Die feurigen Kuesse des Wuestenprinzen
Natursteinen gemauert war und vor dem Kissen lagen. Hier stand ein niedriger runder Tisch aus Palmholz namens tableyah – mit einem eleganten silberfarbenen Notebook darauf, das die Einrichtung noch ursprünglicher wirken ließ.
Der andere Raum wurde von der Küche eingenommen, zu der ein Herd aus Ziegelsteinen gehörte. Eine moderne Kochplatte aus unpoliertem Stein und eine Spüle befanden sich in einer Kücheninsel.
Geradeaus gelangte man aus dem Wohnraum in einen weiteren Korridor, der, soviel Maram sah, zu zwei weiteren, nur mit Steinwänden abgeteilten Räumen führte.
Im Wohnzimmer gab es vier bogenförmige Fenster, die zum Glück so stabil gebaut waren, dass sie dem Sandsturm standhielten, der mächtig dagegen anbrauste.
Alles wirkte unberührt und sauber. Obwohl Maram sich vor allem darüber freute, in Sicherheit zu sein, fiel ihr doch auf, wie schön das Haus war.
Es bestand überwiegend aus natürlichen Baustoffen, wie man sie in Zohayd fand, und wirkte dadurch unaufdringlich und ehrlich. Sie kam sich vor, als sei sie in einer der Geschichten aus Tausendundeiner Nacht gelandet, in der Shahrazad – oder Scheherazade, wie sie auch genannt wurde – ihren Mann, König Shahrayar, der als verrückt bezeichnet worden war, besänftigt hatte. Dabei hatte sie das Ende jeder Geschichte bis zur nächsten Nacht offen gelassen, um die Spannung zu erhalten.
Kein Wunder, dass sich Amjad gerade dieses Haus als Rückzugsort gebaut hatte: Es hatte dieselbe raue Ausstrahlung, denselben natürlichen Machtanspruch wie er selbst.
Marams Träumereien fanden ein jähes Ende, als Amjad sie wieder auf ihre eigenen Füße stellte. Sie schwankte. Am liebsten hätte sie sich wieder an ihn geschmiegt.
„Du hast mir nicht gesagt, dass auch Zeitreisen in deiner unerschöpflichen Macht stehen“, sagte sie lächelnd.
„Keine Sorge, das Haus sieht nur primitiv aus. In Wirklichkeit verfügt es über alle modernen Annehmlichkeiten.“
„Es ist nicht primitiv, sondern … authentisch.“
„Authentisch ist ein beschönigendes Wort für altmodisch.“
„Du glaubst doch nicht, dass ich je etwas beschönigen würde, oder?“
Er überlegte. „Jetzt, wo du es sagst … eigentlich nicht.“
„Na also. Jedenfalls gefällt mir das Haus wirklich gut. Und nicht nur, weil wir eine Ewigkeit im Nichts gefangen waren.“
„Jedenfalls wissen wir jetzt, wie lange die Ewigkeit dauert“, spottete er. „Nämlich genau vier Stunden.“
Überrascht sah sie ihn an. „Mir ist es vorgekommen wie vier Tage.“
Er nahm seine abaya ab und warf sie auf eines der Kissen. Sein weites Hemd klebte am Körper, so sehr hatte er sich angestrengt.
Maram dagegen fühlte sich völlig ausgetrocknet. Nicht ein Schweißtröpfchen hatte die Hölle aus Hitze und Sand überstanden.
Aber bei seinem Anblick spürte sie, wie Leben in sie zurückkehrte.
Er ging in die Küche, und kurz darauf sprang ein Generator an, dann eine Pumpe. Als Amjad den Hahn öffnete, floss tatsächlich Wasser heraus.
Er füllte ein Glas und reichte es ihr.
Begierig griff sie danach.
„Ich habe es überprüfen lassen“, sagte er, während sie schon das Glas in einem Zug leerte. „Außerdem läuft es durch mehrere Filter.“
Dann trank er selbst ein Glas. „Wir sind sechzig Kilometer vom Ausgangspunkt entfernt. Normalerweise hätten wir das schneller schaffen können, aber unter den gegebenen Umständen sind vier Stunden ziemlich gut. Tut mir leid, wenn ich deine königliche Mürrischkeit nicht zufriedenstellen konnte.“
Sie lächelte und trank ein weiteres Glas. „Ich beschwere mich doch gar nicht, meine königliche Bissigkeit.“
„Wieso eigentlich nicht? Wegschicken kann ich dich ja nicht.“
„Stimmt.“ Sie lachte und sah fasziniert zu, wie er trank. Wie es wohl wäre, von ihm geküsst zu werden? Oder wie sich seine Haut anfühlte? Nichts wünschte sie mehr, als das herauszufinden. „Jedenfalls hättest du zwischen deinen bissigen Kommentaren ruhig mal einen Hinweis einstreuen können, wie weit es noch ist.“
„Und wenn ich vier Stunden gesagt, es aber fünf oder sechs gedauert hätte? Dann hättest du nur Angst bekommen.“
„Nicht wenn du mir erklärt hättest, dass alles in Ordnung ist.“
„Und das hättest du mir geglaubt?“
„Absolut.“
Mit dieser Versicherung erreichte Maram das Unmögliche: Amjad blieb eine Erwiderung schuldig.
Offenbar konnte er noch nicht glauben, dass sie ihm bedingungslos vertraute. Aber er würde schon noch sehen.
Sie
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