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Die fiese Meerjungfrau

Die fiese Meerjungfrau

Titel: Die fiese Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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habt. Und weil ich es wieder nicht geschafft habe, ihn zu retten.«
    »Prinz Varisto?« Beatrices Stimme war schon stärker, auch wenn sie sich noch auf Theodore stützte.
    »Eure Majestät.« Varisto neigte den Kopf. »Vergebt mir, aber Eure Leute hätten dieses verfluchte Messer zerstören sollen.«
    »Und mich sterben lassen?« Bea schloss die Augen. »Vielleicht.«
    »Verflucht sei Eure Sturheit! Und die Gustans ebenso!« Varisto stapfte von dannen. Als er die Kapelle verließ, hörte Schnee ihn sagen: »Hätte er auf mich gehört, wäre er vielleicht noch am Leben.«
    »Wir wissen, wo Morveren hin will«, ergriff Schnee wieder das Wort. »Wenn wir geradewegs nach Hilad segeln, können wir sie abfangen, bevor sie Lirea erreicht. Die Phillipa -«
    »Du hast gesehen, wie schnell Morveren geflogen ist«, warf Talia ein. »Nicht einmal die Phillipa ist schnell genug, ihre Luftgeister einzuholen.«
    »Doch, das ist sie«, sagte Beatrice und schmiegte sich enger an Theodore. »Für mich wird sie sich bewegen wie der Wind selbst.«
*
    Lirea lehnte den Kopf gegen die Beine von Gustans Statue und lauschte mit ihrem ganzen Wesen. Die Stimmen waren verstummt, und sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Jede Bewegung schmerzte, als wäre ihr Körper der einer alten Frau. Dennoch war sie einer inneren Ruhe seit der Zeit vor Gustan nicht mehr so nahe gewesen. Sie hatte fast vergessen gehabt, wie es sich anfühlte, allein mit den eigenen Gedanken zu sein.
    Ihre Einsamkeit war nur von kurzer Dauer. Schon konnte sie fühlen, wie Morveren sich in ihren Verstand zu drängen versuchte, wie eine Schildkröte, die sich im Sand eingrub, um ihre Eier abzulegen. In der Vergangenheit hätte Morverens Berührung die Stimmen zu solcher Wut aufgestachelt, dass Lirea das Gefühl gehabt hätte, die Schreie müssten ihren Kopf zum Platzen bringen; jetzt glitt sie einfach ins Wasser und genoss jeden einzelnen Moment, bis sie sich wieder selbst verlor.
    Die Lieder ihres Stammes schwebten durch die Fenster des Turms. Niemand konnte sich daran erinnern, dass es jemals einen größeren Stamm gegeben hätte. Ein anderer Stamm war schon vergiftet worden; dessen Überlebende waren gekommen, um Rache zu nehmen, waren aber sofort unter Lireas Bann geraten.
    Morveren hatte etwas mit ihrem Duft angestellt. Von dem Moment an, als sie Gustan ermordet hatte, war Lireas Macht gewachsen, war die Loyalität des Stammes von ihrem Vater zu ihr übergegangen. Sie konnte alle Undinen zu einem einzigen Stamm vereinen. Goldmünzen glitzerten im Wasser, Tributzahlungen des ersten Stammes, der ihren Forderungen nachgegeben hatte. Schon bald würde ihr der gesamte Ozean gehören.
    Sie empfand keine Freude. Lirea wollte sich nur ausruhen, wollte nur schlafen.
    Doch mit dem Schlaf kamen die Träume. Das Kreischen ihres Messers, als die Klinge über Knochen kratzte. Das warme Blut, das über ihre Hände spritzte. Die Erschütterung in seinem Gesicht. Erschütterung, die sich in Hass verkehrte.
    Sie ließ sich tiefer sinken und erlaubte dem Wasser, ihre Tränen fortzuwaschen. Eine nach der anderen ließen sie sie im Stich. Nilliar war nicht zurückgekehrt. Lannadae und Morveren intrigierten nach wie vor gegen sie.
    Sie zog eine Hand durch Münzen und Sand und wühlte winzige Schlammwirbel im Wasser auf. Ihr Vater war der Erste gewesen, der sich gegen sie gewandt hatte. Um sie dafür zu bestrafen, dass sie sich einem von ihnen hingegeben hatte. Er hatte geschrien und sie geschlagen und damit gedroht, sie ihres Titels zu entkleiden und für immer zu verbannen. Sie konnte seine Worte noch hören, als er ihr vorwarf, dass sie ihrer Familie wieder einmal Schande bereitet habe. Ihre Mutter hatte dabeigesessen und nichts gesagt. Sie hätte es nicht gewagt, dem Kaiser zu widersprechen.
    Augenblick ... Lireas Mutter war gestorben, lange bevor sie Gustan begegnet war. Dies waren Gustans Erinnerungen, nicht ihre. Sein Vater, der ihn schlug und anschrie, weil er Meerjungfrauen besprang. Tiere!
    Lireas Lied war kaum mehr als ein Stöhnen, als sie sich auf den Boden drückte und versuchte, ihre Gedanken von den übrigen zu trennen. Gustan hatte sie nie geliebt. Er hatte sie benutzt, und wie ein dummes Ding hatte Lirea ihn gelassen.
    Er benutzte sie immer noch. Gustan und auch Morveren, deren Wünsche sich mit den ihren verflochten, die ihren Verstand verbogen, ihre Handlungen vorwärtstrieben. Ihr Stöhnen wurde lauter, als sie sich an diese Selbstwahrnehmung klammerte,

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