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Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage

Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage

Titel: Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Jacobson
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Klavier loswerden.«
    »Und Poker im Internet spielen?«
    »Warum nicht? Ein großer Gewinn würde garantiert seine Laune bessern.«
    »Und ein großer Verlust? Kein Mensch kann immer gewinnen – hat bestimmt irgendwer gesagt, über den du mal ein Buch geschrieben hast. Gibt es da nicht diese berühmte philosophische Wette? War das Hume?«
    Finkler musterte ihn aufmerksam. Komm mir bloß nicht mit Vermutungen, schien sein Blick zu sagen. Lass dich von meinem scheinbar fehlenden Kummer nicht zu irgendwelchen Vermutungen verleiten. Nur weil ich mich nicht wie Libor dafür entschieden habe, mein Leben in einen Schrein zu verwandeln, heißt das nicht, dass ich gefühllos bin. Du hast keine Ahnung, was ich fühle.
    Vielleicht hatte Treslove diese Wette auch gerade erst erfunden.
    »Ich schätze, du meinst Pascal«, sagte Finkler schließlich. »Nur hat er das Gegenteil gemeint. Er sagte, man könne ebenso gut auf die Existenz Gottes wetten, denn wenn es ihn gibt, hat man nichts verloren. Wettet man aber dagegen und es gibt ihn tatsächlich…«
    »Steckt man in der Scheiße.«
    »Ich hätte es nicht besser formulieren können.«
    »Wirst du schon noch, Finkler.«

    Finkler lächelte unbestimmt in den Saal. »Wie auch immer«, sagte er, »du kommst also, ein wenig erschöpft und mitgenommen, aus Libors Wohnung, als diese Gangsterette dich mit mir verwechselt, dir mehrere Hundert Meter dahin folgt, wo es ein bisschen heller ist – was keinen Sinn ergibt –, um dir dann eins überzubraten. Was genau verbindet diesen Überfall nun mit mir? Oder mich mit dir? Wir sehen uns nicht gerade ähnlich, Julian. Du bist halb so groß wie ich, hast doppelt so viel Haare …«
    »Dreimal so viele.«
    »Ich steige ins Auto, du gehst zu Fuß … Wie also sollte es zu dieser Verwechslung kommen?«
    »Frag mich … Vielleicht, weil sie keinen von uns je zuvor gesehen hat?«
    »Und dann hat sie dich gesehen und sich gesagt, der sieht aus, als hätte er eine dicke Brieftasche, woraufhin passiert, was passiert ist. Ich verstehe immer noch nicht, warum du glaubst, dass sie hinter mir her war.«
    »Vielleicht hat sie gewusst, dass du beim Pokern dreitausend Pfund gewonnen hast. Oder sie ist ein Fan von dir. Gar eine Pascal-Leserin. Du weißt ja, wie Fans so sind.«
    »Vielleicht ist sie auch kein Fan.« Finkler bestellte noch mehr heißes Wasser.
    »Weißt du«, erwiderte Treslove und veränderte seine Haltung, als wollte er nicht, dass ihn alle Kunden von Fortnum & Mason hören konnten, »es geht um das, was sie gesagt hat.«
    »Und was hat sie gesagt?«
    »Oder zumindest um das, von dem ich glaube, dass sie es gesagt hat.«
    Finklerisch breitete Finkler die Arme aus. Unendliche Geduld, doch bald erschöpft, sollte diese Geste besagen. Finkler erinnerte Treslove an Gott, wenn er das tat. Gott auf einem Berggipfel, der an seinem Volk verzweifelt. Darum beneidete ihn Treslove. Das hatte Gott den Finklern als Zeichen seines
Bundes mit ihnen hinterlassen – die Fähigkeit, wie Er mit den Achseln zu zucken und die Arme auszubreiten. Etwas, das ihm, Treslove, als Nicht-Finkler abging.
    »Was sie auch gesagt hat oder deiner Meinung nach gesagt haben könnte, Julian – spuck es aus.«
    Also spuckte er es aus. »›Du Jud.‹ Sie hat ›du Jud‹ gesagt.«
    »Das hast du dir ausgedacht.«
    »Warum sollte ich mir das ausdenken?«
    »Weil du ein verbitterter, verquerer Mensch bist. Keine Ahnung, warum du dir so was ausdenkst. Du hattest dich gerade von Libor und mir verabschiedet. ›Diese Juden‹, hast du da bestimmt gedacht. ›Diese verdammten Juden.‹ Der Satz lag dir auf der Zunge, also hast du ihn ihr in den Mund gelegt.«
    »Sie hat aber nicht ›diese verdammten Juden‹ gesagt. Sie hat ›du Jud‹ gesagt.«
    »Du Jud?«
    Jetzt, da Treslove es aus dem Mund eines anderen hörte, war er sich nicht mehr so sicher. »Glaub ich.«
    »Du glaubst? Was hätte sie denn sonst sagen sollen, was wie ›du Jud‹ klingt?«
    »Habe ich mich auch schon gefragt. ›Du Jules?‹ Aber woher hätte sie meinen Namen wissen können?«
    »Der stand auf den Kreditkarten, die sie dir geklaut hat, du – Esel!«
    »Komm mir nicht mit Esel. Du weißt, das mag ich nicht.«
    Finkler tätschelte Tresloves Arm. »Dein Vorname stand auf den Kreditkarten, die sie dir geklaut hat, du – Nicht-Esel.«
    »Auf den Karten stehen bloß meine Initialen. J. J. Treslove. Nichts da von Julian und erst recht nicht von Jules. Reden wir uns nichts ein, Sam – sie hat mich einen

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