüllten Matratze an, so kraftlos war er. Schon allein den Kopf zu drehen, bedeutete eine enorme Anstrengung für sie.
Das Mädchen erblickte das Gesicht ihrer Großmutter. Gerade hatte sie zu ihr gesprochen.
Wo …
Wieder entfuhr ihr ein Stöhnen.
»Nicht anstrengen, ich lasse noch mal nach dem Heilpriester rufen«, erklärte ihre Großmutter und stand auf. Amina wollte sie aufhalten, sie fragen, was denn nur geschehen war. Sie hob eine Hand, schaffte es aber nicht einmal, Dubhes Arm zu streifen.
Eins stand fest: So schlecht wie im Moment hatte sie sich im ganzen Leben noch nicht gefühlt. Gut, einmal hatte sie hohes Fieber gehabt und auch geglaubt, sie müsse sterben, aber das war nichts im Vergleich zu jetzt. Immer heftiger wurden die schmerzhaften Stiche im Bein und ließen sie am ganzen Körper zittern.
Was war denn noch mal los, bevor es mir so schlecht ging?, fragte sie sich. Aber im Moment konnte sie sich an nichts erinnern.
In Begleitung der Königin betrat nun der Heilpriester das Zelt, ein alter Mann mit langen, strähnigen Haaren. Mit solchen Heilkundigen hatte sie eigentlich nie viel anfangen können. Die stanken nach Arznei, Salben und bitteren Tränken, doch diesen hier begrüßte sie wie ihren Retter.
Der Mann schaute Amina einen Moment lang an und wandte sich dann ihrer Großmutter zu, so als verstehe er nicht, warum man ihn gerufen hatte. »Ich habe getan, was ich tun konnte. Die Wunden sind nicht bedrohlich, sie wird bald wieder auf den Beinen sein«, erklärte er.
»Aber sie ist doch noch ein Kind. Ihr könnt nicht erwarten, dass sie diese Schmerzen aushält. Gebt ihr doch wenigstens ein Beruhigungsmittel.«
Der Alte zögerte einen Moment und nickte dann müde. Aus dem Beutel, den er um den Hals trug, holte er eine kleine Flasche mit einer durchsichtigen Flüssigkeit
hervor und führte sie an Aminas Lippen. Ein säuerlicher Geruch, der an Alkohol erinnerte, stieg ihr in die Nase.
»Schön artig alles austrinken«, sagte er, während er ihr eine Hand in den Nacken legte und ihren Kopf anhob. Das tat sie. Aber das Gesöff brannte in der Kehle, und etwas Salziges lief ihr über die Wangen. Offenbar waren ihr, ohne dass sie es bemerkt hatte, die Tränen gekommen. Es war beschämend. Als Kriegerin war sie losgezogen, um den Tod ihres geliebten Vaters zu rächen, und nun machte sie schon bei diesem lächerlichen Kratzer schlapp.
Und in diesem Moment fiel ihr alles wieder ein: die lange Wanderung mit Adhara, deren verrückte Idee, sich den Leuten im Lager zu offenbaren, und vor allem Amhal, wie er vor ihr stand mit dem langen Schwert in der Hand und dem gleichen ungerührten Gesichtsausdruck wie an dem Tag, als er ihren Vater ermordet hatte.
Sie machte Anstalten, aufzustehen, doch von der Arznei waren ihre Glieder schwer. Und es dauerte nur wenige Augenblicke, dann sank sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
So ging das einige Tage lang. In den wenigen wachen Momenten, wenn sie im Kopf ganz klar war, überkam sie eine immer stärker werdende Wut. Sie hatte ihrem Feind gegenübergestanden, war aber nicht in der Lage gewesen, ihn zu töten. Mehr noch, Amhal hatte sie gedemütigt. Zwei, drei Ausfallschritte hatten ihm gereicht, ein perfekter Hieb, und sie erinnerte sich auch noch, wie ihr das Blut warm aus der Wunde troff. Richtig gespürt
hatte sie davon aber zunächst eigentlich nichts, viel schmerzhafter war dieses beißende Gefühl, besiegt worden zu sein.
Dann war sie ohnmächtig zu Boden gesunken. Und irgendjemand musste sie gerettet haben. Wahrscheinlich Adhara, aber wenn sie sich ebenfalls in diesem Lager aufhielt, hätte sie doch eigentlich schon einmal bei ihr vorbeischauen müssen. Vielleicht hatte man sie schon ausgesandt, um diese Mission zu erfüllen, für die man sie angeblich brauchte, während man sie selbst der Fürsorge ihrer Großmutter überlassen hatte.
Aber auch Amina lechzte danach, wieder etwas zu unternehmen. Sie wollte ihre Rache, alles andere
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