Die fiese Meerjungfrau
da.
»Wenn sie jetzt aufhört zu singen, werden die Hiladi uns folgen«, rief Lannadae. »Sie wissen, dass wir hier sind, aber sie dürften nicht in der Lage sein, etwas zu unternehmen, solange das Lied andauert.«
»Ich verstehe.« Schnee zog kurz in Betracht, ihren Zauber auszudehnen, um Talia und Danielle zu schützen, aber das hätte zu viel Zeit erfordert. Mit einem Grinsen packte sie Danielle unter den Armen und hievte sie auf die Bank. Das Beiboot schaukelte gefährlich und warf sie fast beide über Bord, aber es gelang ihr, sich wieder zu fangen.
»Tschuldige, Prinzessin!« Mit diesen Worten warf Schnee Danielle über Bord.
Klatschend landete Danielle im Wasser. »Was machst du da?«
Oh, gut! Sie hatte gehofft, dass das Wasser Morverens Lied genug dämpfen würde, um den Zauber abzuschwächen. Zu Lannadae sagte sie: »Hilfst du mir mal bei Talia?«
Talia war miesepetrig gewesen, seit sie erfahren hatte, dass Schnee Lannadaes Existenz geheim gehalten hatte. Deshalb war ein gewisses Maß an Vergnügen dabei, als Schnee im Anschluss an Danielle auch Talia verklappte.
»Hilf ihnen beim Schwimmen!«, forderte Schnee Lannadae auf. Danielle war keine schrecklich gute Schwimmerin, und jedes Mal, wenn sie und Talia wieder an die Oberfläche kamen, mussten sie gegen Morverens Lied ankämpfen.
Lannadae glitt ins Wasser und nahm Danielle an der linken und Talia an der rechten Hand. Ihre Kiemen klappten auf, und ihre kraftvollen Schwänze trieben sie auf das Hiladi-Schiff zu, während Schnee sich abmühte, sie einzuholen. Bis sie an der Phillipa vorbeikamen, schienen Danielle und Talia nicht mehr von Morverens Zauber betroffen zu sein, deshalb riskierte Schnee es, ihren Schild zu senken. Morverens Magie war noch zu spüren, aber das Wurmwachs sperrte das Geräusch weitestgehend aus, sodass sie sie ignorieren konnte.
Die Luftgeister waren ebenfalls nicht davon betroffen; sie pusteten weiter und ließen die Phillipa von der Hiladi-Galeone wegrotieren. Der Wind machte das Schwimmen schwieriger, und die Wellen peitschten Schnee wieder auf die Phillipa zu. Lannadae half den anderen, das Hiladi-Schiff zu erreichen, und kehrte dann um, um Schnee in ihrem Boot heranzuholen.
Talia hatte zwei ihrer Messer gezogen. Wo bewahrte sie die nur alle auf? Sie rammte das eine in die Seite des Schiffs, zog sich hoch und stieß dann das andere tief ins Holz. Sie verlagerte ihr Gewicht und zog das erste Messer wieder heraus; auf diese Weise erklomm sie Hand über Hand den Schiffsrumpf.
Schnee drehte sich um, um den Schaden an der Phillipa zu begutachten. Die Reling war an drei Stellen zertrümmert, und eine der Kanonen war verschwunden. Der Rumpf war an mehreren Stellen durchlöchert, und Teile der Takelage waren dem gegnerischen Feuer gleichfalls zum Opfer gefallen.
»Was ist mit dem Tau des Beiboots?«, rief Danielle, indem sie die Hände vor dem Mund wölbte. »Könnten wir das zum Klettern benutzen?«
Schnee schüttelte den Kopf. »Dieses Tau ist alt und nass. Selbst wenn du dich daran festhalten könntest, würde ich nicht darauf vertrauen, dass es dein Gewicht trägt.«
Lannadae krümmte sich; ihre Schwänze peitschten durch die Luft, und dann verschwand sie in der Dunkelheit des Wassers. Schnee ließ den Blick über die Wellen schweifen, um zu sehen, wo sie wieder auftauchen würde.
Augenblicke später durchbrach Lannadae die Oberfläche. Sie sprang zwar nicht glatt über den Schiffsrand, wie Lirea es getan hatte, flog aber hoch genug, um die Reling zu fassen zu bekommen. Sie ließ sich von Seite zu Seite pendeln, bis es ihr gelang, einen Schwanz über die Reling zu hängen. Jetzt war es kein Problem mehr für sie, sich aufs Schiff hochzuziehen. Kurz darauf baumelte von oben ein Tau ins Wasser.
Schnee grinste und fing an, hochzuklettern. Als sie an Talia vorbeikam, hielt sie inne und sagte: »Lass dir nicht zu lange Zeit! Morveren kann nicht ewig singen.«
Als Nächste war Danielle oben, dann griff Talia nach dem Tau. Mit finsterer Miene riss sie ihre Messer aus dem Holz und steckte sie wieder weg, ehe sie am Rumpf hochkletterte.
Die Mannschaft bewegte sich nicht. Viele saßen mit gesenkten Köpfen auf dem Deck und weinten. Eine kleinere Gruppe stand am Schiffsrand und starrte sehnsuchtsvoll in Morverens Richtung. Alle trugen die typische Hiladi-Tracht in schreienden Farben. Mit Perlen verzierte schwarze Kordeln hielten sich bauschende Ärmel an Ellbogen und Handgelenken fest; breite, flache Hüte schützten sie vor
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