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Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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Schaden verursachen.«
    Aber Hectors Haut ist so bleich, und sein Atem geht schon so flach. Schweiß schimmert auf seinen Wangen. Ich weiß nicht, ob er noch weitere Verletzungen überstehen kann.
    Aber ich stelle fest, dass ich trotzdem bete– ich weiß nicht, was ich sonst tun könnte. Ich schließe die Augen, lehne meine Stirn gegen Tristáns und bete voller Inbrunst, bis der Feuerstein dafür sorgt, dass sich seine trügerische Ruhe in meinem ganzen Körper ausbreitet. Ich weigere mich, mit den Gebeten aufzuhören oder die Augen zu öffnen, nicht einmal, als mir Hectors Aufstöhnen verrät, dass Enzo den Pfeil herausgezogen hat. Nicht einmal, als der heiße Schürhaken auf dem Fleisch zischt und der Geruch von verbranntem Blut das Zimmer erfüllt.
    Der Arzt und seine Gehilfen räumen auf, packen die blutgetränkten Tücher zusammen und wischen den Boden vor Hectors Bett, als Tristán mich sanft an der Schulter rüttelt. » Ich muss mich um den Mann kümmern, den ich bewusstlos geschlagen habe«, sagt er. » Und herausfinden, was er weiß.«
    Den Angreifer hatte ich schon ganz vergessen. » Ja, bitte tut das.« Er steht auf und geht zur Tür. » Tristán?« Er dreht sich wieder um. » Ich danke Euch. Dafür, dass Ihr zu unserer Rettung gekommen seid. Und auch dafür, dass Ihr jetzt bei mir geblieben seid.«
    Er verneigt sich tief. » Kann ich Euch ruhigen Gewissens hier allein zurücklassen?«
    » In der Kaserne meiner eigenen Königlichen Leibgarde bin ich sicher.«
    » Natürlich. Dann ziehe ich mich zurück.« Damit verlässt er Hectors Gemächer.
    Hectors Gemächer. Ich bin noch niemals hier gewesen. Als ich mich umsehe, stelle ich wenig überrascht fest, dass das Zimmer eine strenge Schönheit vermittelt. Sein Bett, sein Kleiderschrank, selbst der ungefärbte Wollteppich zu meinen Füßen sprechen mit ihren klaren Linien, gedämpften Farben und der guten Verarbeitung von eleganter Schlichtheit. An einer Wand hängt ein Gemälde, der einzige Farbfleck in dem ganzen Raum. Es zeigt einen Weinberg, dessen Rebstöcke sich in geraden Reihen mit üppigen Trauben über goldene Hänge ziehen, die bis in den Sonnenuntergang reichen. Auf seinem Nachttisch sind neben einer halb heruntergebrannten Kerze achtlos ein paar Manuskripte und sogar einige Bücher aufgestapelt– das einzige bisschen Unordnung in dieser sorgfältig aufgeräumten Umgebung.
    Hier schläft Hector also. Und nach den Manuskripten zu urteilen verbringt er hier auch die wenige Freizeit, die ich ihm lasse. Ich atme tief ein. Das Zimmer riecht sogar nach ihm– nach Lederöl und Aloe-Rasiercreme und einem Hauch von Schweiß.
    Der Doktor und seine beiden Männer wenden sich zur Tür, die Arme voller blutiger Tücher. » Euer Majestät, ich muss mich um den anderen Wachmann kümmern. Er hat eine Beinverletzung, wie man mir mitgeteilt hat.«
    » Wartet. Sagt mir erst, wie es um Hector steht.«
    » Er hat zu viel Blut verloren, und der Pfeil hat seine Lunge gestreift. Ich konnte nicht verhindern, dass der Schock eintritt. Es ist unwahrscheinlich, dass er überlebt, trotz meiner bemerkenswerten Fähigkeiten.«
    Mein Blickfeld verengt sich, und plötzlich ist mir mein Mieder viel zu heiß und eng.
    » Bleibt Ihr noch eine Weile hier, Euer Majestät?«, fragt Doktor Enzo mit unerwartet sanfter Stimme.
    » Ja«, höre ich mich selbst sagen.
    » Für diesen Fall habe ich Schafgarbe-Tee am Kamin stehen lassen. Gebt ihm davon zu trinken, falls er aufwacht, was allerdings unwahrscheinlich ist. Der Tee begünstigt die Blutgerinnung und mildert den Schmerz. Ich werde veranlassen, dass niemand diesen Raum betritt– er benötigt völlige Ruhe. Wenn Ihr gehen müsst, bittet den Wächter draußen, sich an Eurer Stelle still zu ihm zu setzen, um seinen… Zustand zu beobachten. Ich werde später wiederkommen, um mir die Stiche und den Verband noch einmal anzusehen.«
    Ich merke es kaum, dass er die Tür hinter sich zuzieht. Meine Augen sind starr auf Hectors Gesicht gerichtet, auf die Wimpern, die mit sanftem Schwung seinen Wangen entgegenstreben, auf den leicht geöffneten Mund und den dunklen Bartschatten an seinem Kinn.
    Meine Haut ist ein wenig erhitzt von der Wärme des Feuers, das noch im Kamin glimmt, vom Feuerstein, der auf meine Gebete reagiert, und vor Angst. Es ist unwahrscheinlich, dass er überlebt. Ich krieche zu seinem Bett und knie mich davor. Dann nehme ich seine Hand und halte sie fest. Er rührt sich nicht.
    Ein tiefes Loch klafft in meiner Brust, dort,

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