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Die Feuertaufe

Die Feuertaufe

Titel: Die Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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eingetroffen. Und Honor hatte sich nicht bei irgendjemandem zu melden, sondern beim Ersten Raumlord persönlich, dem ranghöchsten Uniformträger der gesamten Royal Manticoran Navy. Bislang war Honor Sir James Bowie Webster noch nie persönlich begegnet, obwohl er einmal, während ihrer Zeit als Midshipwoman, auf Saganami Island eine Rede vor ihrer Abschlussklasse gehalten hatte. Webster stand in dem Ruf, integer und gerecht zu sein, doch zugleich hieß es auch, er neige dazu, all diejenigen in Grund und Boden zu stampfen, von denen er der Ansicht war, sie hätten ihre Pflichten oder ihre Verantwortung als Offizier der Königin vernachlässigt. Honor hatte schon Geschichten über andere Offiziere gehört – die meisten davon weit ranghöher als sie selbst –, die zu ihm persönlich vorgeladen worden waren. Die meisten dieser Geschichten gingen für die betreffenden Offiziere … nicht gerade gut aus. Und sosehr sie sich auch bemühte, äußerlich völlig ruhig zu erscheinen, fühlte sich ihr Magen doch an, als beträte sie einen Raum mit Mikroschwerkraft, nicht ein fast schon verschwenderisch ausgestattetes Büro, durch dessen gewaltiges Panoramafenster man einen herrlichen Blick auf Landing hatte.
    Die Wände des riesigen Raumes waren mit hellem einheimischem Holz getäfelt: nicht extravagant, wie es auf einer der seit undenklicher Zeit besiedelten Welten der Solaren Liga gewesen wäre. In einer Ecke befand sich ein altmodischer offener Kamin. Er funktionierte, war keine reine Zierde, und das, dachte Honor, war sehr wohl extravagant. Das Gebäude der Admiralität war mehr als anderthalb manticoranische Jahrhunderte alt und nur wenig mehr als einhundert Stockwerke hoch – für eine Kontragrav-Zivilisation ein bescheidenes kleines Bauwerk –, doch der Kaminschacht bohrte sich durch mehr als dreißig Stockwerke Lüftungs- und Ventilationsschächte. Das erschien Honor ein wenig übertrieben, schließlich erforderte das Klima in der Hauptstadt Kühlung wesentlich häufiger als die röstende Wärme eines offenen Feuers.
    Der Rest des Büros – und vor allem die Modelle verschiedener Sternenschiffe und die altmodischen Öl-und Acrylfarben-Gemälde von Schiffen, Admirälen und berühmten Schlachten – zeigte sehr deutlich, wessen Arbeitszimmer dies war. Während Honor über den dicken Teppich auf Websters Schreibtisch zuschritt, bemerkte sie, dass sich außer dem Ersten Raumlord niemand in diesem Zimmer aufhielt. Sie war mit ihrem obersten Vorgesetzten ganz allein … und auch das schien ihr nicht gerade ein gutes Zeichen zu sein.
    Sie erreichte den Schreibtisch und nahm Haltung an; dabei war sie sich beinahe schmerzlich des weißen Baretts unter ihrer Schulterklappe bewusst. Noch stand ihr dieses Abzeichen eines Schiffskommandanten zu, und Honor fragte sich, ob das wohl in einer Stunde immer noch der Fall sein würde.
    »Commander Harrington, Mylord«, sagte sie leise, aber klar und deutlich. »Melde mich wie befohlen.«
    »Das sehe ich.«
    Hinter seinem Schreibtisch lehnte sich Webster in seinem Sessel zurück und blickte Honor mit steinerner Miene nachdenklich an. Er war recht groß, vielleicht ein wenig kleiner als Honor, und er hatte das unverkennbare Webster-Kinn. Im Augenblick schien der Erste Raumlord nicht gerade hocherfreut, Honor zu sehen.
    »Stehen Sie bequem«, wies er sie an, nachdem er sie gerade lange genug hatte warten lassen, um ihr unmissverständlich zu bedeuten, sie mochte zwar die Kommandantin eines Sternenschiffes sein, aber doch immer noch ein sehr rangniedriger Offizier, der sich unter alles andere als idealen Bedingungen bei ihrem obersten Vorgesetzten zu melden hatte.
    Honor kam dem Befehl nach und fiel in die Rührt-euch-Stellung, die sie im Laufe der letzten T-Jahre kaum gewohnt war. So ließ der Erste Raumlord sie erneut schweigend einige Sekunden lang stehen.
    »Also, Commander«, sagte er schließlich, und seine Stimme barg beachtliche Schärfe, »ich nehme an, Sie haben zumindest eine vage Vorstellung, warum Sie hier sind. Ist diese Annahme berechtigt?«
    »Ich denke ja, Mylord.« Honor zwang sich dazu, weiterhin völlig ruhig zu sprechen und ihrem Vorgesetzten fest in die Augen zu sehen.
    »Und was meinen Sie, warum Sie hier sind?«
    »Mylord, ich nehme an, ich wurde angewiesen, mich wegen meiner Entscheidungen und meines Handelns in Silesia bei Ihnen zu melden.«
    Es fiel Honor schwerer als erwartet, ruhig dreinzublicken und sich ihre innere Anspannung nicht anmerken zu lassen.

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