Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
sie ein kleines Studierzimmer auf. Das Morgengrauen tauchte den Himmel im Osten bereits in ein verwaschenes Blau. Mit einem tiefen Seufzer nahm Theana Platz. Sie spürte, dass sie kein erfreuliches Gespräch erwartete.
»Ich komme aus dem Land des Windes, und wie Ihr wisst, haben die Elfen meine Heimat schon fast vollkommen in ihrer Hand «, fing der junge Priester zu erzählen an.
Theana nickte. Als Hohepriesterin nahm sie an den Lagebesprechungen teil, die König Kalth monatlich einberief, und sie kannte nur zu gut das ganze Ausmaß der Katastrophe, die sich für sie abzeichnete.
»Vor einiger Zeit traf ich in einer Unterkunft für Seuchenopfer einen alten Freund wieder, einen Soldaten, den ich lange nicht gesehen hatte. Er war auf dem Weg der Besserung und hatte es irgendwie geschafft, aus dem von Elfen besetzten Gebiet zu entfliehen. Von ihm erfuhr ich etwas, das mich nicht mehr losgelassen hat. Und zwar berichtete er mir, die Elfen würden in den eroberten Landstrichen nachts eigenartige Rituale feiern, über die er durch mich mehr zu erfahren hoffte.«
Beunruhigt richtete sich Theana auf ihrem Stuhl auf. »Was denn für Rituale?«
»Nun, offenbar stellen sie in den Orten, die sie eingenommen haben, eine Art Obelisken auf, aus Metall, nicht sehr groß, aber extrem spitz, mit dreieckigem Grundriss. Mein Freund hat so ein Ding mit eigenen Augen in dem Dorf gesehen, aus dem er geflohen ist. Aber er habe gehört, so erzählte er mir, auch in anderen Siedlungen würden die Elfen solche Dorne aufstellen. Und davor würden dann in der Dunkelheit diese Rituale gefeiert.«
»Hat dein Freund dir auch gesagt, was das für Rituale sind?«
Der junge Priester nickte. »Üblicherweise nehmen nicht mehr als drei Elfen daran teil, von denen einer ein besonderes Gewand trägt.
So wie er es mir beschrieben hat, wird es sich wohl um eine Art Priester handeln. Zunächst stimmen sie gemeinsam Gesänge und Gebete an und gießen zum Schluss ein wenig Flüssigkeit aus einer kleinen Ampulle in den Staub vor dem Obelisken aus, der dann augenblicklich in einem violetten Licht erstrahlt.«
Theana schloss die Augen und durchforstete gründlich ihr Gedächtnis nach etwas, woran sie dieses Ritual erinnerte. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Brauch ohne größere Bedeutung, mit dem die Elfen die neue Eroberung feierten. Dennoch schien dieser Obelisk alle Eigenschaften eines Kultgegenstandes zu besitzen, den man zur Beschwörung magischer Kräfte gefertigt hatte. Aber wenn es so war, was steckte dahinter? Welchem Zweck diente ein solches Artefakt? Und wozu wurde das Ritual abgehalten?
»Warum hat dieser Freund dir davon erzählt?«
»Es hat ihn wohl sehr beschäftigt und wohl auch geängstigt. Von mir hoffte er zu erfahren, worum es sich dabei handeln könnte. Er hat seine Heimat verloren und musste mit ansehen, wie sie den Feinden in die Hände fiel. Genau wie ich. Ihr könnt sicher verstehen, dass uns der Ort, wo wir geboren sind, alles bedeutet. Und wenn man ihn uns entreißt, schmerzt das so sehr, als würde man uns das Herz aus dem Leib reißen. Deswegen hat mein Freund diese Zeremonie wie eine Gewalttat erlebt. Und da er weiß, dass auch die Elfen an Thenaar glauben – nur dass er bei ihnen Shevrar heißt –, hoffte er von mir als Priester mehr über diese Rituale erfahren zu können.«
Theana spürte, wie ihr ein langer Schauer über den Rücken lief. »Ich werde das bei der nächsten Lagebesprechung weitergeben.«
»Dann könnte es zu spät sein. Die Elfen haben praktisch schon das gesamte Land des Windes unter ihrer Kontrolle.«
»Was fürchtest du?«
»Ich weiß es nicht. Doch wenn die Elfen diese Obelisken tatsächlich
in jedem eroberten Ort aufstellen, müssen sie sehr wichtig für sie sein.«
»Ich werde sofort meine engsten Ratgeber einweihen und die Vorgänge untersuchen lassen«, sagte Theana.
Ein längeres Schweigen folgte, aber der junge Priester machte keine Anstalten zu gehen.
»Wie denkt Ihr selbst darüber?«, fragte er schließlich.
Theana setzte sich noch etwas aufrechter hin. »Ich weiß es nicht«, sagte sie, aber ich teile deine Befürchtungen, leider. Die Hartnäckigkeit, mit der die Elfen uns hassen und ihre Eroberungspläne verfolgen, hat etwas Erschreckendes.« Wieder schloss sie kurz die Augen. Sie war wirklich am Ende ihrer Kräf te. Zunächst dieser lange, anstrengende Tag, und dann auch noch diese Meldung … »Ich würde dich gern beruhigen«, schloss sie mit einem betrübten
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