Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
geschlungen wäre, dessen Zug sich mit jedem Schritt, den ich tue, so sehr verstärkt, bis es schmerzt. Ich bete beim Weitergehen, und beruhigende Wärme pulsiert durch meinen Bauch und nimmt dem Schmerz ein wenig seine Schärfe.
Der Bach endet in einem kleinen, schattendunklen See am Fuß eines der hohen Berge. Ein Wasserfall ergießt sich über die Bergflanke in den See, und der aufgewirbelte weiße Wassernebel schimmert leicht in den Farben des Regenbogens. Ich sehe nach oben, höher und höher, aber der Ursprung des Wasserfalls bleibt in den Wolken verborgen.
Entmutigt betrachte ich die Steilwände, die sich vor uns auftun. Hier geht es nicht weiter. Dennoch zieht das zafira weiter an mir.
» Wieder eine Prüfung«, sagt Sturm.
» Ich bin schon früher Klippen emporgeklettert, aber keine Felswand wie diese hier. Viel zu glatt und steil. Und zu hoch.«
» Seid doch nicht dumm«, weist er mich zurecht.
Ich will mich mit einer Beleidigung revanchieren, zögere aber. Er hat recht. Ich muss anders an die Sache herangehen.
Also hole ich tief Luft und konzentriere mich auf das Ziehen. Es deutet direkt über den See zu den Klippen. Der Fuß des Bergs liegt verschwommen hinter dem Sprühnebel des Wasserfalls. Vielleicht mag es dahinter einen Sims geben, den man erklettern kann. Oder Felsblöcke. Irgendetwas, von dem aus wir uns einen besseren Überblick verschaffen können.
» Wir müssen den See umrunden«, sage ich. » Zur anderen Seite gehen.«
» Ja«, erwidert er, den Blick in die Ferne gerichtet. » Das glaube ich auch.« Hier, inmitten der Dschungelpflanzen, sehen seine Augen grüner aus denn je, als ob die Sonne durch Smaragde scheint. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, als ich mich abwende, um vorauszugehen.
Die Felsen rund um den See sind schwarz und porös und scharfkantig, und als ich beim Klettern die Hände einsetze, schaben sie mir sofort die weiche Haut meiner Finger wund. Eine Bewegung zieht meinen Blick auf sich. Dort, im kristallklaren Wasser, tief und voller Schatten, schwimmt etwas. Etwas sehr Großes.
Ich beuge mich ein wenig hinunter. Das Wesen taucht weg und verschwindet unter einem Felsüberhang im Wasser. Verblüfft betrachte ich die Stelle, an der ich es gerade noch gesehen habe, während der aufgewirbelte Schlamm allmählich zur Wasseroberfläche steigt. Das Geschöpf war größer als ein Thunfisch, und ich hätte schwören können, dass ich kurze Stummelbeine und einen langen, peitschenden Schwanz gesehen habe. Vielleicht habe ich mir das aber auch nur eingebildet.
» Stimmt etwas nicht?«, fragt Sturm.
» Das hier ist ein sehr seltsamer Ort«, gebe ich zur Antwort und gehe weiter. Aber ich behalte das ufernahe Wasser genau im Auge.
Feuchtigkeit vom Wasserfall legt sich auf mein Haar, auf meine Kleidung, auf meine Haut. Je näher wir kommen, desto mehr verwandelt sie sich in Sprühnebel und dann in prasselnde, prickelnde Tropfen, und die Luft ist so voller Wasser, dass ich nur wenige Handspannen weit sehen kann. Der Wasserfall donnert um uns herum und sorgt für einen peitschenden Wind. Ich passe genau auf, wohin ich meine Hände und Füße setze, probiere jeden Schritt und jeden Griff auf den glitschigen Steinen sorgfältig aus, ob er mir auch wirklich einen sicheren Halt bietet, bevor ich den nächsten mache.
Und dann geht es nicht mehr weiter. Wir stehen auf einem kleinen Felsvorsprung zwischen Steilwand und See, und vor uns ist der Wasserfall. Hier gibt es nicht mehr genug Stellen zum Festhalten. Keine Möglichkeit zum Klettern. Sturm brüllt etwas, aber seine Stimme wird vom gnadenlosen Wasser weggespült.
Denk nach, Elisa.
Ich lasse den Blick über die Felswand wandern und blinzele das Wasser weg. Die Klippe ist schwarz vor Nässe, abgesehen von einigen moosigen Ausbuchtungen. Widerspenstige Farne klammern sich an steinige Spalten und recken sich nach dem Sonnenlicht. Kletterpflanzen, die von den an ihnen wuchernden Nachtblühern fast erstickt werden, ranken an den Seiten hinab, werden vom Wind, den das Wasser aufwirbelt, unablässig hin und her gepeitscht und streichen über die Wasseroberfläche.
Die Kletterpflanzen. Ich sehe genauer hin. Hinter ihnen ist es dunkel– dunkler als nasser Stein. Ich schiebe sie beiseite.
Eine Höhle oder vielleicht auch ein Tunnel erstreckt sich hinter dem Wasserfall in tiefe Schwärze hinein. Das Ziehen an meinem Feuerstein lässt keinen Zweifel daran, dass wir hier hineingehen müssen.
Ich ärgere mich über mich selbst, dass
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