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Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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ich meine Zunderbüchse nicht mitgebracht habe, aber dann überlege ich, dass ich in dieser Nässe ohnehin keinen Funken hätte schlagen können. Wir werden uns durch das Dunkel tasten müssen und darauf vertrauen, dass mein Stein uns führen wird. Es ist immerhin eine Prüfung. Es muss schwierig sein.
    Aber nein, wir haben eine Lichtquelle. Schnell wickele ich mir ein paar Ranken um die Hand und reiße daran, bis sie sich lösen. Dann winde ich sie mir um den Unterarm. Sturm begreift sofort und macht es mir nach. So ausgerüstet, betreten wir die Höhle.
    Das Rauschen des Wasserfalls hallt nun wild und dröhnend um uns herum, viel lauter als draußen. Noch ein paar Schritte, und wir stehen hinter einer Wand aus weiß schäumendem Wasser. Das weiche Tageslicht dringt kaum hindurch und verleiht den Wassermassen ein kristallenes Schimmern, und plötzlich muss ich an Hector denken und wünsche mir, er könnte jetzt hier bei mir sein und diesen herrlichen Anblick mit mir teilen.
    Aber dann beiße ich die Zähne zusammen und wende mich ab, gehe hinein in den Tunnel. Das Licht wird mit jedem Schritt schwächer. Der Gang ist gerade hoch genug, dass ich aufrecht stehen kann, während Sturm sich schon bücken muss. Ganz allmählich aber öffnen sich die Nachtblüher, die ich mir um den Arm geschlungen habe, und fangen an zu leuchten, erst schwach, aber dann immer stärker, und schließlich können wir in jede Richtung ein paar Schritt weit sehen.
    Der Tunnel ist ganz offensichtlich nicht natürlich entstanden. Die Wände sind zu glatt, zu makellos, der Boden ist zu eben. Er steigt leicht an, und kleine Rinnsale winden sich zu unseren Füßen, um sich in den See zu ergießen.
    Unser Weg schwenkt leicht nach links. Hinter einer Biegung fällt das Licht unserer Ranken auf eine Unebenheit in der Mauer. Mein Herz beginnt wild zu klopfen, so vertraut erscheint sie.
    Flechten bedecken die Stelle in gelben und braunen Kreisen. Ich kratze sie mit den Fingern ein wenig ab und kann darunter Schriftzeichen erkennen. Die Lengua Classica. In altertümlichen Zeichen. Das Tor, das zum Leben führt, ist schmal und klein, sodass nur wenige es finden.
    » Es ist dasselbe«, sage ich zu Sturm, und meine Stimme hallt von den Wänden wider. » Genau wie im Tunnel, der zu Eurer Höhle unter dem Sumpfviertel führt.«
    » Ja«, erwidert er. » Dieser heilige Durchgang ist schon lange mit dem zafira in Verbindung gebracht worden. Ich bin oft den Tunnel emporgestiegen, um ihn mir anzusehen. Manchmal saß ich stundenlang da und hoffte, dass Gott mir eine Erleuchtung schicken würde.«
    Unvermittelt sehe ich ihn an. Gerade hat er zugegeben, dass er von dem Tunnel weiß und ihn schon hinaufgegangen ist.
    Er erwidert meinen Blick, die Augen groß vor Staunen, und mir fällt aus irgendeinem Grund auf, dass der Ansatz seiner dunkel gefärbten Haare golden im sanften Licht schimmert. » Ja, ich kenne den Tunnel, der zu den Katakomben hinaufführt«, sagt er. » Aber nein, ich war es nicht, der Euch an jenem Tag zu töten versuchte. Ich bin wirklich Eurer Majestät ergebenster Diener.«
    » Wisst Ihr dann, wer es war?«
    » Nein.«
    » Aber Ihr seid schon sei Langem auf der Suche nach dem zafira. Selbst im Exil habt Ihr daran gedacht.«
    » Ja.«
    Mit einem Mal rutschen die kleinen Mosaiksteinchen an die richtige Stelle und ergeben ein Bild. » Ist das Euer Versuch, Euch zu rehabilitieren? Hofft Ihr, das zafira zu finden, um dann wieder zu Eurem Volk zurückkehren zu dürfen? Um als Held gefeiert zu werden? Damit das Todesurteil aufgehoben wird?«
    Er wendet sich ab. » Ich weiß nicht«, flüstert er. » Vielleicht.«
    » Und würdet Ihr mich dafür auch verraten? Wenn Ihr Eurem Volk den einzigen lebenden Feuerstein brächtet, dann würdet Ihr doch in Gnaden wieder aufgenommen?«
    Er schiebt mich zur Seite und geht weiter den Tunnel entlang. Aber inzwischen habe ich gelernt, ein wenig in ihm zu lesen, und mir ist aufgefallen, dass er eine Antwort vermeidet, um nicht lügen zu müssen.
    Kälte umfängt mich bei diesem Gedanken, aber andererseits bin ich auch ein wenig erleichtert. Jetzt weiß ich wenigstens, woran ich bin. Schnell folge ich ihm.
    Unser Weg wird steiler. Der glatte Boden weicht perfekt ausgeschlagenen Stufen und plötzlichen Serpentinen. Meine Oberschenkel brennen, mein Herz klopft, und mein Atem wird schnell und hart, als wir immer weiter emporklettern. Hier ist es nun trockener, und kleine Geschöpfe huschen in unregelmäßigen Abständen

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