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Die Feuerzangenbowle

Die Feuerzangenbowle

Titel: Die Feuerzangenbowle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Spoerl
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die Hauskapelle, bestehend aus
zwei Mundharmonikas und einigen mit Seidenpapier überzogenen Kämmen; es klang
erheblich besser als Fridolins Schulchor. So marschierten sie in geschlossener
Formation zum Städtchen hinaus, unter dem freundlichen Zunicken der Philister
und dem verstohlenen Blinzeln der Töchter.
    Dann ergoß sich der Schwarm ins Grüne.
Sie kamen sich vor wie ausgekniffene Sträflinge; sie wußten gar nicht, was sie
vor Übermut alles anstellen sollten. Und doch war es ein ganz ehrliches
Schulfrei und kein Schwänzen.
    In einem idyllischen Waldwinkel ließen
sie sich nieder und futterten ihre Schulbutterbrote. Einige wateten im Bach
herum und spritzten sich naß; andere steckten sich Maikäfer in den Nacken und
balgten sich wie die Quintaner. Noch andere waren auf die Bäume geklettert und
bombardierten von dort aus ihre Kameraden mit Tannenzapfen und mit Spucke.
Ernstere Naturen schnitten Herzen und Figuren in die Baumrinde; Pfeiffer hatte
diesmal sein Taschenmesser bei sich.
    Angesichts einer kleinen Waldschenke
bekam man männlichen Durst. Da einige kein Geld bei sich hatten, wurde durch
Sammlung ein Fonds gebildet und in Bier umgesetzt. Ackermann stellte fest, daß
jetzt eigentlich griechische Grammatik wäre. Der Gedanke steigerte das
Glücksgefühl ins Unermeßliche.
    Dann ging es allmählich heimwärts,
durch die Niederung zwischen dem Fluß und dem Waldrücken.
    Die Gegend ist ein einziges Meer von
Fliederbüschen, in denen nachts die Nachtigallen singen. Jetzt stampfte eine
Primanerhorde mit rauhen Trinkliedern durch die blühende Pracht.
    Da stieß der lange
Rosen einen Schrei aus und deutete auf einen Hügelrücken. Alles reckte
die Hälse. Und es reckte mit Recht. Denn was da angetippelt kam und sich als
Silhouette gegen den blaßblauen Himmel scharf abhob, das waren zweifellos junge
Damen im Gänsemarsch.
    Es war ein Pensionat aus dem
Nachbarstädtchen, ausgeführt und angeführt von der Vorsteherin.
    Dies gab willkommenen Anlaß zu einer
kleinen Felddienstübung. Übrigens, wie Hans für sich konstatierte, ein Ulk, der
niemals von Studenten, sondern ausschließlich von Gymnasiasten verübt werden
konnte. Man schlug sich seitwärts in den Wald, überholte in weitem Bogen die
Gänsemarschkolonne und kam ihr dann auf dem schmalen Feldweg entgegen. Die
Mädelchen drückten sich wie gescheuchte Hühnchen an den Wegrand, und das Oberhuhn
wachte mit spitzen Blicken darüber, daß kein Unheil geschah.
    Sie war aber sehr erstaunt, als ihr
nach einer Viertelstunde abermals eine Männerhorde entgegenkam. Und diese
zweite Horde war durchaus identisch mit der ersten. Und das war wohl auch der
Grund, daß einzelne der jungen Damen nicht mehr den nötigen Ernst bewahrten und
verstohlene Blicke tauschten.
    Als ihr dann aber nach einer weiteren
Viertelstunde dieselben Menschen zum drittenmal entgegenkamen, faßte sie sich
ihr kleines verschrumpeltes Herz und redete den scheinbar harmlosesten der
Horde an. Es war Husemann.
    „Mein Herr“, sagte sie, „ist es Ihnen
wohl möglich, daß wir uns nicht immer wieder begegnen?“
    Husemann tat, als verstehe er kein
Wort, und glotzte sie offenen Mundes an. Da sprang Rudi Knebel vor und
schnatterte heftig gestikulierend :
    „Habuschko sassafraß tschimmborummbumm
ullahubi.“
    Dem Fräulein rann es eiskalt über den
Rücken. Mittlerweile waren die übrigen Primaner herangetreten und schwatzten
von allen Seiten auf das Fräulein ein: „Rutschi binutschi zampampel takkatakka
pullidah!“
    „Kroklowafzi takrih zaßku rürü“,
stimmten die andern zu.
    Darauf das Fräulein: „Parlez-vous
français, messieurs?“
    „Okasamolga schurliburli elidarotspon
leilolente panunh.“
    „Do you speak english?“
    „Lafrajah diboldo neknek stakabummbumm
stakabummbumm.“
    Da nimmt das späte Jüngferlein die
Röcke um die mageren Beine, kneift entschlossen die Lippen zusammen und stiebt
querfeldein. Die Küken hinterdrein. Einige schauen sich zwar, wie weiland Lots
Weib, verstohlen um; aber sie erstarren nicht zu Salzsäulen, sondern bekommen
Winkewinke und Kußhändchen mit auf den Weg.
     
    *
     
    Dann kam wieder der Alltag.
    Am nächsten Morgen prangte kein
glückverheißendes Schild am Schultor. Alles war wieder wie sonst.
    Es war nicht wie sonst. Es lag etwas in
der Luft. Auf dem Schulhof, in den Korridoren, überall standen die Lehrer zu
zweit und dritt und konferierten mit todernsten Mienen, gedämpft und
geheimnisvoll. Und während der ersten Stunde lief der

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