Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuerzangenbowle

Die Feuerzangenbowle

Titel: Die Feuerzangenbowle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Spoerl
Vom Netzwerk:
Weise
jedes Aufsehen und jeden Konflikt vermied und vor allen Dingen auch keinen
Bericht an das Provinzialschulkollegium zu machen brauchte.
    Die alte Leiter wurde akzeptiert.
Fridolin bekam den ehrenden Auftrag, bei Kliemke das Diesbezügliche zu
veranlassen. Und als die Schüler nach der Pause vom Schulhof heraufkamen, war
eine Stiege bereits gesperrt und mit Brettern, Leitern und Zementsäcken
dekoriert.
    Der kleine Luck fieberte. Seine Augen
flackern. Er sieht und hört nichts. Hätte ihn Hans von seiner Seite gelassen,
er wäre zu den Lehrern gestürzt.
    Endlich taucht Professor Crey auf,
sichtlich durcheinander.
    Luck meldet sich. Crey nimmt davon
keine Notiz.
    „Herr Professor!“
    „Nähmen Sä mal die Böcher.“
    „Herr Professor!“
    „Stören Sä necht, Lock!“
    „Herr Professor — es ist wegen dem
Schilde!“
    „Sätzen Sä sech!“
    „Herr Professor — wegen dem Schilde von
gestern!“
    „Es heißt nicht: wägen däm Schölde, es
heißt: wägen des Schöldes!“
    „Gut, Herr Professor — also, es ist
wegen des Schildes!“
    „Sä sollen sech sätzen!“
    Da schreit es aus dem kleinen Luck
heraus: „Herr Professor, das Schild ist von mir!“
    „Sä sollen den Mond halten!“
    „Ich will nicht, daß ein Unschuldiger “
    „Wenn Sä weiter stören, kommen Sä ins
Klassenboch.“
    „Verstehen Sie nicht, Herr Professor?
Ich, ich habe das Schild gemacht — ich — ich!! Das Schild ist eine Fälschung!“
    „Lock, Sä send albern. Das Schild est
angefertigt worden wägen des Ombaues der Treppe.“
    „Das ist nicht wahr! Das ist ein
Irrtum!“
    „Wenn Sä necht gleich rohig sind,
schecke ech Sä vor de Tör!“
    Luck gerät gänzlich aus der Fassung. Er
kann nicht begreifen und will nicht begreifen, daß die katilinarische Tat ins
Leere verpufft. Er beteuert seine Schuld so laut und so lange, bis er von
Schnauz vor die Tür geschickt wird. Außerdem kam er ins Klassenbuch: Lock stört
den Onterrecht durch alberne Räden.
    Das war Lucks großer Tag. Er machte
zwar noch ein paar hoffnungslose Versuche, wenigstens die Klasse über seine
Heldentat aufzuklären. Schließlich gab er es auf und sah ein, daß es ein
törichtes, verkrampftes Heldentum war, zu dem er sich vergewaltigt hatte. Er
zog sich mehr als bisher in sich selbst zurück. Er verzichtete darauf,
Tagesgespräch zu sein oder in die Zeitung zu kommen; er verzichtete sogar
darauf, von seiner Lotte angeblickt zu werden, und begnügte sich damit, sie so
lange heimlich zu verhimmeln und zu verdichten, bis sie sich in ein nebelhaftes
Ideal verflüchtigte.
    Bezüglich des Schildes allerdings hatte
Bömmels lebenskluge Berechnung ein Loch; sie hatte die Tatsache nicht mit
einkalkuliert, daß Direktor Knauer ein vorbildliches Familienleben führte, und
daß seine Tochter Eva das benachbarte Lyzeum besuchte. Jedenfalls sickerte nach
und nach etwas von dem gefälschten Schild durch, und dieses Gerücht war nicht
etwa im Schöße des Gymnasiums entstanden, sondern vom Lyzeum herübergekommen,
das mit dem Gymnasium von jeher durch geheime Fäden verbunden war. Das
Merkwürdigste aber war, daß man als den Helden des Schildes nicht etwa den
kleinen Luck betrachtete — um Gottes willen! — sondern den berühmten und
berüchtigten Hans Pfeiffer. Der wehrte sich zwar mit Händen und Füßen gegen
diese Ehre; aber das Gerücht bestand hartnäckig darauf, daß der Regisseur des
Heidelbeerweines auch der Autor des Schildes sein müßte. Hans Pfeiffer war
machtlos dagegen und ergab sich schließlich. So war er plötzlich — ungewollt
und unverdient — der Heros der Prima und der Schule. Nicht nur des Gymnasiums.
Auch die Lyzen sahen ihn jetzt heimlich an, wenn er vorüberkam, stießen sich in
die Seite und tuschelten. Jetzt hätte er soviel Flammen haben können, wie er
wollte. Aber er legte keinen Wert darauf und begnügte sich mit Eva.
    Mit ihr traf er sich heimlich, wie es
sich für eine Pennälerliebelei geziemt, bei gutem und bei schlechtem Wetter;
strömender Regen war sehr beliebt, denn da waren die Straßen leer, und der
Regenschirm bot willkommene Deckung. Manchmal kam es vor, daß der Regen schon
längst aufgehört hatte und die Straßen wieder trocken waren, die beiden aber,
abgeschieden von ihrer Umwelt, unentwegt unter ihrem Schirm weitermarschierten,
immer wieder durch dieselben Straßen, dasselbe Häuserviertel, ohne Ende.
    Warum sollte er nicht? Was Marion anbetrifft:
Die war verlobt mit dem berühmten Schriftsteller in Berlin;

Weitere Kostenlose Bücher