Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
beruhigend mein Knie. » Ja«, raunt er, und ich schließe die Augen, um das Gefühl richtig auszukosten.
Als wir für die Mittagsmahlzeit anhalten, berichte ich den anderen, was ich von Sturm erfahren habe. Niemand ist überraschter und entsetzter als die falsche Elisa, die sich so fest in Ximenas Arm krallt, dass ihre Knöchel weiß hervortreten. Der Schleier verdeckt ihre Augen und ihre Nase, und ich bin erleichtert, dass ich nicht sehen kann, wie die Angst in ihrem Gesicht aufsteigt. Und noch erleichterter bin ich, dass der Schleier jeden Augenkontakt verhindert. Denn auch ich habe Angst um sie.
» Ich kann mich um ihn kümmern«, sagt Belén. » Gleich heute Nacht. Ich schleiche mich in ihr Lager und stoße ihm einen Dolch in den Hals.«
» Sturm hat gesagt, dass Franco eine besondere Ausbildung genossen hat«, erinnere ich ihn. » Er ist dir vielleicht gewachsen.«
» Ich kann ihn trotzdem erledigen.«
Ich weiß, wozu Belén in der Lage ist. Cosmé hat mir einmal erzählt, dass sie von einem Bergrücken aus zugesehen hat, wie er sich in ein Invierno-Lager schlich, drei Kriegern die Kehlen durchschnitt und sich dann wie Nebel in Luft auflöste. Sollte ich einen Assassinen mit der Beseitigung eines anderen beauftragen? Ich weiß so wenig über Invierne. Ist dieser Franco eine ungewöhnliche Erscheinung in ihrer Welt? Oder ist er Teil einer langen Tradition von sorgfältig ausgewählten und speziell ausgebildeten Spitzenkräften wie meine Königliche Leibgarde? Ich muss Sturm befragen, bevor ich darüber entscheiden kann.
Jetzt meldet sich Tristán zu Wort. » Ich würde gern meine Entscheidung ändern«, sagt er.
» Entscheidung? Was meint Ihr?«
» Ich denke, unsere Gruppe sollte sich aufteilen«, erklärt er. » Im nächsten Hafen solltet Ihr und einige andere weiterreisen, um nach dem zafira zu suchen, während wir anderen den Assassinen von Euch weglocken werden. Es ist eine Gelegenheit, die Ihr nicht ungenutzt verstreichen lassen solltet. Sie werden unsere List irgendwann entdecken, aber bis das geschieht, könntet Ihr Euch einige Tage Vorsprung verschaffen, vielleicht sogar Wochen, um in Sicherheit zu gelangen.«
Ich nicke überlegend.
» Ich sehe das genauso«, sagt Ximena. » Dass uns die Diener eines verstimmten Quorumsfürsten folgten, das war eine Sache. Ein Assassine, das ist etwas ganz anderes.« Sie betrachtet mitleidig das Mädchen, das sich an sie klammert.
» Hector, was wäre die erste Möglichkeit, die wir für eine Trennung nutzen könnten?«
» Wenn wir es bis nach Puerto Verde schaffen könnten, ein paar Tage südlich von hier, dann könnte ich vielleicht ein Schiff organisieren. Ich kenne einen Kapitän, der den Hafen demnächst mit einer Ladung neuen Weins anläuft.«
Vermutlich Wein aus seiner Heimat Ventierra. » Also jemand, dem Ihr vertraut?«, frage ich.
Er nickt. » Mit meinem Leben und meiner Ehre.«
» Dann werden wir nach Puerto Verde reisen und uns dort aufteilen. Bis dahin werden wir Franco und seine Leute genau beobachten und nötigenfalls unsere Strategie ändern.« Ich sehe die Umstehenden an. » Es sei denn, es wollte mir jemand einen anderen Rat geben?«
Niemand äußert sich.
» Dann lasst uns aufbrechen.«
Während Hector und ich wieder in die Kutsche steigen, sehe ich nach Norden, die flimmernde Straße hinauf. Seltsamerweise sind überhaupt keine Reisenden zu sehen, abgesehen von der Gruppe, die uns folgt. Sie sind kaum mehr als bloße Tupfer am Horizont. Von daher versuche ich mich zu beruhigen: Es gibt keinen Grund für das Gefühl, als würde mir der Blick des Assassinen Löcher in den Rücken brennen.
19
N ach der Abendmahlzeit aus getrocknetem Barsch und Datteln sitze ich im Schneidersitz vor meinem Zelt, und Ximena löst mein Haar, um es zu einem Schlafzopf zu flechten, der für die Nacht etwas bequemer ist. Während sie damit beschäftigt ist, kommt Hector und rollt seine Decke vor meiner Tür aus. Seinen Rucksack stellt er daneben, drückt ihn leicht in den Sand, damit er aufrecht stehen bleibt. Ich beobachte ihn sorgfältig, fasziniert von seinen Bewegungen. Jeder Griff verrät Sicherheit und Kraft.
Als er sein Obergewand auszieht, beschleunigt sich mein Herzschlag. Die Muskeln seiner nackten Schultern bewegen sich, als er unter einen Arm fasst, um die Riemen seines Brustpanzers zu lösen, und ich muss schlucken, weil mein Mund plötzlich voller Speichel ist, als er sich den Panzer über den Kopf streift und oben auf den Rucksack legt.
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