Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
auch zu einem anderen Leben. Diese ganze Reise war ihm nur verschwommen in Erinnerung. Bis auf sie. Von der Sheireen – wie er sie beharrlich in Gedanken nannte, so als könne dieser Name für den nötigen Abstand zwischen ihnen sorgen – hatte er nichts vergessen. Nicht den Duft ihrer Haut und ihrer Haare, als sie sich auf dem Rücken seines Drachens Jamila an ihn gedrückt hatte, nicht den tiefen Blick ihrer schönen Augen. Es waren lebhafte Erinnerungen, die ihm Stiche eines Schmerzes versetzten, den er nicht empfinden durfte.
Immerhin war er sich sicher, dass er mit dem Träumen aufhören würde, sobald er wieder mit San zusammen wäre. Er brauchte nur nach Hause zurückzukehren, zu seinem Bruder und Lehrmeister, und alle Unruhe wäre vergessen. Auf dem Weg zu ihm in dieses verlassene Nest war er allerdings von einem Traum verfolgt worden. Es war immer der gleiche. Von der Sheireen. Furchterregend und schön sah sie aus und brachte ihm zum Geschenk alle Gefühle dar, die es gab auf der Welt: Hass, Liebe, Furcht … Allein schon ihr Anblick entsetzte ihn. Doch gleichzeitig erfüllte er ihn mit einem wahnsinnigen Verlangen. Schweißgebadet wachte er schreiend auf. Seltsam war auch, dass der Traum immer mit dem Gefühl körperlicher Schmerzen einherging. Es war das Amulett, das ihm in der Brust brannte. Ihm war aufgefallen, dass es anders als sonst pulsierte und dass sein Licht schwächer geworden war, ein Umstand, der ihn in Panik versetzte. Denn das, was ihm das Leben erträglich machte, diese erlösende Unempfindlichkeit, die er bald wiederzuerlangen hoffte, hatte er nur diesem
Objekt zu verdanken. Wenn es seine Kraft verlor, würde er wieder der zutiefst verunsicherte Amhal früherer Zeiten sein, und so wollte und konnte er nicht mehr leben.
Eines allerdings hatte ihm dann fast wieder zu seiner gewohnten Abgeklärtheit verholfen. An dem Amulett, vor allem an den Rändern, bildeten sich nun kleine metallene Haken, winzigen, gewundenen Wurzeln ähnlich, die sich in seiner Haut festkrallten.
Der Anblick hatte ihn verstört und gleichzeitig beruhigt. Das Amulett war noch aktiv, das hieß, es wirkte noch. Es war viel mehr im Begriff, zu einem Teil seines Körpers zu werden, und wenn dem so war, hatte er nichts zu befürchten. Vielleicht waren diese Träume sowie die Beunruhigung, die sie bei ihm hervorriefen, nur ein kleiner Rest einstiger Menschlichkeit, der verzweifelte Versuch seiner Seele, sich der Entwicklung entgegenzustemmen. Vielleicht würden sie bald ganz verschwinden und er die Erlösung finden, Kryss ganz unterworfen zu sein, jene Erlösung, die ihn von der Last befreite, selbst entscheiden zu müssen und unter dieser Freiheit zu leiden.
Jedenfalls war er heimgekehrt. Dort stand San und wartete auf ihn. Alles war gut.
Er eilte auf ihn zu und umarmte ihn stürmisch.
San schien überrascht. »Ist etwas vorgefallen, während wir getrennt waren?«
Amhal seufzte.
Kryss führte eine Hand zur Brust. Plötzlich bekam er keine Luft mehr, und Panik ergriff ihn. Es dauerte nur
einen Moment, dann war es vorüber, und sein Herz schlug wieder so normal wie immer. Er berührte die Wunde an der Seite. Sie brannte nur ein wenig. Der Heilpriester, den er nach dem Kampf gegen die Königin aufgesucht hatte, hatte sie sorgfältig untersucht.
»Da scheint mir ein sehr starkes Gift am Werk zu sein«, erklärte der Priester.
Kryss schien unbeeindruckt.
»Gegen Gifte bin ich immun. Das müsstest du doch am besten wissen«, antwortete er verstimmt.
»Da irrt Ihr, Hoheit. Ihr seid nicht immun. Ihr wart lediglich lange Zeit kleineren Giftmengen ausgesetzt, die Euch gegen viele tödliche Mittel resistent gemacht haben. Aber das bedeutet nicht …«
Mit einer barschen Handbewegung hatte Kryss ihn unterbrochen.
»Ich fühle mich gut.«
»Das könnte auf Eure außergewöhnlichen Widerstandskräfte zurückzuführen sein. Doch diese Substanz ist besonders heimtückisch. Erlaubt mir wenigstens, Euch einen Trank zu verabreichen, der es Eurem Körper ermöglicht, die Giftstoffe auszuscheiden.«
Obwohl Kryss ablehnte, hatte der Priester das Fläschchen auf dem Tisch stehen lassen.
Es war nur die Aufregung, oder vielleicht auch Erschöpfung. Ich bin im Begriff, etwas ganz Außerordentliches zu vollbringen, etwas Einzigartiges, und ich habe mich nicht geschont, um es so weit zu schaffen, sagte er sich .
Wieder fielen ihm die letzten Worte der Königin ein, und er tastete noch einmal prüfend über den Kratzer an der
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