Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
Lächeln, »aber ich kann es nicht.« Sie wandte den Blick zum Fenster und sah hinaus. Der Himmel im Osten war jetzt fast weiß. »Niemand von uns kann das.«
ERSTER TEİL
DAS LAND DER TRÄNEN
1
Unbekannte Wälder
A dhara spürte, wie ihre Beine plötzlich nachgaben. Fast war es ihr gelungen, den Schmerz und die Erschöpfung zu verdrängen, bis ihr Körper mit einem Mal an seine Grenzen gestoßen war. Im letzten Moment, bevor sie fiel, fand sie an einem Baumstamm Halt. Mit ihrem ganzen Gewicht lehnte sie sich dagegen und atmete tief ein und aus. Ratlos schaute sie sich um. Als bei ihrem Kampf gegen Amhal das Portal der Bibliothek zerstört wurde, waren sie beide an diesen Ort geschleudert worden, der ihr völlig fremd war. Dann hatte sie sich in der Dunkelheit in diesen Wald vorgewagt, nachdem sie Amhal verletzt am Boden zurückgelassen hatte.
Wohin sie auch schaute, alles kam ihr fremd und abweisend vor. Die seltsamen Pflanzen mit ihren breiten fleischigen Blättern, die überall aus dem Boden wuchsen, die endlos langen, schauerlich wirkenden Lianen zwischen den gewundenen Ästen der Bäume. Und dann diese Blüten, riesengroß und obszön öffneten sie sich über ihr wie hungrige Mäuler und schienen fast auf einen Fehltritt von ihr zu lauern.
Erst kurze Zeit streifte sie durch diesen Wald, doch der Kampf gegen Amhal hatte sie schwer gezeichnet. Das Atmen fiel ihr schwer, und die Wunde an der Seite brannte so heftig, dass sie fast den Verstand verlor. Sogar der Armstumpf quälte sie wieder, und die Hand, die ihr eigentlich fehlte. Sie spürte den Schmerz des sich zersetzenden Fleisches, der Sehnen, die aneinanderrieben, so als sei die Hand nie von Adrass amputiert worden und als gehe ihr körperlicher Verfall langsam, aber unaufhaltsam weiter. Doch jenseits ihres Handgelenkes war nichts, was hätte schmerzen können, und die Haut spannte sich glatt über dem Stumpf, den Adrass zur Desinfizierung sorgfältig ausgebrannt hatte.
Aber so heftig sie auch sein mochten, dies waren nicht die Schmerzen, die ihr die brennenden Tränen in die Augen trieben. Mit der rechten Hand wischte sie darüber, während sie an den Zweikampf gegen Amhal dachte und an diesen langen, verzweifelten Kuss, den sie ihm gegeben hatte. Und sie dachte an Adrass, dessen Leib die Trümmer des Portals wohl unter sich begraben hatten, dachte an die dramatischen letzten Tage, als sie in ihm einen Vater gefunden hatte und dann mit ansehen musste, wie er vor ihren Augen getötet wurde, und das von dem Mann, den sie liebte. Adhara konnte sich gar nicht mehr beruhigen.
Warum all dieser Schmerz? Warum war sie bloß dazu verdammt, sofort wieder zu verlieren, was sie gerade gewonnen hatte? Offenbar hatten die Götter diesen besonders steinigen Weg für sie gewählt, um sich daran zu ergötzen, wie sie sich in den Fesseln ihres Schicksals wand und schließlich erbärmlich scheiterte. Gab es nur
deswegen Geweihte und Zerstörer? Schlachteten sich nur deswegen seit Jahrtausenden Sheireens und Marvashs gegenseitig ab? Damit die Götter ihren Spaß hatten?
Sie wusste es nicht. Nur dass sie am Ende war, wusste sie.
Sie führte eine Hand zur Seite und zog sie blutüberströmt zurück.
Das überlebe ich nicht, dachte sie, aber es war eine bloße Feststellung. Ob sie durchkam oder starb, war ihr im Augenblick vollkommen gleich.
Sie ließ sich am Baumstamm hinabgleiten, störte sich nicht daran, dass ihr die Rinde die Haut aufschürfte, und sank zwischen mächtigen Farnen und bedrohlich wirkenden Blumen ins hohe Gras. Als sie nach oben schaute, sah sie über sich zwischen den Baumkronen einen Fetzen Himmel. Nicht mehr als ein schwarzes Dreieck, an dem eine Myriade von Sternen funkelte. An einer Seite war auch ein Stück des strahlend hellen Mondes zu erkennen.
Es war derselbe Himmel wie in der Aufgetauchten Welt, dieser unbarmherzige Himmel, der über ihr gestanden hatte, als sie auf jener Wiese erwacht war und gewissermaßen geboren wurde, ohne die leiseste Vorstellung, wer sie war und woher sie kam. Nur herrschte jetzt tiefste Nacht, während damals über ihr die Sonne eines schönen Morgens geschienen hatte. Von dort oben aber, vom Himmel aus, hatte dann ein grausamer Gott zugesehen, wie sie sich verzweifelt bemüht hatte, einen Weg für sich zu finden, und vielleicht beobachtete er sie auch jetzt wieder und lachte sie aus. Adhara lächelte zu den Sternen hinauf. Sie hatte genug von
dem Spiel. Und auf die eine oder andere Weise würde es nun enden.
Sie
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