Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
hämmert laut in meiner Brust. Das ist der Ernstfall. Wie müssen handeln, jetzt oder nie. Ich sehe zu der falschen Elisa hinüber, die in dem schmalen Bett an der gegenüberliegenden Wand schläft. Sie könnte heute Nacht sterben. Ich könnte heute Nacht sterben. Bitte, oh Gott, schütze und bewahre uns alle. Der Feuerstein reagiert auf mein leises Gebet, indem er trockene Hitze mein Rückgrat hinaufwandern lässt. Zumindest geht noch keine Kälte von ihm aus. » Hol Hector. Ich wecke die Frauen.«
» Bleib vom Fenster weg.« Dann ist er verschwunden, so schnell und leicht wie ein Windhauch.
Als Erste rüttele ich Ximena wach und setze sie ins Bild. Sie greift in ihren Rucksack und zieht ein schimmerndes Stilett hervor. Ich muss schlucken, um eine Welle der Übelkeit niederzuringen. Ein Stilett taugt nicht zum Schneiden, es ist nur zum Zustoßen gedacht, um harte und tiefe Wunden zu verursachen und sogar Rüstungen zu durchdringen. Sie umfasst den Griff mit einer Leichtigkeit, die verrät, wie vertraut sie mit der Waffe ist.
» Wecke Mara«, sagt sie. » Und halte dich in der Ecke bei der Kommode.«
» Das Mädchen?« Ich deute zur falschen Elisa, die leise schnarcht.
» Lass sie schlafen.« Lass sie eine Zielscheibe abgeben, meint sie damit.
» Wie… wird es dir gelingen…«
» Mit einer Strickleiter aus dem Fenster, aber wir müssen die Angreifer erst in dieses Zimmer locken, und bis dahin musst du verschwunden sein.«
Gerade schüttele ich Mara, als sich die Türklinke bewegt. Ximena schreitet unbeirrt zur Tür, den Arm gebeugt, das Stilett zum Zustoßen bereit. Aber es ist nur Hector, gefolgt von Tristán.
» Sturm und Belén warten im Keller auf uns«, sagt Hector. » Habt Ihr Eure Sachen?«
» An der Tür, gleich neben Euch.« Ich deute auf meinen und Maras Rucksäcke, die an der Wand lehnen. Sie sind stets abmarschbereit gepackt, wie wir es aus unserer Zeit als Wüstenrebellen gewohnt sind.
Tristán schiebt sich an Hector vorbei und geht zu meiner schlafenden Doppelgängerin. Schockiert sehe ich, wie er zu ihr ins Bett steigt. Sie wird mit einem Ruck wach, aber er beruhigt sie flüsternd, legt den Arm um ihre Schultern und sagt: » Ich bin hier, um Euch zu beschützen.«
Mir ist sofort klar, was dahintersteckt: Sie haben einen Soldaten zusätzlich zu ihrem Schutz abgestellt, und wen würde es schon überraschen, wenn sich der Verlobte der Königin zu ihr ins Bett schleicht?
» Tristán«, sage ich, » ich danke Euch. Bitte, seid vorsichtig. Eduardo ist gegen unsere Verbindung, dessen bin ich mir sicher. Wenn es ihm nicht gelingt, mich zu töten, wird er vielleicht auf Euch anlegen.« Und mit diesen Worten lasse ich die überwältigende Möglichkeit an mich heran, dass ich mit meinem eigenen Quorumsfürsten im Krieg liege.
» Findet einfach das zafira«, antwortet Tristán. » Joya d’Arena braucht es.«
Ximena schließt mich fest in die Arme. » Sei vorsichtig, mein Himmel. Sei klug. Denke an Gottes Worte aus der Allgemeinen Lehre ergebenen Dienens: ›Gesegnet sei er, der das Wohl anderer über seine eigenen Wünsche stellt.‹«
Selbst jetzt muss sie mich davor warnen, mich mit Hector einzulassen. Ich senke die Stimme, sodass nur sie mich hören kann. » Ich weiß, du willst ihn für Alodia.«
Ximena erstarrt in meiner Umarmung. » Es ist eine gute Verbindung«, flüstert sie zurück.
» Elisa!«, zischt Hector von der Tür. » Wir müssen gehen! Jetzt!«
» Ja, eine gute Verbindung. Ximena, alles Gute.« Ich schiebe sie weg. » Beschütze das Mädchen.«
Dann schnappen Mara und ich uns die Rucksäcke und laufen aus der Tür.
20
D raußen stehen vier königliche Leibgardisten. » Geht mit Gott, Euer Majestät«, sagt einer, und ich kann dazu kaum nicken, als Hector mich auch schon zum Weiterlaufen drängt.
» Wartet.« Ich bleibe wie angewurzelt stehen.
» Elisa, wir müssen gehen!«
Aber das ist nicht in Ordnung. Viel zu viel hängt von Tricks, Verstohlenheit und reinem Glück ab.
Ich drehe mich noch einmal um und wende mich an den Wächter hinter mir, der mich eben gegrüßt hat: » Ihr da! Lauft zum Bürgermeister von Puerto Verde. Weckt ihn auf. Sagt ihm, dass seine Königin ihn unverzüglich zu sehen wünscht, und sagt ihm auch, er solle mit seinem ganzen Haushalt hier erscheinen. Sagt ihm, ich würde ihn binnen weniger Minuten hier erwarten.«
» Jawohl, Euer Majestät.« Damit eilt er davon.
» Und Ihr«, wende ich mich an den Nächsten, » Ihr weckt jeden Menschen
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