Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
willst.«
Es folgte ein schier endloses Schweigen, und Dubhe fragte sich, ob sie nicht zu weit gegangen war. Da sie nun aufgehört hatte, gefangene Elfen zu verhören, bot sich hier die einzige realistische Möglichkeit, an Kryss heranzukommen.
»In zwei Tagen wird er im Lager vor Lenar eintreffen. Dort will er die Eroberung des Landes des Windes abschließen.«
»Das hat er doch bereits …«
»Nicht ganz. Er braucht jede noch so kleine Siedlung. Deswegen hat er Befehl gegeben, sie alle zu erobern und dort Ashkare aufzustellen.«
»Wozu?«
»Das weiß ich nicht. Niemand weiß es. Wir führen bloß die Befehle aus.«
Dubhe blickte ihm lange in die Augen. Sie hatte nicht den Eindruck, dass er log. »Sprich weiter.«
»Kryss hat die Angewohnheit, ganz früh am Morgen, bevor sonst irgendjemand erwacht, ein Bad zu nehmen, sofern es einen Wasserlauf in der Nähe seines Lagers gibt. Und bei Lenar fließt ein Bach. Üblicherweise begleiten ihn zwei Leibwächter, die die Umgebung im Auge behalten, aber stets gebührenden Abstand zu ihm wahren. Kryss möchte sich nicht beobachtet fühlen, und außerdem liegt ihm daran, allen zu zeigen, dass er niemanden fürchtet.«
Endlich ließ Dubhe den Kragen des Burschen los. Einen Moment lang schien der Elf überrascht, doch dann blickten seine Augen wieder so ängstlich und schuldbewusst wie zuvor.
»Schwöre mir, dass du ihn tötest. Schwöre mir, dass du diesem Alptraum ein Ende machst. Denn wenn du es nicht schaffst, war alles umsonst, und ich bin ein toter Mann.«
Dubhe ballte die Fäuste. »Verschwinde«, zischte sie. »Du hast getan, was du tun musstest. Nun bin ich an der Reihe.«
Ganz langsam erhellte sich der Himmel im Osten zu einem trüben Tagesanbruch. Die Welt darunter war noch in Finsternis gehüllt, vielleicht auch durch die tiefhängenden schweren Wolken dieses eiskalten Wintermorgens. Dubhes Finger schmerzten. Hin und wieder
griff sie nach dem Heft ihres Dolches, und dann wurde es noch schlimmer, weil der Stahl so kalt war, dass er die Haut zu verätzen schien.
Seit einer Weile lag sie auf der Lauer. Es war nicht leicht gewesen, bis zu dieser Stelle zu gelangen, weil ein weites Stück des Wegs dorthin durch feindliches Gelände führte. Am heikelsten aber war es, die Front zu überqueren. Lautlos wie eine Katze hatte sie sich angeschlichen und dann die Absperrung dort durchbrochen, wo wenige feindliche Wachen postiert waren. Dann führte der Weg weiter über die Ebene, durch das hohe Gras, das sich nur wenig öffnete, wenn ihr schlanker Körper hindurchglitt.
Sie blies sich den warmen Atem in die Hände, aber es nützte kaum etwas. Rasch veränderte sich das Licht am Himmel, der jetzt violett gefärbt war, während das Lager darunter nur ein wenig aus der Finsternis auftauchte, so als schwebe es zwischen Tag und Nacht. Oder vielleicht kam es ihr auch nur so vor, weil sie aufgeregt war. Trotz ihres hohen Alters und der zahlreichen Feldzüge, die sie erlebt hatte, wollte an diesem Morgen ihr Herz nicht aufhören, heftig in der Brust zu hämmern.
Es raschelte.
Dubhe duckte sich. Die Leibwächter rückten an, genauso wie der Elf es ihr eine Woche zuvor verraten hatte. Sie waren zu zweit, ein Mann und eine Frau. Dubhe war immer beeindruckt, wenn sie solche Soldatinnen sah, denn in der Aufgetauchten Welt gab es nur eine militärische Einheit, zu der beide Geschlechter freien Zugang hatten, und das war die Geheimorganisation,
die sie selbst aufgebaut hatte. Und so galt es bei ihnen in der Aufgetauchten Welt immer noch als Erfolg, wenn eine Frau kämpfen durfte. Darüber hinaus wusste Dubhe auch, dass bei der Agententätigkeit das Geschlecht überhaupt keine Rolle spielte. In manchen Fällen, etwa bei einem Attentat, war eine Frau sogar im Vorteil, weil sie sich mit ihrem zierlicheren Körper leichter einschleichen konnte und auf ihre naiven Opfer von vornherein harmloser wirkte. Bei den Elfen hingegen waren weibliche Kämpfer durchaus die Regel.
Die beiden Leibwächter waren jung, wirkten jedoch nicht unerfahren. Sogleich machten sie sich daran, das Unterholz beim Bach abzusuchen, in dem ihr König in Kürze sein Bad nehmen wollte. Vom Lager war die Stelle vielleicht eine halbe Meile entfernt, weit genug, um Dubhes Vorhaben aussichtsreich zu machen. Kryss schien sich sehr sicher zu fühlen, wenn er in der Nähe der Front solch ein Risiko einging.
Reglos hockte Dubhe in ihrem Versteck, auf einem Baum, der unmittelbar am Bachufer stand. Bequem war ihre
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