Die Feuertaufe
verstreut sein würden, um gleichzeitig ihr eigentliches Ziel zu erreichen und auch noch ihre »Verbündeten« im Auge zu behalten. Und so viel Vertrauen Honor auch in Janacek setzte, war ihr doch klar, dass nur allzu viele der Ballroom-Kämpfer in ihm nur ein »rotznäsiges Balg« sahen. Honor zweifelte nicht daran, dass Janacek seine Pflicht getan hätte – wie auch immer sie im Einzelfall ausgesehen haben mochte. Doch zugleich wusste sie auch, dass die Gefahr deutlich größer war, alles könnte aus dem Ruder laufen, wenn sie ihn damit beauftragte, mit etwas fertig zu werden, was doch letztendlich in ihrer eigenen Verantwortung lag.
Sie würde natürlich niemals herausfinden, ob ihre Anwesenheit an Bord dieser Station wirklich erforderlich war oder nicht. Aber hin und wieder hatte Christophe skeptisch zu ihr hinübergeblickt, und Honor hatte auch sehr deutlich den kaum gebändigten Hunger seiner Kommandogruppe verspürt. Doch noch hatten sich alle im Griff, und diese kurzen Augenblicke des Zweifels hatte es nur ganz am Anfang des langen, nervenzehrenden und erschöpfenden Gefechts gegeben. Nur so lange, bis das erste Blut den Skinsuit der Kommandantin der Hawkwing bespritzt hatte – Blut ihrer Gegner ebenso wie das ihrer eigenen Leute. Nur so lange, bis die Ballroom-Kämpfer begriffen hatten, dass diese Manticoranerin durchaus in der Lage war, sich in einer Art Gefecht zu bewähren, für das man sie nie ausgebildet hatte.
Erneut warf Honor einen Blick auf das Display, dann schaute sie wieder Christophe an.
»Vielleicht will von denen ja doch noch jemand kapitulieren. Wir sollten ihnen also eine letzte Chance geben«, erklärte sie ruhig. »Und wenn sie die nicht ergreifen wollen, na ja …«
Sie zuckte mit den Schultern, und Christophe nickte bedächtig.
»Keine Gräueltaten«, versprach er.
»Das soll mir reichen«, erwiderte Honor Stephanie Harrington und blickte ihm erneut geradewegs in die Augen. »Also geben wir ihnen noch eine Chance, und dann … dann geht’s auf zum Tanz«, beendete sie sehr leise den Satz.
»Großer Gott, was für eine Sauerei, Ma’am!«
Surgeon Lieutenant Mauricio Neukirch stand mit Honor in dem Raum, der Casimir Depot bis vor kurzem noch als »Offiziersmesse« gedient hatte. Derzeit war er zum Verbandsplatz für mehrere Dutzend Verwundete umfunktioniert worden. Erschöpft schüttelte Neukirch den Kopf. Zusammen mit seinen Sanitätern – und mit tatkräftiger Unterstützung einiger Ballroom-Kämpfer – hatte er stundenlang gearbeitet. Nun wirkte er völlig abgehärmt – und das lag nicht nur an den Verwundeten.
»Ich weiß, Mauricio«, sagte Honor leise. »Ich weiß.«
Sie blickte sich um und betrachtete die Reihen der Verwundeten. Die meisten gehörten zum Ballroom, doch es waren auch zwei ihrer eigenen Marines darunter. Wieder wurde sich Honor all des Blutes bewusst, das an ihrem Skinsuit klebte. Und tief in ihren Knochen spürte sie unendliche Müdigkeit.
»Wie schlimm sieht es aus?«, fragte sie schließlich.
»Bislang haben wir drei unserer eigenen Leute und ungefähr dreißig vom Ballroom verloren«, antwortete Neukirch mit rauer Stimme. »Dann haben wir hier noch zwei Schwerverwundete, ein halbes Dutzend weiterer sind schon wieder an Bord des Schiffes – die hat es nicht ganz so schlimm erwischt. Von den Leuten vom Ballroom sind ungefähr zwanzig ziemlich übel dran – aber ich denke, die meisten von ihnen werden durchkommen. Fünfzehn bis zwanzig weitere sind schon wieder halbwegs auf den Beinen. Ich weiß natürlich nicht, um wie viele kleinere Verwundungen die sich gleich nach dem Kampf selbst gekümmert haben.«
Nachdenklich kniff sich Honor in den Nasenrücken, dann nickte sie. Sie hatten einen ziemlich hohen Preis für diesen Erfolg gezahlt, aber er war längst nicht so schlimm ausgefallen, wie sie das eigentlich befürchtet hatte.
»Und wie sieht es mit der Besatzung der Station aus?«
»Soweit ich weiß, haben wir von denen keinen Einzigen verloren«, antwortete Neukirch, und seine Miene hellte sich auf … ein bisschen. Fast schon ungläubig schüttelte er den Kopf. »Ich weiß ja nicht, was Sie zu diesem Arschloch Mazur gesagt haben, Ma’am, aber es scheint wirklich gewirkt zu haben.«
Wieder nickte Honor. Der Bordingenieur von Manpower hatte sie ganz eindeutig ernst genommen. Honor wusste immer noch nicht genau, wie sie das eigentlich hinbekommen hatte – und eigentlich war es ihr auch herzlich egal. Aber Mazur hatte es tatsächlich geschafft,
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